Missing Link
Ladenetze lag. Sobald er einen Fuß in das Metallmonster gesetzt hatte, hatte er den Erste-Hilfe-Kasten im Cockpit durchstöbert und Samantha bedrängt, ihm die Demerol-Spritze zu injizieren. Dies zusammen mit Vicodin ließ Ricardo wie ein Baby schlafen. Seit einer Stunde lag er reglos da.
Jack rückte sich den Schlafsack zurecht, der ihm als Kopfkissen diente, und blickte aus einem der kleinen Fenster. Eis umgab das Glas am Rand. Durch das beschlagene Fensterchen in der Tür drängten sich die ersten Sonnenstrahlen. Sie flogen westwärts und würden die meiste Zeit der Reise der Sonne hinterherjagen. Jack sah auf den Atlantik hinab. Vor einer halben Stunde hatten sie das Festland hinter sich gelassen. Die Sonne warf ein paar glühende Strahlen über die unendliche blaue Meeresoberfläche. Für Jack war es ein seltsamer Widerspruch, dass unser Planet »Erde« genannt wurde. »Wasser« hätte besser gepasst.
Samantha schlängelte sich im hinteren Teil des Flugzeugs durch die Ladung. Jack hatte sie zweimal dabei beobachtet, wie sie die Kisten mit dem Fossil und dem Artefakt überprüft hatte. Nach jeder Turbulenz stolperte sie nach hinten, um nachzuschauen, ob die Kisten sicher an den Seitenwänden des Flugzeugs befestigt waren. Jack zog sie deswegen nicht auf. Die Ladung war für beide unbezahlbar.
Samantha bahnte sich ihren Weg zurück und ließ sich neben Jack nieder, ihren Kopf gegen seinen zusammengerollten Schlafsack gelehnt. Jack blickte immer noch aus dem Fenster.
»Man muss auf so vieles achten«, fing sie an.
Jack nickte. »Hm.«
»Weißt du, das macht mich richtig krank. Ich habe Magenschmerzen.«
Jack war durchaus klar, dass sie nicht den Flug meinte. Sie meinte das Fossil. Das Artefakt. Den Gedanken, dass unser Planet in der Unendlichkeit des Weltraums nicht allein war. »Ich weiß genau, wie du dich fühlst.«
»Weißt du, was all das für die Welt bedeutet? Für die Wissenschaft? Für die Geschichte? Was wir dort entdeckt haben, wird alles verändern.« Sie schwieg kurz. »Das Lustige daran ist« - jetzt klang sie, als würde sie sich selbst beobachten -, »dass ich mich manchmal dabei ertappe, dass ich denke, ich hätte das Zeug am liebsten erst gar nicht gefunden.«
»Aber du hast.«
»Ja.«
Samantha wirkte nervös in der darauf folgenden Stille. Jack spürte ihr Unbehagen.
»Du hast mir dort mein Leben gerettet«, meinte sie, während sie näher rückte. »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Aber ... ich war nie so nahe dran gewesen, weißt du?« »Ja.«
Mit sorgsam gewählten Worten fuhr sie fort: »Danke. Vielleicht ist es ja für dich normal, eine Frau aus einer misslichen Lage zu erretten, aber ich hatte Angst. Richtige Angst.«
»Ich genauso.« Jack legte seine Hand auf die von Samantha.
Sie bewegte sie nicht.
Er fragte sich, ob sie dasselbe fühlte wie er - Schmetterlinge, die tief in seinem Bauch aus ihren Kokons schlüpften. Durch die Berührung wurde Energie freigesetzt, die früher immer zwischen ihnen geflossen war. Sein Herz raste, und er blickte leicht verlegen nach unten aus dem Fenster.
»Ich habe keine Ahnung, wann wir an die Öffentlichkeit gehen können«, sagte er. »Oder was wir an die Öffentlichkeit bringen werden.«
Jacks Blick fand schließlich den ihren. Die in der Morgendämmerung feurigen Farben brachten die goldenen Pünktchen auf ihrer Iris zum Funkeln. »Das Was ist egal, solange es die Wahrheit ist.«
»Ich möchte, dass ihr beide, du und Ricardo, als Koautoren auftretet.«
»Es ist dein Fund.«
»Ja, aber das meiste hätte ohne deine Vorarbeit keinen Sinn gemacht.«
Jack ließ seine Hand von ihrer hinabgleiten. »Arbeit?«, fragte er. »So nennst du meine Forschung also? Ich erinnere mich, dass du in diesem Zusammenhang den Ausdruck > Schwachsinn als eine der freundlicheren Beschreibungen verwendet hast.«
»Das ist nicht fair.«
»Was weißt du schon, was fair bedeutet.«
»Ich habe deinen Theorien nicht zugestimmt. Wie hätte ich sie auch unterstützen können?«
»Du hättest mich unterstützen können. Mehr hatte ich gar nicht verlangt.«
Samantha musste sich wegen stärkerer Turbulenzen an einem der langen Seile festhalten, die an der Flugzeugwand entlang gespannt waren. Im Winkel ihrer von Schmerz gezeichneten Augen bildete sich eine Träne. »Du weißt, dass es über die Unterstützung deiner Spekulationen hinausging. Du hattest mich testen wollen. Mich treiben wollen«, verteidigte sie sich. » Das war nicht fair.«
Samantha
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