Mission auf Leben und Tod: Roman (German Edition)
übernachtet hatten.
Harry war seitdem mehrmals zum Angeln an den Tay zurückgekehrt, eines aber versäumte er nie. Jedes Jahr bestellte er bei einer kleinen schottischen Räucherei, keine zehn Kilometer von dem damaligen Hotel entfernt, zwölf ganze Lachsfilets, eines für jeden Monat im Jahr. Heute hatte Jane den Butler gebeten, einen der wertvollen Fische für Harry zum Mittagessen aufzuschneiden.
Der Remson-Boss war auf dem Weg durch das Haus. Das Problem war nur, er entdeckte die Sandwiches genau zu dem Zeitpunkt, als John Morgan auf Fox mitteilte, dass Henri Foche ermordet worden war. »Großer Gott!«, entfuhr es Harry unwillkürlich.
Jane kam hereingeeilt und sah, wie er völlig gebannt auf den Fernseher starrte, als vom Tod des Gaullistenführers berichtet wurde – die Erfüllung seines einzigen ernsthaften Wunsches, für den er jemals in seinem Leben gebetet hatte.
Harry sagte nichts. Er lauschte nur dem Bericht über das Chaos, das Lieutenant Commander Mack Bedford in Frankreich ganz offensichtlich hinterlassen hatte. Weder er noch Jane sagten ein Wort, bis der Eröffnungsteil der Nachrichten zu Ende war.
Beide waren in ihre Gedanken versunken – Harry dankte Gott, dass anscheinend niemand wusste, wer dem Gaullisten den Garaus gemacht hatte, und jubelte innerlich über Eddie Laxtons Einschätzung, dass es aller Wahrscheinlichkeit nach auch keiner jemals herausfinden würde. Jane war wie vom Donner gerührt. Sie hatte die Unterhaltung damals mit angehört. Sie wusste, dass ihr Mann einen Auftragskiller auf diesen Henri Foche angesetzt hatte, um die Werft zu retten; dass eine große Summe Geld mit im Spiel und Mack Bedford daran beteiligt war. Was immer sich in Frankreich an schrecklichen Dingen ereignet haben mochte, es hatte mit ziemlicher Sicherheit hier in Dartford und auf Betreiben ihres eigenen Mannes seinen Ausgang genommen.
Jane ergriff als Erste das Wort. »Harry, ich denke, du schuldest mir eine Erklärung, ein Wort darüber, wie tief wir darin verstrickt sind.«
Harry lächelte sie nur an, in seiner Miene spiegelte sich Freude und Dankbarkeit. »Ich habe dir schon einmal gesagt, wir wollen dieses Thema nie mehr zur Sprache bringen. Henri Foche hat viele Feinde gehabt, vor allem im Militär. Ich kann nicht so tun, als würde ich es bedauern, dass er tot ist, ich kann aber auch
kein Licht darauf werfen, was geschehen ist.« Er ging hinaus auf die Terrasse. Seine Frau folgte ihm. »Lass uns diesen Tag wie jeden anderen begehen«, sagte er. »Es könnte höchstens sein, dass ich zu meinem Sandwich ein zweites Glas von diesem herrlichen Weißburgunder trinke.«
Der Attentäter auf der Rückbank des Busses, den linken Arm auf der Ledertasche, schlief noch. Sie hatten die Vororte der einstigen bretonischen Hauptstadt Nantes erreicht, und der Bus war mittlerweile sehr viel voller geworden. Er wachte beim ersten Halt innerhalb der Stadtgrenze auf, als mehrere Fahrgäste aus-und noch mehr zustiegen. Er sah auf seine Uhr. Es war fünf nach acht, damit blieben ihm 25 Minuten, um den letzten Zug von Nantes nach Bordeaux zu erwischen.
Mack verließ den Bus am Bahnhof und eilte die knapp 800 Meter zu den Bahnsteigen. In einem verlassenen Ladeneingang entfernte er Perücke, Bärtchen und Brille und verstaute sie in seiner Tasche, bevor er ein Einfachticket erster Klasse zu der Stadt löste, die inmitten der herausragendsten Weinbaugebiete Frankreichs lag. Zum ersten Mal seit fast zwei Wochen, als er die USA verlassen hatte, sah er wieder wie Mack Bedford aus.
Seine Prämisse war es, keine kontinuierliche Spur zu hinterlassen. So wie Gunther Marc Roche fünf Kilometer nach Monsieur Laportes Tankstelle vom Angesicht der Erde verschwunden war, so verschwand nun Jeffery Simpson, bevor Mack zur vierstündigen Fahrt ins knapp 400 Kilometer entfernte Bordeaux in den Zug stieg.
Im Zug war nicht viel los. So schlief er den größten Teil der Strecke in dem sicheren Wissen, dass keiner nach ihm suchte. Niemand in Frankreich wusste überhaupt, dass es ihn gab. Niemand kannte seinen Namen. Und nirgendwo war verzeichnet, dass er das Land überhaupt betreten hatte. Er wachte auf, als
der Zug in La Rochelle hielt, der alten Hafenstadt am Atlantik, deren Ursprünge auf das 14. Jahrhundert zurückgehen. Es war mittlerweile dunkel, fast halb elf, und Mack schlief bereits wieder, als der Zug den Bahnhof verließ.
Der Schaffner weckte ihn: »Bordeaux – cinq minutes. Gare de Saint Jean – cinq
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