Mission Erfolg - Meine Vision mein Plan mein Weg
Punkten zurück.
»Leute, die Türken wollen uns fertigmachen. Die wollen in unsere Köpfe. Teils sind sie schon drin. Wollen wir uns wirklich von denen vernichten lassen? Wir? Von denen? Niemals! Die haben auch Eier, die wehtun. Den Spieß drehen wir um.« Und dann sagte ich, weil es auf Englisch einfach wirkungsvoller und prägnanter klingt: »They are fucking with the wrong crowd.« (»Die legen sich mit den Falschen an.«) Von da an hatten die Türken keine Chance mehr. Dirk bombardierte sie nur so mit Dreiern. In zehn Minuten machte er insgesamt 14 Punkte. Und nach jedem Korb lachte er seinen Gegner einfach aus. Wie bei einer Leuchtreklame stand dann in seinem Gesicht geschrieben: »Na und, foul mich doch. Ich treffe trotzdem, wie ich will, du Pfeife.«
Anschließend schlugen wir im Viertelfinale die Slowenen und standen dann im Halbfinale gegen Spanien. Ausgerechnet gegen die Mannschaft, die uns während der Vorbereitung beim Turnier in Valencia noch mit 68:75 verprügelt hatte.
20 Sekunden vor dem Ende führten wir mit 72:71. Ballbesitz Spanien. Juan Carlos Navarro zieht zum Korb, trifft. Spanien hat es in der Hand, liegt 73:72 vorne. Noch 15 Sekunden. Pascal Roller dribbelt nach vorne, spielt Nowitzki auf dem linken Flügel an. Noch acht Sekunden. Nowitzki dribbelt. Einmal, zweimal, dreimal. Fünf Sekunden. Körpertäuschung nach links, Wurf. Drin. Wir führen 74:73. Auszeit Spanien. 18 000 Zuschauer stehen in der Belgrader Halle. Noch 3,9 Sekunden. José Calderón hat den Ball. Unerbittlich läuft die Uhr runter. Er wirft, der Ball prallt gegen das Brett. Aus, vorbei. Wir sind im Finale! Am Fernsehen überschlägt sich TV-Kommentator Frank Buschmann: »Wahnsinn! Irre! Der Traum geht weiter! Das ist ein Basketballmärchen. Das ist eine geile Mannschaft!«
Am Abend vor einem Finale lassen wir Trainer die Spieler in der Regel komplett in Ruhe. Es würde nichts bringen, von Zimmer zu Zimmer zu rennen und Einzelgespräche zu führen. Dieses Gespür sollte man als Trainer haben. Es sagt dir: Am Vorabend eines großen Finales wirst du einfach nicht mehr gebraucht. Jeder weiß auch so, was auf dem Spiel steht. Meine wichtigste Aufgabe vor diesem EM-Endspiel war es daher, Ruhe auszustrahlen. Ich durfte nicht rumhampeln, vor Nervosität fast platzend auf und ab rennen. Ich musste auf die Jungs beruhigend wirken, was schwieriger ist, als man vielleicht denken mag.
Beim Aufwärmen unmittelbar vor Spielbeginn bin ich eigentlich nie dabei. Auch nicht an diesem 25. September 2005. In den letzten Minuten vor dem Spiel gönne ich mir selbst noch mal Ruhe, schaue mir notierte Spielzüge noch einmal an, schreibe sie erneut auf einen Schmierzettel, damit ich sie auch ganz sicher im Kopf abgespeichert habe. Das ist ein wenig so wie früher in der Schule vor Klausuren. Da habe ich mir auch Spickzettel geschrieben – aber nicht, um sie während der Arbeit rauszuholen. Wenn ich die Mathe-Formeln kurz vorher noch mal aufgeschrieben hatte, waren sie in meinem Gehirn drin. Und so mache ich es heute noch. Normalerweise rennen in dieser Phase immer ein, zwei Spieler auf die Toilette. Manche, weil sie keine Lust haben, sich fast eine halbe Stunde aufzuwärmen. Manche aus Gewohnheit. Aber vor dem Finale gegen Griechenland ging es in unserer Kabine zu wie auf dem Kölner Karneval. Im Minutentakt kamen die Jungs rein, manche gingen drei-, viermal auf Toilette, so nervös waren sie.
Auch in solch einer Phase braucht kein Spieler eine lange Ansprache. Da würde er sowieso nicht zuhören. Ich musste deshalb meinen Jungs nicht sagen, dass »heute der richtige Tag ist, um Geschichte zu schreiben«. Ich musste ihnen nicht verdeutlichen, dass sie heute Sensationelles schaffen könnten. Das alles wussten sie ohnehin. Ich erinnerte sie nur noch einmal daran, was für ein unglaubliches Turnier sie gespielt haben. Dass wir uns vor nichts und niemandem fürchten müssten. Und erinnerte sie an das Halbfinale, als wir die starken Spanier besiegten. Sie sollten einfach ein gutes Gefühl haben.
Doch zu einem weiteren Wunder waren wir leider nicht in der Lage. Die Griechen, das muss man neidlos anerkennen, waren unschlagbar. Wir starteten schwach, lagen am Ende des ersten Viertels mit 12:19 zurück. Zur Halbzeit waren es immer noch sieben Zähler Rückstand. Die Mannschaft war platt, ausgelaugt. Unsere Defensive schwächelte, hinzu kamen unnötige Fehler im Aufbau. Nach dem dritten Viertel war die Partie praktisch schon entschieden. 16 Punkte lagen
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