Mission Ares
der amerikanischen Öffentlichkeit kompromittiert hätte – zum Beispiel ein Verhältnis mit seiner Mutter. Doch Apollo hatte eine weiße Weste – und der Name war gebongt.«
Josephson starrte ins Glas und ließ sich das durch den Kopf gehen. »Vielleicht sollten wir dieser Tradition folgen. Ich bin nämlich auch ganz firm in der Mythologie. Apollo hatte einen Halbbruder, der ebenfalls eine große Nummer auf dem Olymp war. Er hatte seine eigene Mythologie und wurde später von den Römern als Kriegsgott übernommen… Kampf und Blutvergießen waren sein Pläsier, und seine beiden Kinder, Phobos und Deimos – Panik und Furcht – folgten ihm aufs Schlachtfeld…«
Michaels grunzte. »Panik und Furcht. Solche Kerle wären im Kapitol gut aufgehoben.«
Josephson lächelte. Der Name paßte wie die Faust aufs Auge.
Und die Presse würde ihn lieben.
Viertes Buch
Annäherungen
Zeitdauer der Mission [Tag/Std:Min:Sek]
Plus 171/13:24:02
»Sechzig Minuten bis zum Perizentrum«, sagte Stone.
Alle drei Besatzungsmitglieder befanden sich auf der
Wissenschaftlichen Plattform des Missionsmoduls. Sie hatten sich im Mittelpunkt der achteckigen, mit Schalterbänken und Monitoren angefüllten Kammer angegurtet und die Füße in steigbügelartige Halterungen gesteckt.
Über Yorks Kopf war ein kleines Sichtfenster in die Hülle eingelassen. Ihr Gesicht wurde von weißem Licht beschienen, das die fluoreszierenden Anzeigen überblendete.
Sie sah die obere Hälfte einer dicken fahlen Scheibe, die sich stetig rundete.
Mein Gott. Das ist die Venus.
Für das bloße Auge leuchtete die Tagseite des Planeten in einem grellen Weiß – viel heller als die Erde aus der gleichen Entfernung –, das die Sterne überblendete. Im schmalen Segment der Nachtseite erkannte sie überhaupt nichts.
Die Trajektorie von Ares hatte das Schiff in eine Bahn um die Venus befördert. Nachdem Ares an der Sonne vorbei in Richtung Venus katapultiert worden war, taumelte das Schiff nun auf einer Hyperbel der Gravitationsquelle der Venus entgegen. Ares flog inzwischen mit fast neunzig Kilometern pro Sekunde auf die Venus zu, und die Ränder der Scheibe wanderten bereits aus Yorks Blickfeld aus. Das reflektierte Sonnenlicht warf Schatten auf ihren Schoß.
An einer Arbeitsplatte war eine Kamera befestigt; sie riß den Klettverschluß auf, drückte die Nase gegen das Fenster und machte Aufnahmen.
Die Venus war ungefähr so groß wie die Erde, doch dieser Anblick war nicht mit der Perspektive aus dem Erdorbit zu vergleichen. Sie erkannte keine Details: die Oberfläche der Venus verbarg sich unter den dicken Schichten einer Hülle aus Kohlendioxid. Aus dieser geringen Entfernung wirkten die Wolken glatt und amorph und verliehen dem Planeten das Aussehen einer riesigen Perle.
Bei näherer Betrachtung erkannte sie auf der rechten Seite der Scheibe nun doch eine Struktur in den Wolken: eine gazeartige Hülle, die sich gegen die Dunkelheit des Weltalls abhob, umgab die massiven Wolkenschichten.
Sie drückte hektisch auf den Auslöser.
»Was machst du da, Natalie?« fragte Stone trocken.
»Ich glaube, ich sehe die Dunstschicht«, sagte sie. Eine Hülle aus schwefelsauren Wolken, welche die Venus umgab und die sich in der Dunkelheit des Weltraums abzeichnete.
»Ja. Aber dieses Bild steht nicht auf dem Plan«, sagte Stone.
Mein Gott. »Na schön, verdammt.« Sie legte die Kamera wieder an ihren Platz. »Ich habe nur etwas gesehen, das zuvor noch kein Mensch gesehen hat. Ich sagte mir, das sei wohl einen Schnappschuß wert.«
»Wenn wir bei diesem Rendezvous von der vorgeschriebenen Trajektorie abkommen«, murmelte Stone und schaute dabei auf die flimmernden Bildschirme, »wirst du keine Gelegenheit haben, den Film zu entwickeln, weil du nämlich nicht mehr nach Hause kommst. Wir müssen uns konzentrieren, Leute.«
Ja, ja. Wir sind im Einsatz. Halte dich an den verdammten Missionsplan.
York konzentrierte sich wieder auf die Anzeigen.
Grinsend blickte Gershon sie über die Schulter an.
Der Plan sah vor, daß Ares an der Nachtseite des Planeten vorbeiflog. Der Schleudereffekt würde die Trajektorie des Schiffs dann um dreißig Grad ändern und Ares eine enorme Beschleunigung verleihen. Bisher war Ares antriebslos um die Sonne gekrochen und hatte sich dabei kaum von der Erde entfernt; nun kreuzte Ares zwischen Venus und Erde. Auch wenn die Mehrstufenrakete gleich in den Schatten der Venus eintrat, würde die Sichtverbindung zur Erde nie
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