Mission auf Leben und Tod
denen fällt nichts anderes ein als die Zinsen, die sie auf ihr Geld bekommen? Was sind das bloß für Leute?«
Mack trug es gefasster. »Wir müssen uns damit abfinden, Tommy ist eben nicht ihr Junge. Sie hören am Tag hundert Geschichten wie unsere. Aber noch ist nicht alles verloren. Donald Hill, der Filialleiter, sagte mir, unter gewissen Umständen würden andere Überlegungen in Betracht gezogen, nicht nur das Geld. Er hat versprochen, mit der Zentrale zu reden. Wir sollen den Mut nicht verlieren.«
Anne umarmte ihn. »Jeder braucht Hoffnung, Mack. Auch wenn es kaum noch welche gibt. Dr. Ryan war heute sehr besorgt. Er sagt, Tommys ALD-Variante kommt nur bei Jungen in seinem Alter vor, und wenn sie ausbricht, dann kann es sehr schnell gehen.«
»Er ist doch nicht noch im Krankenhaus, oder?«
»Nein, ich hab ihn heimgebracht und ins Bett gelegt. Aber im Krankenhaus ist was ganz Schlimmes passiert. Tommy hatte einen Wutanfall, den schlimmsten, den ich bislang erlebt habe. Er hat einen Teddybären durchs Zimmer geworfen und dann versucht, ihm den Kopf abzureißen. Da war er mit Joyce zusammen – du weißt schon, die Schwester, die er so mag. Dr. Ryan ist sofort rübergegangen und hat versucht, Tommy zu beruhigen. Ich habe gehört, was er zu Joyce gesagt hat.«
»Was?«
»›Verdammt, ich habe gehofft, dass es noch nicht so weit ist. Der arme Junge, er hat kein halbes Jahr mehr.‹«
»Hast du nicht gesagt, dass das schon häufiger passiert ist?«
»Ja, einige Male, als du nicht da warst. Aber es war nie so schlimm wie heute. Jedenfalls habe ich den Doktor gefragt, ob es wirklich so schlimm ist, und er meinte, die Krankheit würde viel zu schnell sein Nervensystem schädigen. Das Problem ist, Tommy war so stark und so gesund und aktiv. Anscheinend wirkt sich die Krankheit bei solchen Kindern umso schlimmer aus. Wenn wir ihn nicht schnell in diese Schweizer Klinik bringen, dann, sagt er, müssen wir damit rechnen, dass Tommy bald stirbt.«
Raul in Marseille war überzeugt, einen zwei Millionen Dollar schweren Kunden am Haken zu haben, den er nur noch an Land ziehen musste. Er hatte bereits einen Hubschrauber gemietet und Jean-Pierre und Ramon losgeschickt, damit sie sich in Rennes ein wenig umsahen. Sie sollten sich schon mal mit der Gegend vertraut machen, Foches Haus, sein Büro in Augenschein nehmen, das Umfeld erkunden. Wenn Morrison zurückrief, würde es wichtig sein, einen professionellen Eindruck zu hinterlassen, so, als wüssten FOJ genau, was sie taten.
Raul hatte soeben mit Jean-Pierre telefoniert. Der hatte sich gegenüber dem Parteibüro der Gaullisten befunden, als Foche vorgefahren kam, er hatte sich das Kennzeichen des Mercedes notiert und Foche und seine beiden Leibwächter fotografiert, von denen einer, der in einer braunen Wildlederjacke, der Fahrer war.
Während Jean-Pierre das Parteibüro observierte, hatte Ramon Foches Anwesen inspiziert. Es hatte nur ein paar Minuten gedauert, die Adresse herauszubekommen, nachdem er sich in einem örtlichen Lebensmittelladen als Kurier ausgegeben hatte. Daraufhin packte Ramon seine Kamera aus und fotografierte das Haus aus mehreren Blickwinkeln, von vorn und von hinten. Versteckt hinter Bäumen in den Nachbargärten, machte er Aufnahmen sämtlicher Eingänge. Dann wartete er, bis Foche gegen 19 Uhr nach Hause kam. Foche hatte zuvor Jean-Pierres kleinen Mietwagen nicht bemerkt, der ihm zu Anne-Maries Wohnung gefolgt war, wo er etwa eine Stunde geblieben war. Ramon fotografierte ihn, als er aus dem Wagen stieg, und dabei bemerkte er, dass Marcel ihm nicht zum Eingang folgte. Das gefiel ihm, es gefiel ihm sogar sehr, und erneut überlegte er, ob nicht ein Scharfschützengewehr die beste Waffe bei diesem Job sei.
Es dämmerte langsam. Rauls Männer hatten in den wenigen Stunden einige wichtige Informationen zusammengetragen. Es würden noch viel mehr werden, bevor jemand wirklich auf den Abzug drückte. Aber an diesem Abend war nicht mehr viel zu tun.
Sie quartierten sich im komfortablen Hotel des Lices ein, aßen dort zu Abend und wollten am nächsten Morgen wieder früh raus, damit sie in ihrem Mietwagen zur Morgendämmerung vor Foches Anwesen standen. Ihre Anweisungen waren klar: Bis vier Uhr nachmittags die Zentrale mit so vielen Informationen wie möglich zu versorgen. Und dann per Zug zurück nach Marseille.
Henri Foche traf kurz nach neun in seinem Wahlkampf-Hauptquartier ein. Sein Team feilte bereits an den Slogans für den erwarteten
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