Missing in Action
Unvorsichtigkeiten mehr erlauben.«
Der bullige Ex-Söldner salutierte nachlässig, dann verschwand er aus Johns Blickfeld. Mit Daumen und Zeigefinger massierte sich John die Nasenwurzel und versuchte, seine beginnenden Kopfschmerzen zu bekämpfen. Er wusste genau, was es brauchte, um sie zu vertreiben: eine ordentliche Nacht voller Schlaf und ohne Sorgen. Aber die war nicht in Sicht, also vertrieb er jeden Gedanken daran und machte sich an die Arbeit.
Shakey sah auf die simple Karte hinab, die sie aus seinen Luftaufnahmen gebastelt hatten. Mit den Computern des Shuttles war nur rudimentäre Bildbearbeitung möglich, aber er hatte die gröbsten Stellen geglättet und die wichtigen Linien verstärkt. Es war die direkte Umgebung des Shuttles, mit einem Stück Urwald dabei.
Die beiden Lichtungen bildeten eine schiefe Acht, deren Bauch deutlich größer war als der Kopf.
»Das Portal müssen wir aufgeben«, stellte Bull fest. Sein dicker Zeigefinger deutete auf die entsprechende Stelle. »Wir können es nicht verteidigen.«
»Wenn wir es verlieren, ist unsere Zukunft Asche«, sprach Shakey aus, was alle dachten. »Bye bye Zuhause.«
»Das stimmt; wir können das Portal nicht aufgeben. Aber der Sarge hat trotzdem nicht Unrecht.«
John sah aus wie der wandelnde Tod. Seine Haut war zwar von der Sonne auf Tordesillas gebräunt, aber darunter lag ein fahler Hauch. Unter seinen Augen waren dunkle Ringe, und auf seinen sonst so penibel rasierten Wangen stand der Schatten eines Barts. Er schlief nicht, aß nur wenig und war immer da, wo er gebraucht wurde. Shakey wusste, dass sein Boss Mitte dreißig sein musste, aber heute wäre er glatt für zehn Jahre mehr durchgegangen.
Es waren nur Justifiers im Raum. Das Aufdecken des Verräters hatte einen Keil in ihre kleine Gruppe getrieben, und Reinhards hatte es geschafft, die Rekruten von den Justifiers zu trennen. Aki hatte erzählt, dass im Lager manchmal die Frage gestellt wurde, ob John überhaupt der Richtige war, um sie zu führen. Wie jemand den glatten, schmierigen Laffen Reinhards einem Mann vorziehen konnte, der immer auch selbst tat, was er von anderen verlangte, und sich niemals scheute, für seine Leute in die Bresche zu springen, war Shakey ein Rätsel.
»Also hoffen wir, dass sie das Portal in Ruhe lassen?«, fragte Rourke ungläubig.
»Es ist wertvoll«, erläuterte John langsam. »Es zu zerstören, kann nicht ihre Priorität sein. Wir lassen es abseits stehen, arbeiten nur bei guten Sichtbedingungen und überwacht daran und konzentrieren uns auf das Shuttle.«
Den nächsten Satz musste er nicht sagen. Wird auch so schwierig genug . Shakey dachte es, und er sah den anderen an, dass sie es ebenfalls glaubten. Er steckte die zitternden Finger in die Taschen seines Fliegeroveralls.
»Die Scouts hatten doch Granaten dabei, oder?«
Bull nickte.
»Ich könnte ein paar mitnehmen und mit dem Ultraleicht Geschosse von oben werfen.«
»Negativ«, beschied John. »Die haben schwere Waffen. Die schießen deine Maschine aus dem Himmel, bevor du auch nur nahe genug bist, um Hallo zu sagen.«
Sie starrten weiter auf die Karte. Langsam begannen die verschiedenen Schattierungen von Rot und Orange vor Shakeys Augen zu verschwimmen. Selbst die Zelte waren mit Staub bedeckt. Lediglich das Shuttle und das Portal blieben klar und deutlich zu erkennen.
»So wird das nichts«, knurrte Bull schließlich. »Wir müssen mehr über die Opposition wissen. Wie viele, wie bewaffnet. Wir haben nicht einmal eine Ahnung, welcher Scheiß-Konzern dahinter steckt!«
Schweigen hüllte sie ein. Seit Reinhards Kays Tribunal zur Chefsache erklärt hatte, war John der Konfrontation
mit dem Manager aus dem Weg gegangen. Auch jetzt sagte er nichts.
»Wir sollten Vorräte und Ausrüstung in den Wald schaffen«, mischte sich Cao ein. Der Otter-Hybride sprach nur selten. Shakey war mit ihm nie richtig warm geworden. Vielleicht lag es daran, dass er oft mit Rourke zusammenhing, und der war ein ziemlich unangenehmer Zeitgenosse.
»Wenn wir das Camp verlieren, werden uns auch ein paar Vorräte wenig nutzen«, gab Bull zu bedenken, aber John schüttelte den Kopf.
»Cao hat Recht. Wir sollten jede Möglichkeit in Betracht ziehen. Kümmere dich nachher darum.«
»Wohin sollten wir gehen, wenn das Shuttle gestürmt wird?«
John seufzte tief.
»Ich weiß nicht. Aber wenn sie uns überrennen, sind wir alle tot, zumindest die Justifiers. Die lassen doch keine gegnerischen Soldaten am Leben. Für
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