Missing in Action
fast schon wieder zwischen den Bäumen. Als John ihn an der Schulter packte und herumdrehte, rettete ihn nur sein Instinkt. Die Pistole zuckte auf seinen Kopf zu, aber es gelang ihm, sie genau in dem Moment zur Seite zu schlagen, als sich der Schuss löste. Es gab kaum mehr als ein leises Ploppen, aber in Johns Ohren dröhnte es lauter als jeder Donner. Er packte die Waffenhand, drückte sie von sich weg. Zwei weitere Plopps, wie ein unterdrücktes Husten. John schlug zu, trieb dem Gegner seine Faust ins Gesicht. Ein harter, eng am Körper geführter Schlag, in den er sein ganzes Gewicht legte.
Der Kopf zuckte zurück, und John setzte nach, warf sich auf den Oberkörper, presste die Waffenhand auf den Waldboden, lehnte sich zur Seite, hieb mit dem Ellbogen gegen die Wange des Feindes. Endlich erschlaffte die Gegenwehr, und John entwand ihm die Pistole und warf sie über die Schulter.
»Bastard«, murmelte er keuchend, als er sich von seinem Feind herabwälzte.
Jamie war heran, richtete ihr Sturmgewehr auf das Gesicht des Mannes. Jetzt erst sah John, dass sein Gegner schwer verwundet war. Blut hatte seine Kampfmontur befleckt. Zwar hatte sich diese selbständig über den Treffern geschlossen, aber John konnte die Stellen am Torso noch erahnen.
John zog ihm Brille und Maske vom Gesicht. Er war nicht alt, vielleicht Ende zwanzig. Ein dünner Blutfaden lief aus dem Mundwinkel, die hellen Augen waren vor Schmerz verdreht.
»Wer sind Sie? Für wen arbeiten Sie?«
Der Mann atmete bereits flach. Seine Hände zuckten.
»Wir holen unseren Sani«, erklärte John. »Sie kommen durch. Sagen Sie mir, für wen Sie arbeiten? Wie heißt Ihr Oberst?«
»Braddock«, hauchte der Mann. Für einen Augenblick wurde sein Blick klar. »Er holt euch. Ihr seid nur noch totes Fleisch.«
»Welcher Konzern? Wie groß ist die Basis? Wie viele Leute? Gibt es ein Portal?«
Der Mann lachte, wobei ihm Blut die Lippen benetzte. Er schien etwas sagen zu wollen, doch es schoss nur ein breiter Schwall Blut aus seinem Mund. Er riss die Augen auf, und auf einmal lag Angst darin. Aber nur kurz, dann erstarb der Geist in ihnen, und sein Leib hörte auf, sich gegen den Tod zu wehren.
Mit einem Mal überkam John bleierne Müdigkeit. Er stand auf.
»Gute Arbeit. Sagt Rourke Bescheid. Wir brauchen hier draußen ein paar helfende Hände.«
Er hörte zu, wie Bull alles organisierte. Jamie reinigte ihre Kampfmesser, während sich Cao über Kay aufgebaut hatte und den Verräter wütend anfunkelte. John nahm das alles nur am Rande wahr. Er wollte nur noch schlafen und massierte seinen schmerzenden Nacken.
Über die Konsequenzen dieser Nacht wollte und konnte er nicht nachdenken. Er wusste aber, dass sie ihn und seine Leute früh genug einholen würden.
»Wir sollten das Schwein umlegen.«
Der Satz hing in der Luft und war unangenehm wie kalter Rauch. John war dem Gedanken nicht abgeneigt, aber er schüttelte dennoch den Kopf. Kay lag auf dem Boden, halb auf die Seite gedreht. Er wand sich in seinen Fesseln, in seiner Miene lag blanke Panik. Immer wieder wanderte sein Blick zu Bull und Cao, als befürchte er, die beiden würden ihn gleich mit bloßen Händen zerreißen und verspeisen.
Die drei Leichen lagen draußen in einem Zelt. Sie waren so gut wie nackt. John hielt nicht viel von Leichenfledderei, aber die Ausrüstung der gegnerischen Konzernlakaien war modern und gut, während sie selbst nur zweite Wahl dabei hatten, und davon nicht genug.
Als sie den dreien ihre Kampfmonturen ausgezogen hatten, war Bull ein zufriedenes Schnauben entfahren. Der jüngere Konzernsoldat hatte eine versorgte Schussverletzung an der Schulter gehabt, und Bull hatte die anderen darauf hingewiesen und sichergestellt, dass alle wussten, dass er bei ihrer ersten Jagdmission tatsächlich getroffen hatte.
»Wir warten ab«, befand John. »Wir wissen zu wenig, brauchen mehr Informationen.«
Die Nachricht vom nächtlichen Feuergefecht und der Enttarnung eines Verräters war wie eine Bombe im Lager eingeschlagen. Jetzt, einige Stunden später, kurz nach Sonnenaufgang, saßen alle im Laderaum und starrten Kay an. Er schien etwas sagen zu wollen, aber irgendwer hatte ihm silbernes Tape vor den Mund geklebt.
Reinhards trat an John heran. »Leutnant? Einen Augenblick, bitte.«
Sie gingen in den zweiten Laderaum, wo sich außer ihnen niemand aufhielt.
»Sie haben vorhin erzählt, es war ein Glückstreffer?«
In der Miene des Managers konnte John keinen Zweifel lesen, aber
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