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Missing Link

Missing Link

Titel: Missing Link Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walt Becker
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sein schien. Jack konnte seine Isolation nachempfinden. Unter seinesgleichen war es ihm jahrelang genauso ergangen.
    Das Essen selbst dauerte weniger als zwanzig Minuten. Sie schlangen die scharf gewürzten Seeforellen hinunter, ohne sich dabei groß zu unterhalten. Danach führten sie sich die hausgemachten cocteles und eine dampfenden pisco-Punch zu Gemüte. Jack spürte bereits nach einem halben Becher ein Kitzeln in den Wangen - die Wirkung wurde durch die Höhe noch verstärkt. Aus einer Bar auf der anderen Straßenseite drang Musik herüber, deren Klänge Äonen südamerikanischer Kultur heraufbeschworen. Die Melodieführung übernahm die siku, die charakteristische lange Holzflöte der Hochlandindianer. Mehrere dieser Flöten gemeinsam gespielt, konnten einen geisterhaften Klang erzeugen, der oft, besonders bei höheren Tönen, ins Makabre ging. Ein charango begleitete die Flöten; als Kreuzung zwischen einem Banjo und einer Mandoline hatte er einen unvergleichlichen Klang.
    Als sich die Gruppe zum Aufwärmen um das Feuer versammelte, warf Jack einen Blick zu Samantha, die gegen die behauenen Steine lehnte. Ihr braunes Haar glänzte, umschwirrt von orangeroten Dämonen, die im Raum umherflackerten; ihr blauer Pullover konnte es mit der Intensität ihrer Augen nicht aufnehmen.
    Er bekämpfte den Wunsch, neben ihr zu sitzen, statt sich einen dunklen Holzstuhl in der Nähe zu suchen. Dorn nahm neben ihm Platz und drängte ihn, sich näher über den Aymara- Algorithmus auszulassen. Samantha hatte ihm auf dem Weg darüber berichtet. Unterstützt durch alle notwendigen Zutaten - interessante Menschen, ein warmes Feuer, noch wärmeren Schnaps und nichts zu tun -, begann eine angeregte Unterhaltung. Innerhalb weniger Minuten war ihr Thema Jacks Ansichten über eine verlorene Zivilisation - eine, die es schon vor der Geschichtsaufzeichnung gegeben hatte.
    »Sie meinen eine, wie die seit langem untergegangene Zivilisation von Atlantis?«
    »Genau.«
    Dorn kicherte. »Jetzt wird mir klar, warum Sie mit einigen Ihrer Gedanken in die Bredouille gekommen sind. Atlantis ist doch ein Mythos, oder? Ich weiß, dass es viel fürs Fernsehen hergibt, aber Sie können doch nicht ernsthaft glauben, dass es existierte.«
    »Kann ich«, erwiderte Jack. »Aber nicht, weil ich es für eine schicke Idee halte. Es ist nur eines der wenigen Dinge, die für mich einen Sinn ergeben und die erklären, wie sich der Mensch plötzlich zu einer großen Zivilisation entwickelt hat - offenbar über Nacht und direkt aus der Steinzeit heraus.«
    »Jack gehört ganz und gar nicht zu denjenigen, die die anerkannten Ansichten zur Entwicklung des Menschen vertreten«, schaltete sich Samantha ein.
    »Das habe ich schon kapiert«, meinte Dorn.
    »Wenn Sie die verlorene Zivilisation mit einem Namen bezeichnen wollen, können Sie das. Ich behaupte nicht, dass ich weiß, wo sie sich befand, aus welchen Menschen sie bestand oder wohin sie verschwunden ist.«
    »Und Sie glauben, die Außerirdischen könnten bei der Entwicklung der Zivilisation ihre Hand im Spiel gehabt haben?«, fragte Dorn.
    Jack strahlte. Seine bizarren Theorien bekamen einen Ton von Wahrheit, gestützt von der wundervollsten Entdeckung, von der er nicht einmal zu träumen gewagt hatte. »Das würde ich vermuten. Aber mein gesunder Menschenverstand versichert mir zumindest, dass es diese Zivilisation gab. Wir finden Anzeichen dafür auf der ganzen Welt. Mythen aus jedem Teil der Erde dokumentieren sie .«
    »Sie können Wissenschaft nicht auf Mythen gründen«, wandte Dorn ein.
    »Warum nicht?« Jack stand auf und stellte sich neben den Kamin, dessen Feuer ihn in weiches, warmes Licht hüllte. »Mythen sind für mich eine praktikable Möglichkeit Geschichte zu überliefern - vor der aufgezeichneten Zeit. Wenn über die ganze Erde verteilte Kulturen von dem plötzlichen Verschwinden einer Zivilisation sprechen - Kulturen, die keinen Kontakt miteinander hatten -, bin ich geneigt, ihnen Glauben zu schenken. Genauso wie ich glaube, dass Alexander der Große Persien erobert hat und Julius Cäsar ermordet wurde. Wenn Sie diesen Geschichten glauben, warum nicht denen aus einer älteren Zeit? Mythen sind Geschichte. Geschichte vor der Geschichtsaufzeichnung.«
    Dorn kaute auf seiner Pfeife. »Die meisten Anthropologen scheinen dem nicht zuzustimmen.«
    »Es werden aber immer mehr«, erwiderte Jack. »Und nicht nur unter Anthropologen. Astronomen, Linguisten, Historiker, Forscher wie Posnansky,

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