Missing in Action
Sensoren einsatzbereit haben, Shakey?«
»Heute Abend. Zumindest den Teil, den wir brauchen.«
John sah Bull an. Seine eigene Aufregung spiegelte sich in den Augen des Beta, wenn auch nicht in seiner Miene. Johns Finger kribbelten. Mehrere Szenarien liefen vor seinem geistigen Auge ab.
»Ich will Jamie, Cao und dich heute Nacht bereit haben«, befahl er. »Ich werde auch auf der Hut sein. Wir müssen uns auf die Lauer legen. Kann gut sein, dass es Tage dauert, bis sich was tut. Vielleicht auch nie. Aber das ist eine verdammt gute Chance.«
Bull nickte.
»Ich sorge dafür.«
»Mach dich an die Arbeit, Shakey. Aber unauffällig. Und überleg dir irgendeine Geschichte, die du erzählen kannst, wenn jemand fragt, was du da machst.«
»Ich behaupte einfach, ich wolle die Sensoren des Ultraleichts mit den Überresten des Shuttles pimpen. Dann lass ich ein wenig Pilotenkauderwelsch los, und alles ist gut.« Der kleine Pilot rannte zurück zum Shuttle.
John und Bull blieben stehen. Schweigend sahen sie sich an, denn Worte waren nicht nötig.
Seit zwei Tagen lagen sie auf der Lauer. Die Arbeiten am Portal waren inzwischen mangels weiterer Möglichkeiten eingestellt worden; ihnen waren die Bauteile ausgegangen. John fand dennoch jeden Tag genug, um die Leute zu beschäftigen. Wenn es gar nichts zu tun gab, ließ er Bull Trainingseinheiten durchführen. Ihre verdeckte Jagd durfte sie nicht davon abhalten, ihre mittel- und langfristigen Ziele im Blick zu behalten. Letzteres war die Heimkehr, aber auch das simple Überleben in einer gefährlichen Umgebung.
Shakeys Erkundungsflüge hatten bislang keine neuen Erkenntnisse gebracht. In Richtung der Berge erstreckte sich das Hochplateau mehr als zweihundert Kilometer, und damit auch der rote Urwald. Shakey flog jeden Tag mindestens einmal die wahrscheinlichsten Routen ihres Anflugs ab, aber noch fehlte ihnen das entscheidende Quäntchen Glück.
Für den liebevoll Krähennest getauften Schießstand auf dem Dach des Shuttles teilte John nur noch seine eigenen Leute ein. Das hatte einen simplen Grund: Shakey hatte die Anzeige der reparierten Sensoren dorthin verlegt. Viel hatten sie nicht wieder zum Laufen gebracht, aber es musste reichen.
Im Laufe des letzten Tages war starker Wind aufgekommen, der zum einen Shakeys Start verhindert hatte und zum anderen feinen, ockerfarbenen Staub herantrug, der innerhalb von Minuten überall zu sein
schien. Obwohl sie die Eingänge ins Shuttle immer schnell wieder verschlossen, lag bereits eine dünne Schicht auf allen Oberflächen. Das Zeug bildete mit Schweiß einen ekligen Film auf der Haut, schmeckte widerlich bitter und drang gnadenlos in jede Körperöffnung.
»He, Milk-Shakes«, rief Rourke, der sich auf eine Isomatte gefläzt hatte und an die Decke starrte. »Nicht erschrecken, wenn deine Scheiße morgen früh orange ist. Das ist nur dieses Dreckszeug!«
»Danke für die Warnung, aber ich schaue eigentlich nie nach«, entgegnete Shakey, der es hasste, Shakes genannt zu werden, was Rourke natürlich wusste. Der Ex-Söldner war der Einzige, der das manchmal tat, und dann nur, um den kleinen Piloten zu reizen. Diesmal ging Shakey nicht darauf ein.
John hörte den beiden bei ihren Frotzeleien nicht mehr zu. Er spülte den bitteren Geschmack mit einem Schluck Wasser aus seiner Feldflasche runter. Als der Wind aufgekommen war, hatten alle gehofft, dass es regnen würde, aber sie waren enttäuscht worden.
»Ich glaube, es ist eine Art Pollen. Blütenstaub und so«, sagte Grasse unvermittelt, während sie angewidert in ihren Essnapf starrte, wo ihr Proteinbrei langsam eine rötliche Note annahm. »Erde scheint es nicht zu sein.«
John brummte nur. Im Prinzip war ihm die Herkunft egal, solange es nicht gefährlich war. Einige Rekruten hatten zwar besorgt ausgesehen, weil sie befürchteten, dass der Staub giftig sein könnte, aber John hatte sie
schnell beruhigen können. Allerdings war er keineswegs sicher, dass es ungiftig war – vielmehr hatte er sie angelogen. Wenn sich der Staub als toxisch erwies, hatten sie ohnehin keine Möglichkeiten, ihm zu entgehen. Ihre Atemschutzausrüstung war entweder auf Farspace Horizon geblieben oder mit dem letzten Container abgestürzt.
Draußen war es längst dunkel, und die meisten Besatzungsmitglieder schliefen bereits. Mit einem langen Seufzer stellte Grasse ihren Napf zur Seite und rollte sich in ihren Schlafsack. John sah sie kurz an. Wirkt so eine Verräterin? Dann vertrieb er den
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