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Missgeburt

Missgeburt

Titel: Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Gordon
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ist nicht mein Ding. Ich ziehe mich zwar gern wie eine Frau an, aber ich bin kein Homo oder Bi wie der Zwerg.«
    Samuel fiel auf, dass dem Transvestiten, obwohl er fast eins neunzig groß war, trotzdem etwas Feminines, fast Mädchenhaftes anhaftete.
    »Ich fand ihn irgendwie süß«, fuhr der Hüne traurig fort und wischte sich dabei die Cold Cream aus dem Gesicht. »Als er dann aber die Kirche gründete, nahm ihn diese Dominique derart in Beschlag, dass er sich hier nicht mehr blicken ließ. Dusty war jemand, der sehr viel Liebe und Zuneigung brauchte. Im Grunde seines Herzens war er ein zutiefst trauriger und einsamer Mensch.«
    »Was können Sie mir über Dominique erzählen?«, fragte Samuel. »Waren Sie nicht eifersüchtig auf sie, weil sie Ihnen Dusty gewissermaßen ausgespannt hat?«
    Blondie errötete und drehte sich abrupt zu Samuel um. »Okay –
ein bisschen schon. Aber sie war eine Domina und kam seinen Bedürfnissen vermutlich besser entgegen. Und sie hat auch sonst viel für Dusty getan. Wenn Sie zum Beispiel sehen, welch großen Erfolg er mit seiner Kirche hatte. Allein hätte er das sicher nicht geschafft. Jedenfalls hat mich das sehr für ihn gefreut. Aber über diese Dominique weiß ich nur wenig. Manche Leute behaupten sogar, sie sei eine Hexe.«
    »Was wird denn über sie so geredet?«
    »Zum Beispiel, dass sie jemanden mit einem Fluch oder sonst einem Zauber belegen konnte, wenn man sie darum bat.«
    »Haben Sie ihre Dienste auch in Anspruch genommen?«
    »Na hören Sie mal! Ich kenne die Frau nur vom Hörensagen, und ich habe auch nie das Bedürfnis verspürt, mich gegen Bezahlung demütigen zu lassen oder jemanden mit einem Fluch zu belegen.«
    »Wissen Sie etwas über die Party, die Dusty am Abend vor seinem Tod gegeben hat?«
    »Ist er auf einer Party gestorben?« Blondie zog die Augenbrauen hoch. »Nicht die schlechteste Art, sich aus dieser Welt zu verabschieden, oder?«
    Samuel wechselte das Thema, deutete aber ganz bewusst mit keinem Wort an, dass bei der Party der Mörder des Predigers zu Gast gewesen sein könnte. »Könnten Sie mir vielleicht ein paar von Dustys Freunden nennen, mit denen ich sonst noch reden könnte, um mehr über den kleinen Prediger und seine letzte Party herauszufinden?«
    »Klar, aber sagen Sie ihnen unbedingt, dass Sie ihre Nummern von mir bekommen haben. Vielleicht kann Ihnen ja einer von ihnen weiterhelfen.« Blondie stand auf. Sein Oberkörper war immer noch nackt, und mit den Cold Cream-Spuren, die sich mit der Wimperntusche vermischt hatten, sah er aus, als trüge er eine Halbmaske. Als sie sich verabschiedeten, warf er Samuel eine Kusshand hinterher.

    Auf der Liste der Zeugen, mit denen Samuel sprechen musste, stand der Anwalt Michael Harmony ganz weit oben. Er war Samuel schon bei der Predigt des Zwergs aufgefallen, und die Polizei hatte ihn im Verdacht, dem Reverend als Gegenleistung für die Fälle, die dieser ihm zugeschanzt hatte, junge Mädchen zugeführt zu haben. Samuel hatte Harmony bereits zu kontaktieren versucht, als er für den Artikel über Schwartz und seine Kirche recherchiert hatte, und war dabei immer an seine Sekretärin Mary Rita La Plaza geraten. Wie sich herausstellte, hatte sie der Anwalt jedoch mittlerweile entlassen. Nach einigem Umhören fand Samuel schließlich heraus, dass sich Harmony regelmäßig zur Happy Hour im Paoli’s in der California Street, Ecke Montgomery, einfand.
    Das Paoli’s war eine beliebte Downtown-Bar, deren Hauptattraktion der Antipasti-Tisch war, an dem sich die Büroangestellten, die dort nach Feierabend auf ein paar Drinks vorbeischauten, den Bauch vollschlugen.
    Als Samuel die gutbesuchte Bar gegen halb sieben betrat, saß Michael Harmony allein am Tresen. Er trug wie gewohnt einen seiner metallicblauen Anzüge und hatte einen Martini vor sich stehen. Samuel setzte sich auf den Barhocker neben ihm. »Guten Abend, ich bin Samuel Hamilton. Wir sind uns mal in Dusty Schwartz’ Kirche begegnet. Erinnern Sie sich noch an mich?«
    Harmonys Schultern spannten sich, als er sich langsam herumdrehte. Im Lampenlicht der Bar sah sein sorgfältig frisiertes blondes Haar wie eine Perücke aus. »Ich habe beruflich mit so vielen Leuten zu tun, dass ich mich nicht an jeden erinnern kann«, entgegnete er kühl. »In welcher Branche sind Sie tätig?«
    »Ich bin im Zeitungsgeschäft«, erklärte Samuel etwas großspurig.
    Harmony taxierte ihn zunächst eine Weile stumm, bevor er sehr langsam und von oben herab

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