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Mission Arktis

Titel: Mission Arktis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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weitere Verwendung für ihn.«
Die Bewegung erschreckte den kleinen Jungen. Eine winzige Hand berührte seine Wange. »Papa«, sagte er auf Russisch. Anscheinend war das Kind auf ihn geprägt wie ein gerade ausgeschlüpftes Gänschen.
Doch Viktor wusste, dass noch mehr dahintersteckte.
Er wusste, was der Kleine dachte. Auf den abgegriffenen Fotos seines Vaters, die er immer noch aufbewahrte, sah Viktor ihm sehr ähnlich. Die gleichen weißen Haare. Die gleichen eisgrauen Augen. Er trug sogar die Haare genauso wie sein Vater auf dem letzten Bild. Für den Jungen, der gerade aus dem Gefrierschlaf erwacht war, war keine Zeit vergangen. Für ihn war einfach der Sohn zum Vater geworden. Für den Jungen bestand kein Unterschied. Viktor berührte das Gesicht des Kindes. Diese Augen haben meinen Vater gesehen. Diese Hände haben ihn berührt. Viktor fühlte eine tiefe Verbindung zu diesem Jungen. Sein Vater musste den Kleinen gemocht haben, wenn dieser eine solche Zuneigung zu ihm gefasst hatte.
Wie konnte er ihm da nachstehen? Er strich mit dem Finger über seine Wange. Nachdem er seine ganze Familie verloren hatte, war er nun endlich auf eine Verbindung zu seiner Vergangenheit gestoßen.
Der Junge lächelte unbeholfen und redete leise auf ihn ein. Aber nicht auf Russisch. Viktor verstand ihn nicht. Der Amerikaner jedoch wusste Bescheid. 
    »Er spricht Inuit.« Pike war an der Tür stehen geblieben und starrte zurück. Die Wache zielte mit der Waffe auf ihn. Viktor runzelte die Stirn. »Was … was hat er gesagt?«
Pike trat zurück in den Raum und beugte sich zu dem Jungen hinab. »Kinauvit?«
Das Gesicht des Jungen leuchtete auf, er setzte sich aufrechter und drehte sich zu Pike um. »Makivik …
Maki! «
Der Gefangene warf Viktor einen Blick zu. »Ich habe ihn gefragt, wie er heißt. Sein Name ist Makivik. Aber alle nennen ihn Maki.«
Viktor strich ihm eine Haarsträhne aus der Stirn.
»Maki«, probierte er den Namen, und er gefiel ihm. Er passte zu dem Jungen.
Dann griff der Kleine in Viktors Haar und zog ein bisschen daran. »Nanuq«, sagte er und kicherte. »Eisbär«, übersetzte der Gefangene. »Wegen Ihrer Haarfarbe.«
»Wie mein Vater«, sagte Viktor.
Pike sah zwischen ihnen hin und her. »Er hält Sie also für Ihren Vater?«
Viktor nickte. »Ich glaube nicht, dass er weiß, wie viel Zeit inzwischen vergangen ist.«
Maki plapperte weiter, er schien die Aufmerksamkeit zu genießen. Dann rieb er sich die Augen.
Pike verzog das Gesicht.
»Was hat er gesagt?«, fragte Viktor.
»Er meint, Sie sollten eigentlich noch schlafen.« »Schlafen?«
Die beiden Männer starrten einander an und allmählich dämmerte bei beiden die Erkenntnis.
Konnte das sein?
Viktors Blick flackerte in Richtung der äußeren Halle, zu dem Kreis der Gefriertanks. » Njet. Das ist unmöglich.« Seine Stimme zitterte – was sie sonst niemals tat.
»F-fragen Sie ihn. Wo? «
Schweigend sah Pike ihn an. Er wusste, was Petkow wollte. Dann konzentrierte er sich auf das Kind. »Maki«, sagte er und lenkte die Aufmerksamkeit des Jungen wieder auf sich. »Nau taima?«
Der Austausch ging weiter und endete schließlich damit, dass der Junge von Viktors Schoß krabbelte. »Qujannamiik«, flüsterte Pike dem Kleinen zu und fügte auf Englisch hinzu: »Danke.«
Viktor erhob sich. »Weiß er, wo mein Vater sein könnte?«
Als Antwort winkte Maki ihm zu. »Malinngal« »Folge mir!«, übersetzte Pike.
       
    19:18 Uhr
    Driftstation Omega
    Amanda saß mit am Tisch, während das Dekodieren der Aufzeichnungen seinen Lauf nahm. Jenny las die InuktitutSymbole laut vor, ganz langsam, damit Craig das gesprochene Russisch verstehen und entziffern konnte.
    So überflogen sie das erste Buch. Es war die Geschichte von der Gründung der Station, die auf die berüchtigte Tragödie der Jeanette im Jahr 1879 zurückging.
    Der amerikanische ArktisDampfer Jeanette war unter der Führung von Lieutenant George W. DeLong ausgesandt worden, um eine neue Route zwischen den Vereinigten Staaten und Russland zu erforschen, doch das Schiff blieb im Eis der Polarkappe stecken und fror fest. Zwei Winter lang verharrte der Dampfer im Eis, bis er 1881 von den Schollen zerquetscht wurde. Die Überlebenden entkamen in drei Rettungsbooten, die sie übers Eis zogen, bis sie offenes Wasser erreichten. Aber nur zwei Boote erreichten in Sibirien das Land.
    Das Schicksal des dritten Bootes hatte immer als unbekannt gegolten, aber die Russen schienen Bescheid zu

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