Mission Arktis
bewegten sich zu schnell, sausten übers Eis mit einer Anmut und einer Schnelligkeit, die gewöhnliche SkiDoos nicht besaßen. Stattdessen erinnerten sie an Jetski, die übers Eis flogen.
Aber es waren weder Schneemobile noch Jetski. Als sie sich aus einem Trugbild in handfeste Realität verwandelten, glitten die Maschinen übers Eis, ohne die Oberfläche der Welt zu berühren. Jenny hatte so etwas schon gesehen: experimentelle Modelle.
Hovercrafts.
Aber diese hier waren klein, nicht größer als ein Zweipersonenjetski, oben offen, zu bedienen wie ein Motorrad. Die Windschutzscheibe war nach hinten gewölbt, um Fahrer und Mitfahrer zu schützen. Und wie bei einem Jetski hatten sie an der Unterseite Skikufen, die sie allerdings nur zu benötigen schienen, wenn sie in die Kurve gingen und langsamer wurden. Anmutig landeten sie auf dem Eis und blieben ein paar Meter weiter stehen.
Männer stiegen ab. Allesamt in weißen Parkas. Gewehre wurden angelegt.
Jenny hörte russische Worte, aber die Welt blieb verschwommen, nur von den Scheinwerfern der Hovercrafts erhellt.
Die Soldaten trugen Gesichtsmasken. Sie näherten sich erst vorsichtig, dann immer kühner. Ein paar untersuchten das gesprengte Eisloch. Andere kamen auf Jenny zu, einer kniete sich vor sie und sagte etwas auf Russisch.
Als Antwort brachte sie nur ein Stöhnen zustande.
Der Mann streckte die Hand aus. Einen Augenblick verlor Jenny die Besinnung. Es hatte sie all ihre Kraft gekostet, auch nur das kleinste Geräusch hervorzubringen. Als sie das nächste Mal zu Bewusstsein kam, fand sie sich in einem Schalensitz, ordentlich mit Schulterund Hüftgurt festgeschnallt. Die Welt sauste an ihr vorüber. Sie flog.
Irgendwann kam genug Bewusstsein durch den Nebel, um sie merken zu lassen, dass sie hinter einem Soldaten saß. Er trug keinen Parka, sondern nur einen dicken grauen Pulli. Dann merkte sie, dass sie seinen Parka anhatte. Die pelzgefütterte Kapuze war fast ganz über ihren Kopf gezogen.
Sie waren unterwegs zurück zur Driftstation. Die Ruinen eines Außengebäudes brannten.
Das alles ergab keinen Sinn, also verlor sie wieder das Bewusstsein.
Das nächste Mal erwachte sie in einer Welt voller Schmerzen. Jeder Zentimeter ihres Körpers tat weh. Es war, als würde sie ausgepeitscht, als hätte man Säure über sie gegossen, die jetzt qualvoll ihre Haut wegätzte. Sie schrie auf, aber kein Laut kam heraus. Sie wehrte sich gegen die Arme, die sie festhielten.
»Schon gut, Miss Aratuk«, sagte eine barsche Stimme hinter ihr. »Sie sind in Sicherheit.« Die gleiche Stimme sprach auch mit jemand anderem, der sie festhielt. »Stellen Sie das Wasser etwas wärmer.«
Jennys Bewusstsein wurde ein wenig klarer. Sie war nackt unter der Dusche und jemand hielt sie fest. Immerhin funktionierte ihre Zunge inzwischen wieder so weit, dass sie sagen konnte: »Es … es brennt.«
»Das Wasser ist nur lauwarm. Das Blut kommt in die Haut zurück und an ein paar Stellen haben Sie Erfrierungen.« Etwas stach sie in den Arm. »Wir haben Ihnen ein bisschen Morphium gegeben, um den Schmerz zu lindern.«
Endlich sah sie sich den Mann an, der da mit ihr sprach. Es war Lieutenant Commander Sewell. Sie saß auf dem Fiberglasboden einer Gemeinschaftsdusche. Eine Hand voll NavyMänner befanden sich ebenfalls im Raum. Sie waren mit irgendetwas beschäftigt. Aus ein paar anderen Duschen stieg ebenfalls Dampf auf.
Ein paar Augenblicke später wurde die Höllenqual zu einer einfachen Folter. Tränen strömten ihr übers Gesicht und mischten sich mit dem Wasser der Dusche. Ganz langsam stieg ihre Temperatur. Ihr Körper begann unkontrollierbar zu zittern.
»M … mm … mein Vater«, stieß sie zwischen klappernden Zähnen hervor.
»Wir kümmern uns um ihn«, sagte Sewell. »Ihm geht’s besser als Ihnen. Zäher alter Kerl, so viel ist sicher. Nur ein bisschen die Nase abgefroren. Er muss aus Eis sein oder so.«
Unwillkürlich musste sie lächeln. Papa …
Sie ließ das Zittern und Beben einfach zu. Die Kerntemperatur ihres Körpers kämpfte sich zurück zur Normalität. Das sensorische Nervensystem erwachte mit einer Million Nadelstichen in Händen und Füßen. Es war wie eine langsame Kreuzigung.
Endlich durfte sie sich aufrichten. Sie wurde sogar so warm, dass sie sich ein wenig ihrer Nacktheit schämte. Überall um sie herum waren uniformierte Männer. Schließlich wurde sie aus der Dusche geführt und kam an Kowalski vorbei, der mit nacktem Hintern und zitternd unter einer anderen Dusche
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