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Missing in Action

Missing in Action

Titel: Missing in Action Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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an seine Karriere als Kampfpilot, an Kameraden, längst tot und begraben.
    »Wir werden hier alle sterben«, zischte Reinhards, der unablässig auf und ab ging. Er war eine Zelle weiter, allein, aber ansonsten nicht besser behandelt worden als die anderen.
    »Der Leutnant wird kommen«, erwiderte Shakey matt. »Mit Bull und Jamie und dem Rest. Sie werden diesen Arschlöchern Tritte genau dahin verpassen und dabei Kaugummi kauen.«
    »Sie fantasieren im Fieberwahn, Pilot. Wir sind in einem sicheren Komplex, und die sind da draußen im Dschungel, wenn sie überhaupt überlebt haben. Die wissen genauso gut wie ich, dass es Irrsinn wäre, eine Rettungsmission zu starten.«
    »Sie werden kommen«, murmelte Shakey. »Der Leutnant lässt niemanden zurück. Und der Sarge auch nicht.«
    Unvermittelt driftete er tatsächlich in wirre Tagträume davon und wurde erst wieder wach, als der Alarm losging.
     
    Eine Hand am Kragen des Mannes, in der anderen die Pistole, die er dem Gardeur in den Nacken drückte, schob John ihn vor sich her. »Los, zu den Käfigen da.«

    Hinter ihnen ging Grasse, die den Bewusstlosen noch gefesselt hatte. Der Gardeur führte sie in den kurzen Korridor, in dem die Leiche seiner Kameradin mit verdrehten Gliedmaßen lag. Sie stiegen über das makabre Hindernis hinweg, mussten aber in die Blutlache treten, die einfach zu viel Bodenfläche bedeckte.
    Auf der rechten Seite war eine breite Tür, die in die Halle mit den Käfigen führen musste. Auf der anderen Seite gab es ebenfalls eine Tür, jedoch kleiner und halb offen. Als sie sich näherten, versteifte sich der Körper des Gardeurs, und John rief: »Grasse, checken Sie links.«
    Die ehemalige Leibwächterin lief vor, lehnte sich neben der Öffnung an die Wand, duckte sich schnell herum. John erwartete, sie zurückzucken zu sehen, aber sie erstarrte.
    »Scheiße.«
    »Meldung!«
    »Das … das müssen Sie sich selbst ansehen«, befand sie und trat mit blasser Miene zurück.
    Ungeduldig drängte John den Gardeur weiter, in Richtung Tür, aus der helles Licht fiel. Zuerst sah er nur eine Wand, weiß glänzend. Je weiter er ging, desto mehr sah er von dem Raum. Er war fast kahl, ohne Einrichtung. Wände, Decke und Fußboden waren mit dem gleichen weißen Plastik beschichtet. Abwaschbar. John schluckte.
    Und dann sah er sie. Es war Sukarno. Sie hing an zwei dünnen Ketten von der Decke, so hoch, dass ihre herabbaumelnden Zehen gerade eben noch den Boden
berührten. Sie war nackt, und John war froh, dass ihr der Kopf auf die Brust gesunken war und er ihr nicht ins Gesicht sehen musste.
    Denn in ihrer Nacktheit war die Leiche obszön, ein grausamer Anblick. Sie war gefoltert worden, aber es gab kaum Wunden. Stattdessen hingen noch zwei Drähte an Klammern in ihrem Fleisch, unterhalb der Brüste. Sie führten zu einem breiten Metalltisch, wie John ihn aus Leichenschauhäusern und Konzernkliniken kannte. Auf ihm stand ein improvisiert aussehendes Gerät. Es wirkte wie ein Ersatzteil für eine der großen Baumaschinen, ein Energiepack vielleicht, an das eine kleine Platine samt einiger Schalter angebracht worden war. Für einen winzigen Augenblick sah John vor sich, wie Sukarno zu ihm aufsah, als sie die Blaster einsatzbereit gemacht hatte. Ein stolzes Lächeln hatte auf ihrem Gesicht gelegen. Er wandte sich ab. So wollte er sie im Gedächtnis bewahren, nicht wie sie da hing, an Ketten, wie ein Stück Vieh beim Schlachter.
    »Wer war das?« Vor Wut konnte er kaum sprechen. Seine Stimme war kalt, fast emotionslos. Unwillkürlich bohrte sich der Lauf der Pistole fester in den Nacken seines Gefangenen.
    »Ich … wir … der Oberst«, stammelte der Gardeur. »Sie … sie hat die Falle gebaut, hat er gesagt.«
    »Braddock!«
    »Wir müssen weiter, John«, erinnerte ihn Grasse und riss ihn aus seinen Rachefantasien. »Kommen Sie.«
    Sie schloss die Tür und verbarg den Anblick von Sukarnos
Martyrium. Dann gingen sie zu dritt in die große Halle. John gab dem Gardeur einen Stoß, so dass er nach vorn taumelte und auf Hände und Füße fiel.
    »Aufmachen«, knurrte er.
    Erst in diesem Moment schienen seine Leute zu realisieren, dass es nicht drei Gardeure von ARStac waren, die da kamen.
    »Leutnant!« Reinhards presste sich ans Gitter seiner Einzelzelle. »Holen Sie mich hier raus.«
    Der Gardeur kroch vorwärts und begann, an dem elektronischen Schloss von Reinhards’ Zelle zu fummeln. Der Manager gab ihm ungeduldig Anweisungen. John ignorierte das Schauspiel und

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