Mission Clockwork
dem Gang war. Auf dem Boden wartete ein Teller mit Schweinerüsseln, die aussahen, als hätte bereits eine Katze daran herumgenagt. Ein Glas mit warmem Bier stand daneben â oder wohl eher eine tödliche Fliegenfalle. Stumm dankte er dem kleinen Oppie. Der Junge war zurzeit der verlässlichste Mensch in seinem Leben. Vielleicht würde er ihn eines Tages in sein Zimmer einladen und ihm ein bisschen Lesen beibringen. Das würde dem Jungen weiterhelfen.
Modo trug das Abendessen zu seinem Bett, wo er das Schweinefleisch verschlang und das Bier hinunterstürzte. Ein Gedanke blitzte auf: Er wäre beinahe bei lebendigem Leib verbrannt! Er war beinahe umgebracht worden! Ihn schauderte. Zumindest würde Hakkandottir glauben, er sei tot, und ihn nicht verfolgen.
Er hatte genügend Geld, um sich ein oder zwei Tage zu erholen, statt zu arbeiten. Aber vielleicht sollte er Audrette Featherstone warnen, dass ihr Bruder einer gefährlichen Untergrundorganisation angehörte. Dann entsann er sich allerdings, dass Fuhr beharrlich behauptet hatte, Featherstone habe keine Geschwister.
Angenommen Fuhr hatte recht, wer war dann Audrette?
In seiner Tasche fand er den Zettel, auf dem sie Featherstones Adresse notiert hatte. Modo studierte ihn, als könnte ihm die Handschrift eine Antwort geben. Hatte Audrette die ganze Zeit über gewusst, dass er bei diesem kleinen Auftrag sein Leben riskierte?
Modo tappte zur Kommode hinüber, zog die oberste Schublade auf und begutachtete nachdenklich seine Sammlung an Masken. Er wählte eine schwarze Nachtmaske und zeichnete gedankenverloren mit den Fingern die Nasenform und Augenlöcher nach. Hier galt es, noch ein Geheimnis zu lüften. Er setzte die Maske auf.
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13
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Jägerin und Gejagte
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O ctavia hetzte durch die StraÃen und verfluchte bei jedem Schritt ihre Röcke und das Korsett. Sie hatte es immer schon gehasst, von Frauenkleidung eingeschränkt zu werden. Ester dagegen rannte mit der Geschwindigkeit und Gerissenheit eines Wildtiers vor ihr her. Sie jagte mal in die eine, dann in die andere Richtung, sprang über Zäune und huschte schlieÃlich im Schein der Gaslaternen über die Wege des Regentâs Park. Octavia hetzte hinterher, und sobald sie die Rasenfläche erreichte, schleuderte sie ihre Schuhe von sich, packte sie mit einer Hand und raffte ihren Rocksaum mit der anderen, um schneller laufen zu können.
Die Gaslampen waren nicht lange von Nutzen, denn Ester verschwand neben einem Weg zwischen den Büschen. Octavia verfolgte sie durch ein kleines Gehölz, zwischen Strauchwerk hindurch und schlieÃlich an einem Standbild vorbei. Ester war nur noch knapp fünf Meter vor ihr. Jetzt hab ich dich!
Sie würde Ester fesseln müssen, aber womit? An die Schnüre ihres Korsetts kam sie so leicht nicht heran. Ihre Schärpe? Nein, darin befand sich eine Geheimtasche â die durfte sie nicht verlieren. Ihre Haarbänder! Sie waren lang genug, um mehrere feste Knoten zu knüpfen. Octavia zog ihre Haube vom Kopf und lieà sie fallen, dann tastete sie nach den Bändern und riss sie sich aus dem Haar, das ihr daraufhin wallend über den Rücken fiel.
Genau in diesem Augenblick verlor Octavia das Mädchen aus den Augen. Sie rannte weiter geradeaus, bis sich vor ihr ein paar Zweige bewegten und ein dumpfes Pong ertönte. Octavia stürmte durch das Buschwerk. Dahinter lag ein flacher Hügel mit einem Springbrunnen und einem griechischen Standbild. Keine Spur von dem Wolfsmädchen. Sie suchte hinter der Statue. Nichts.
Dann entdeckte sie einen Kanaldeckel im Kopfsteinpflaster. Sie hatte Geschichten von Männern gehört, die unter der Stadt in der Kanalisation arbeiteten und verstopfte Abwasserkanäle reinigten. Das war nicht unbedingt der Ort, wo man eine Tasse Tee trinken wollte, aber als Versteck musste es ideal sein.
Octavia beugte sich vor, griff nach der Deckelkante und stemmte die FüÃe fest in den Boden, trotzdem gelang es ihr lediglich, den Deckel ein paar Zentimeter anzuheben, bevor sie ihn mit einem lauten Klappern wieder fallen lassen musste. Es war völlig undenkbar, dass Ester ihn hochgehievt hatte. Octavia fand einen dicken Ast. Doch kaum war es ihr gelungen, den Deckel hochzustemmen, zerbrach der Ast. Ester konnte sich unmöglich da unten versteckt haben.
Allerdings erinnerte sie sich daran, wie Ester sie durch den Keller geschleudert
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