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Mission Ares

Mission Ares

Titel: Mission Ares Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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weiter. Irgendwie wirkte das Ding obszön, als ob man ihm die Haut abgezogen hätte.
    Im Licht der tiefstehenden Morgensonne warf der Vogel
    einen langen Schatten auf dem weitläufigen Rollfeld.
    »Scheiße« betonte Gershon erneut und drehte sich zu Curval um. »Das Teil sieht aus wie ein Gerät aus einem abgefuckten Zirkus.«
    »Das brauchen Sie mir nicht zu sagen«, sagte Curval. »Aber von allen Fluggeräten, die wir haben, kommt diese Kiste einem MEM am nächsten. Wenn Sie ein MEM fliegen wollen, mein Junge, müssen Sie lernen, mit diesem Ding klarzukommen.«
    Curval grinste fröhlich, lachte ihn geradezu aus.
    Ted Curval war einer der Alten Köpfe. Er verfügte über das klassische Astronautenprofil: als Marineflieger hatte er angefangen, war später sogar als Ausbilder tätig gewesen und hatte inzwischen viel Weltraumerfahrung gesammelt. Also befand Curval sich im Auswahlverfahren für Ares gegenüber Gershon im Vorteil, zumal er bereits echte MLTV-Einsätze geflogen war. Wogegen Gershon es trotz aller Bemühungen und des Aufenthalts bei Columbia bisher nur in die stationäre Anlage von Langley geschafft hatte, wo ein MEM-ähnliches Modell an Trossen von der Decke hing.
    Also gehörte Curval zu Phil Stones Besatzung und würde
    demnächst zum Mars fliegen. Und Ralph durfte als Zaungast zusehen.
    Aber egal. Mit dem heutigen Tage würde Ralph Gershon
    seine Referenzen um MLTV-Erfahrung bereichern. Zum
    Teufel mit Ted Curval und all den anderen arroganten
    Arschlöchern.
    Was Gershon betraf, so war die Sache erst entschieden, wenn der Vogel am 21. April 1985 von der Startrampe abhob.
    Gershon stülpte sich den Helm über den Kopf und flankte in den Gitterrohrrahmen des MLTV. Geschmeidig glitt er auf den Sitz. »Toll. Paßt wie angegossen.«
    Curval trat vor. »He, Gershon…«
    Gershon schnallte sich gerade an. »Der Sitz ist ein Weber Null-Null, stimmt’s?«
    »Kommen Sie da runter, Mann. Sie sind unvorbereitet. Sie dürfen nicht…«
    »Und die Düse dort drüben ist ein General Electric CF-700-2V-Turbofan. Kommen Sie schon, Ted, ich kenne mich mit der Ausrüstung aus. Ich bin hergekommen, um das Ding zu fliegen und nicht, um mir Ihr Genöle anzuhören.« Er schaute auf die Steuerkonsole. Sie war mit ein paar Instrumenten bestückt, einem Monitor und zwei Kopfbügelmikrofonen. Wie bei den Simulationen.
    Er blinzelte; die Augen schmerzten beim Blick ins grelle Sonnenlicht. Auf der Plexiglas-Windschutzscheibe sah er feine Linien, die dort eingeätzt waren – eine mit Zahlen versehene Strichplatte.
    Plötzlich verstärkte der Schmerz sich. »Au.« Er schlug den Arm vors Gesicht. Die Augen juckten unerträglich und tränten obendrein.
    »Zuerst«, sagte Curval trocken, »sollten Sie das Visier
    schließen. Sie werden von Wasserstoffperoxid eingenebelt, das aus den Steuerdüsen austritt. Wissen Sie wirklich, was Sie tun, Mann?«
    Gershon klappte das Visier herunter und kniff die Augen
    zusammen. »Es ist mein Hals, den ich mir breche, Ted. Was kümmert Sie das denn?«
    »Gut«, sagte Curval schließlich. »Gut, Sie haben gewonnen.«
    Curval ging zusammen mit York zum Führungsfahrzeug und
    kletterte in den Aufbau. Wenig später hörte Gershon Curvals Stimme im Kopfhörer. »In Ordnung, Ralph. Wir bringen das MLTV nun auf fünfzig Fuß Höhe, umkreisen zweimal den Block und fliegen wieder nach Hause. Eine leichte Übung.
    Damit Sie ein Gefühl für das Gerät bekommen. Und dann
    erhalten Sie eine Augenspülung. Haben Sie das verstanden?«
    »Sicher.«
    Gershon aktivierte das Triebwerk, das hinter seinem Rücken aufbrüllte. Staub wurde vom Boden aufgewirbelt und legte sich auf das Helmvisier. Die Steuerdüsen spien Dampf, als ob es sich beim MLTV um eine Dampfmaschine handelte, um das Werk eines viktorianischen Ingenieurs, der seine Phantasie von einem Fluggerät Wirklichkeit hatte werden lassen.
    Die Landebahn fiel nach unten weg. Der Steigflug war
    ebenso kurz wie rasant. Das MLTV hatte Ähnlichkeit mit
    einem geräuschvollen Aufzug.
    »Juhuuu!« jubelte Gershon. »Jetzt geht die Post ab!«
    Von den vier Pendants des MLTV Nummer Drei waren
    während des letzten halben Jahrs zwei Exemplare abgestürzt.
    Die Piloten hatten sich mit dem Schleudersitz gerettet. Die Absturzursache war bislang ungeklärt. Allerdings waren Senkrechtstarter schon aufgrund ihrer Konzeption instabil, weshalb man wohl eine gewisse Quote an Bruchlandungen einkalkulieren mußte. Die NASA hoffte indes, daß diese
    Abstürze kein Indikator für

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