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Missing Link

Missing Link

Titel: Missing Link Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walt Becker
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fast vollständig verdeckte; nur über und unter dem Bogen erschienen winzige Streifen des leuchtenden Kreises wie dünne, gleißende Zitronenschalen.
    »Er bewegt sich so schnell!«, rief Samantha.
    Jack drehte sich wieder zum Schatten. Die geteilte Sonne warf eine mächtige Silhouette des Torbogens auf die Erde. Der Schatten huschte, wegen der unebenen Oberfläche des unterirdischen Tempels leicht gekräuselt, von ihnen fort. Innerhalb von fünfzehn Sekunden vereinigten sich auf vier nichts sagenden, mit Unkraut überwucherten Steinplatten beide Seiten zu einem scharfen Punkt. Dann verschwand der Schatten vom Boden des eingestürzten Tempels genauso schnell, wie er gekommen war.
    Jacks Brustkorb hob und senkte sich immer noch vom Laufen.
    »Heilige Maria«, sagte Ricardo, »der ist ja noch schneller als in Teotihuacan ...«
    Jacks Sinne erwachten wieder zum Leben. Sein Haut kribbelte. Das Sonnentor hatte gar nichts im Kalasasaya-Tempel markiert. Der Schatten war in den eingestürzten Tempel dahinter gefallen. Ein derart deutlicher, kräftiger, fließender Schatten, dass für Jack kein Zweifel über dessen Zweck bestand.
    Der Schatten hatte etwas markiert.
    Etwas, das unter diesen vier Steinen lag.

 
DRITTER TEIL
      

 
Nachmittag
    Der wolkenlose Himmel reifte zu einem kräftigen Kobaltblau. Die Sonne - in dieser Höhe beachtlich größer - hatte den morgendlichen Dunstschleier aus der Erinnerung gelöscht. Jack rieb sich seinen verkrampften Nacken. Die Ozonschicht war über den Anden praktisch nicht vorhanden, und die Sonne hatte den Kampf gegen Jacks natürlichen Melaninschutz gewonnen. Er schüttete sich Wasser aus einem Kanister über Kopf und Rücken; ein lang ersehnter Adrenalinstoß schoss durch seinen Körper. Die Aufregung beim Graben war schon längst vorbei, ersetzt durch das alles beherrschende Gefühl der Mutlosigkeit. Wie von den Windstößen fortgetragen, waren die Stunden in die Geschichte geflogen und hatten Jacks Hoffnungen mit sich genommen. Er setzte die Sonnenbrille ab und blinzelte in die späte Nachmittagssonne.
    Die Gruppe hatte sich durch drei Meter harter Erde gegraben, und noch immer war kein Spur von irgendetwas in Sicht.
    Dorn war schon nervös. Bestimmt fünfmal hatte er Jack über die Richtigkeit der Berechnungen befragt. Als Jack sah, dass er sich wieder dem Loch näherte, entschloss er sich, die vermutlich hässliche Auseinandersetzung zu vermeiden, und machte sich auf den Weg zur Akapana-Pyramide südlich des unterirdischen Tempels. Jack ließ sich auf einen großen flachen Felsen nieder und starrte auf den wachsenden Haufen bolivianischer Erde.
    »Scheiße ...«, flüsterte er. Seine Berechnungen stimmten nicht. Er hatte gehofft, das zu finden, worauf das Hologramm sie gewiesen hatte. Vielleicht stimmte beim Schattenmarkierer eine winzige Kleinigkeit nicht, dachte Jack, während er sich den Nasenrücken massierte. Das Hämmern in seinem Kopf - wegen der dünnen Luft und wegen seines Versagens - war unerträglich. Resigniert ließ er ihn in seine Hände sinken.
    »Jack?«
    Regungslos blieb er sitzen.
    »Kann ich dich eine Sekunde sprechen?«
    Widerwillig hob er den Kopf. Samantha ließ sich neben ihm nieder. Sie suchte seine müden Augen, schaute dann aber Richtung Horizont, wo die Oberfläche des Sees verschwand. »Es sieht nicht gerade ermutigend aus«, stellte sie fest.
    »Viel schlimmer.«
    Ihr Blick kehrte zu ihm zurück. »Du weißt, es ist egal, was wir hier finden«, sagte Samantha. »Ich meine, wir haben in Mali entdeckt, dass es auf der Erde Außerirdische gab. Mehr zu erwarten wäre ... nun ja ... undankbar.«
    Jacks Ausdruck zeigte leichte Dankbarkeit. »Du hast vielleicht Recht.«
    »Wir müssen die Sache im richtigen Verhältnis sehen.«
    »Ich muss mich bei dir dafür entschuldigen, dass ich dich in eine weitere Schnapsidee mit reingezogen habe.« Jack ließ einen Stein auf den Kies fallen. »Ich verspreche dir, dass ich noch vor dem Herbst die Sache richtig berechnet haben werde.«
    »Es war keine Schnapsidee, ganz egal, ob wir hier was finden oder nicht.« Samantha beobachtete, wie der Stein liegen blieb.
    »Ich habe viel über diese Reise nachgedacht.«
    »Ich auch. Offensichtlich ergeben meine Zahlen keinen Sinn.«
    »Nein«, sagte sie, »ich meine über uns.«
    Jacks Kehle wurde trocken. »Über uns?«
    Sie blickte ihm direkt ins Gesicht. »Keiner meiner Briefe wurde je beantwortet.«
    »Weil ich sie nie gelesen habe.«
    »Mach so was nicht mit mir.«
    »Was

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