Missbraucht
hatten noch Zeit in ihrem Büro einen Kaffee zu trinken. Auf dem Platz vom Kommissar war ein Schnellhefter abgelegt worden. Es war eine Kopie des Berichts, der aus Offenburg an Polizeidirektor Mertes gefaxt worden war. Eine gute Möglichkeit für die beiden Ermittler, sich kurz einzulesen, bevor das Meeting bei Direktor Mertes anstand.
"Wow", entfuhr es Richard, als er die Fotos von Baumels verkohlter Leiche sah. "So sah unser lieber Baumel also aus, kein Wunder, dass er kein Glück bei den Frauen hatte."
Der Kommissar reichte die Bilder an die Kollegin weiter.
"Ja, so hat er wenig Chancen", Sandra musterte die Bilder genau. Eigentlich zeigten sie nicht mehr viel. Die Überreste von Baumels Körper waren aufgedunsen, schwarz und unwirklich verkrampft. Auf zwei weiteren Fotos war deutlich zu sehen, dass dem Leichnam die Hände fehlten und der Schädel unnatürlich deformiert war.
Kommissar Mees las den Bericht durch, der vorab nur die wichtigsten Informationen beinhaltete. Die Kriminalpolizei in Offenburg würde einen weiteren ausführlicheren Untersuchungsbericht in Kürze folgen lassen, stand darin zu lesen. Der zweite Tote war ebenfalls erwähnt, aber aufgrund der ungeklärten Identität, wurde in dieser ersten Stellungsnahme nicht weiter auf ihn eingegangen.
"Baumel ist laut dem Bericht erschlagen, mit Benzin übergossen und anschließend verbrannt worden. Der oder die Täter wollten wohl auf Nummer sicher gehen", kombinierte Richard laut vor sich hin.
Sie tranken ihren Kaffee und machten sich dann gemeinsam auf in das Büro des Polizeidirektors. Richard besaß wohl die Gabe, immer als Letzter bei solchen Besprechungen zu erscheinen. Außer Direktor Mertes waren noch die Staatsanwältin Heuss und der Oberstaatsanwalt Koepp anwesend. Man begrüßte sich mit einem einfachen Kopfnicken und einem leise dahin genuschelten "Guten Tag". Es war zu spüren, dass sich eine eventuelle Sympathie arg in Grenzen hielt. Es bemühte sich auch niemand, an diesem Umstand ernsthaft etwas zu ändern. Koepp und der Kommissar würdigten sich keines Blickes. Staatsanwältin Heuss, die ihr Haar offen trug und somit äußerlich einen viel freundlicheren Eindruck machte, schenkte den beiden Beamten wenigstens ein kleines Lächeln, bevor sie sich wieder zusammen mit dem Oberstaatsanwalt über das Dossier hermachte, dass dieser in den Händen hielt. Richard hatte das Gleiche auf seinem Schreibtisch liegen gehabt, von daher kannte er den Inhalt schon. Trotzdem gab ihm Direktor Mertes ein weiteres.
"Hier sind die Informationen aus Achern, wo man die Leiche gefunden hat. Sehen sie es sich mal an, sobald die Kollegen da unten mehr wissen, bekommen wir neue Infos", sagte Mertes und knipste Richard mit einem Auge zu. Der Kommissar und seine Kollegin taten so, als ob ihnen das Material gänzlich unbekannt war.
"Ganz zweifelsfrei handelt es sich um die sterblichen Überreste von dem vermissten Frank Baumel. Die DNA-Analyse lügt nicht. Alle Anzeichen deuten auf ein Gewaltverbrechen hin. Jegliche anderen Überlegungen können wir definitiv ausschließen", gab der Polizeidirektor einen zusammenfassenden Überblick, wobei gerade die letzte Bemerkung in Richtung des Oberstaatsanwaltes gemünzt war. Koepp registrierte es sehr wohl, aber er ließ sich nichts anmerken und schaute auch nicht von dem Bericht hoch. Die kleinen verschossenen Giftpfeile machten ihn innerlich nur wütender.
"Was gedenken Sie nun zu tun?", fragte der Oberstaatsanwalt Direktor Mertes.
"Ich denke, ich werde Herrn Kommissar Mees morgen nach Achern schicken und Frau Götze wird sich noch einmal mit den Kollegen in Montabaur zusammensetzen und vor Ort recherchieren."
Richard schaute seinen Chef an und setzte zum Einspruch an: "Sollte ich nicht lieber nach Montabaur fahren? Sandra wird bestimmt besser in Achern zurechtkommen."
Sandra Götze schaute Richard erstaunt an: "Warum das denn? Wie kommst du denn auf die Schnapsidee?"
"Schnapsidee, das ist wahrscheinlich ein treffender Einwand", meldete sich Koepp wieder zu Wort. "Der Kommissar hat wohl nicht verstanden, was der Herr Polizeidirektor angeordnet hat. Gibt es etwa Kommunikationsprobleme?", die Worte waren zwar einfach in den Raum gestellt, aber jeder bemerkte, dass Koepp indirekt Herrn Mertes ansprach. "Was meinen Sie Frau Heuss, glauben Sie, dass der Kommissar der Aufgabe gewachsen ist?", fragte der Oberstaatsanwalt seine Kollegin. Frau Heuss war überrascht und man konnte ihr ansehen, dass ihr Chef sie in eine
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