Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe
hierherzukommen und man noch bleiben müsse, als das Schiff backbord einen so heftigen Stoß erhielt, dass es sich nach Steuerbord neigte. Die Reling, an der Modo sich festklammerte, war altersschwach und vom Salzwasser zerfressen. Jetzt brach sie und Modo rutschte über die Kante.
Octavia packte seine Schulter und er riss gerade noch den Arm nach oben, um die halb abgerissene Reling zu fassen zu bekommen, sodass er jetzt über dem Wasser baumelte. Er tastete hektisch an der rostigen Schiffswand entlang, bis es Octavia gelang, seine freie Hand zu umklammern. Irgendetwas fiel platschend unter ihm ins Wasser.
»Lass nicht los, Modo!«, schrie Octavia, als die letzte Verankerung der Reling unter seinem Gewicht ächzte. Sie würde nicht mehr lang halten. Dann würden sie beide ins Meer stürzen. Wo waren diese verfluchten Kerle? Begriffen sie denn nicht, welches Los ihren Passagieren drohte?
Modo blickte Octavia in die Augen und sah ihre Entschlossenheit. Sie würde ihn nicht loslassen. Er durfte nicht zulassen, dass auch sie ins Meer stürzte.
In Gedanken konzentrierte er sich auf die Vorstellung, dass sein Handgelenk sich ausdehnte, dicker wurde, und einen Augenblick später nahm die Verwandlung ihren Lauf.
»Was tust du da?«, kreischte Octavia, als sie ihn nicht mehr halten konnte.
Er suchte nach einigen denkwürdigen letzten Worten, mit denen er sich verabschieden wollte, aber lediglich ein »Oohaaa!« kam ihm über die Lippen, als er in den Atlantik stürzte.
11
Kein Rettungsmanöver möglich
O ctavia sah Modo fallen und in den Wellen verschwinden. Beinahe wäre auch sie ins Wasser gestürzt. Sie konnte sich gerade noch an die Überreste der Reling klammern und sich auf das Deck der Hugo zurückschwingen. Dann lehnte sie sich, so weit sie konnte, hinaus, um nach Modo Ausschau zu halten, und leise begann sie zu zählen. Komm schon, wo bist du? Erst bei zwanzig tauchte sein Kopf knapp hundert Meter entfernt im Wasser auf. Was war zu tun? Sie blickte sich hektisch um, packte ein Holzfass und hievte es über Bord. »Halt dich daran fest!«, schrie sie. Aber er schaute nicht einmal in ihre Richtung.
»Ach du guter Gott!« Kapitän Goss rannte zu ihr. Er schwitzte und sein Säbel holperte hinter ihm her. »Was für ein Pech!«
»Pech?«, schrie Octavia. »Ihr Schiff ist ein Wrack!«
»Geben Sie nicht der Hugo die Schuld. Wir wurden angegriffen! Alles nur, weil Sie und Ihr Mann hierherkommen wollten.« Er winkte Modo zu und brüllte: »Bleiben Sie in Bewegung, sonst erfrieren Sie! Wir schicken Hilfe.«
»Paddel mit den Beinen, Modo! Hör nicht auf, dich zu bewegen! Wir sind gleich da!«
»Madame«, begann Goss und seine Stimme klang überraschend sanft, »Madame, die nüchterne Wahrheit ist, dass wir ihm jetzt nicht mehr zu Hilfe kommen können.«
»Nein!« Octavia krallte sich in seinen Arm. »Wenden Sie das Schiff. Wir holen ihn aus dem Wasser.«
»Mrs Warkin, beruhigen Sie sich«, erwiderte der Kapitän und befreite sich aus ihrem Griff.
Einen Moment lang wusste sie gar nicht, mit wem er sprach, weil ihr der Tarnname entfallen war. Sie ballte die Fäuste. »Ich werde mich nicht beruhigen.«
»Begreifen Sie doch, unser Anker wurde gekappt. So können wir nicht richtig haltmachen. Außerdem wurde das Schiff gerammt. Der Rumpf ist beschädigt. Uns bleibt nur wenig Zeit, bis die Kammern so voll gelaufen sind, dass es kritisch wird. Wir müssen sofort einen Hafen anlaufen. Ein Rettungsmanöver würde uns Zeit kosten, die wir nicht haben.«
»Wenn Sie es nicht tun, dann ich! Lassen Sie ein Ruderboot zu Wasser. Sofort! Ich bestehe darauf!«
»Madame, das wäre Ihr Todesurteil. Ich kann das nicht zulassen. Unsere einzige Hoffnung ist, mit voller Kraft Kurs auf Island zu nehmen. Vielleicht kreuzen wir unterwegs ein anderes Schiff. Falls nicht, alarmieren wir die isländischen Behörden und geben ihnen die Koordinaten durch. Sie sind in der Lage, eine systematischere Suchaktion durchzuführen.«
Octavia konnte sich kaum zurückhalten, Modo kopfüber ins Wasser nachzuspringen. Er war da draußen allein. Sie sah ihn nicht einmal mehr. Die Welt um sie herum verschwamm hinter einem Tränenschleier.
»Madame, Madame, bitte weinen Sie nicht«, sagte der Kapitän beschwichtigend.
Doch sie konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken. Modo!
»Na, na. Ich habe den Maschinisten bereits angewiesen, alles aus den Kesseln rauszuholen. Der Wind steht auch gut. Wir sind ungefähr sechzig Meilen vor der isländischen
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