Mission Ares
sonstige Zwecke zurückschraubte und Experimente mit weltraumgestützten Waffensystemen – wie Laser-und konventionelle Waffen zur Abwehr von Interkontinentalraketen – förderte, was eher mit Reagans strategischer Denkweise konform ging.
Michaels hatte jedoch ein Trostpflaster für die Militärs. Er setzte ihnen auseinander, daß die Technik der Mars-Mission –zum Beispiel orbitale Betankungstechniken – auch einen
militärischen Nutzen hätte. Und er sagte ihnen zu,
Militärpersonal auf die Testflüge für die Mars-Mission
mitzunehmen und militärisch relevante Experimente
durchzuführen.
Außerdem verwies Michaels auf die größeren
Zusammenhänge, nämlich auf den Nutzen für die Luft-und
Raumfahrtindustrie als solche. Eine neue Initiative in diesem Bereich würde der Wirtschaft einen solchen Schub verleihen, daß es wegen der drohenden Inflationsgefahr schon wieder ungesund war. Und um es den Politikern recht zu machen, nährte er den schon Anfang der Fünfziger aufgekommenen Verdacht, daß von allen Teilstreitkräften die Luftwaffe sich am meisten der politischen Kontrolle entzog, je mehr sie in die Raumfahrt involviert war. Die Luftwaffe hatte nämlich von Anfang an auf ein eigenes Weltraumprogramm gedrungen, das unabhängig von den Aktivitäten der NASA verlaufen sollte.
Und in den letzten Jahren hatten etliche Leute den Eindruck gewonnen, daß die Forderungen der Luftwaffe den Zielen des Skylab-Projekts abträglich gewesen seien. Zumal eine bemannte Mars-Mission in Verbindung mit der neuen Militärdoktrin sich vielleicht auch öffentlichkeitswirksam ausschlachten ließe: die Vereinigten Staaten lassen nicht nach in ihren Verteidigungsanstrengungen – und sie sind noch immer reich und mächtig genug, um nach den Sternen zu greifen …
Also war es durchaus möglich, ein rein ziviles RaumfahrtProgramm – das mit HighTech gespickt, jedoch dem Zugriff des Verteidigungsministers und insbesondere der Luftwaffe entzogen war – den Politikern schmackhaft zu machen.
Und so ging die von Michaels und Josephson dominierte
Diskussion weiter. Die beiden scharten die Kräfte der
nationalen Politik um sich, um das Programm nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Schließlich verlagerte die Debatte sich auf die Ebene der Wirtschaftstheorie und des politischen Diskurses, und Joe Muldoon, ein schlichter Mond-Spaziergänger, hatte nichts mehr zu melden.
Später wurden Michaels und sein Stab, einschließlich
Muldoon, zu einer Besprechung ins Weiße Haus geladen, um zusammen mit dem Verteidigungsminister und Vertretern des Haushaltsausschusses die Vorschläge der NASA zu erörtern.
Und dann beraumte Reagan selbst eine Kabinettssitzung an, an der auch Vertreter der NASA, des Haushaltsausschusses, des Verteidigungsministeriums und des MIT teilnahmen.
Michaels war sichtlich erschöpft, doch Muldoon sah, daß er auf der Kabinettssitzung seine Position unter Aufbietung aller Kräfte vertrat. Er wußte, daß er kurz vor dem Ziel stand, doch diese letzte Hürde mußte er noch nehmen.
Reagan stellte überraschend pointierte Fragen zu den
größeren Zusammenhängen des Vorschlags. Muldoon hatte
den Eindruck, daß er sich dabei auf Elemente beschränkte, von denen er selbst profitieren würde – wie Kennedy es vor zwei Jahrzehnten auch getan hatte. Und Michaels bemühte sich, Reagans Erwartungen gerecht zu werden; er deutete an, daß, wie seinerzeit bei Kennedy, eine kühne Weltraum-Initiative ihm größeren Rückhalt im Kongreß verschaffen und den Weg für weitere Pläne ebnen würde…
Doch Reagan waren die Kosten noch immer zu hoch, und er
und sein Stab durchforsteten das Programm und setzten den Rotstift an.
Muldoon mußte hilflos mit ansehen, wie sein minutiöses
Test-und Entwicklungsprogramm zusammengestrichen wurde, wie die orbitalen Venus-Missionen und Mars-Basen Makulatur wurden und wie von den drei Mars-Flügen am Schluß nur noch einer übrigblieb. Das war unglaublich.
Und im Verlauf der Sitzung nahm Muldoon unterschwellig
noch etwas wahr. Die NASA hatte die Sache mit Apollo-N
nach allen Regeln der Kunst verbockt, und trotzdem war
Reagan bereit, ein neues und umfangreiches Programm zu
genehmigen. Aber die NASA mußte einen Preis dafür zahlen.
Mit dem Abschuß von Bert Seger und einer Neuorganisation der NASA war es nicht getan.
Muldoon wußte, daß die NASA Buße tun mußte, wenn sie
rehabilitiert werden wollte.
Michaels verfaßte einen Abschlußbericht für Reagan, in dem er den
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