Mission Erfolg - Meine Vision mein Plan mein Weg
Spielen teilnehmen wollte. Er probierte es im Judo, Volleyball und Pferdesport – überall vergebens – und schließlich im Skispringen, was von keinem anderen britischen Sportler ausgeübt wurde. Tatsächlich schaffte er es, sich für Calgary zu qualifizieren, weil er bei der nordischen Ski-Weltmeisterschaft 1987 in Oberstdorf zwar den letzten Platz, aber gleichzeitig auch den britischen Rekord mit 73,5 Metern aufstellte. Neun Kilo schwerer als der schwerste Kontrahent und mit einer dicken Brille, die immer beschlug, erfüllte er sich seinen Traum von Olympia und wurde Kult. Es waren nur kurze Sequenzen, maximal drei Minuten, dann sagte ich: »Olympia ist etwas Wunderbares. Wir alle haben das noch nie erlebt. Ich will dahin. Ihr wollt dahin. Wir haben es in der Hand. Für Olympia. Los jetzt!«
Ordentlicher Auftakt von uns. Nur die Dreier wollten nicht fallen. Keiner von unseren ersten zehn Versuchen fiel ins Netz. Aber wir schufteten hart, sammelten deutlich mehr Rebounds als die Italiener und gewannen das Nervenspiel letztlich 67:58. Zwar verloren wir erwartungsgemäß das anschließende Viertelfinale gegen Spanien, wurden aber dank zweier weiterer Siege gegen Slowenien und Kroatien Fünfter. Und durften weiter von Olympia träumen. Dafür mussten wir allerdings noch eine weitere hohe Hürde nehmen: das Qualifikationsturnier in Athen, das im Juli 2008 stattfand. Zwölf Teilnehmer, drei kommen weiter. Die beiden Finalisten sowie der Dritte des Turniers.
Dirk war besessen davon, einmal Olympia zu erleben. »Ich habe fast überall auf der Welt Basketball gespielt, nur nicht bei den Olympischen Spielen. Deshalb ist es vielleicht die sportlich für mich wichtigste Woche in meiner Karriere«, sagte er im Vorfeld des Athener Turniers und verzichtete auf Urlaub. Stattdessen absolvierte er mit Holger Geschwindner seit Anfang Juni in Würzburg und Rattelsdorf bei Bamberg ein Einzeltraining: Würfe aus allen Lagen, mit der rechten und linken Hand, Schrittfolgen zum Korb und Übungen für die Sprungkraft. Dirk verzichtete sogar darauf, während dieser Zeit die NBA-Finalspiele zwischen den Los Angeles Lakers und den Boston Celtics mitten in der Nacht zu schauen, weil ihm Schlaf und Regeneration wichtiger waren. Dreimal täglich, insgesamt sechs Stunden, schuftete er zusätzlich für seinen großen Traum. »Die Atmosphäre im olympischen Dorf, das gemeinsame Essen mit anderen Sportlern, das kenne ich ja so nicht. Ich höre immer gerne zu, wenn unser Co-Trainer Hansi Gnad von den Olympischen Spielen 1992 erzählt.« Konzentriert spulte Dirk sein Programm ab. Im Halbkreis bewegte er sich um den Korb. Mal machte er einen tiefen Ausfallschritt, mal eine 360-Grad-Drehung, mal warf er nur auf dem linken, mal nur auf dem rechten Bein stehend. Froschsprünge, Würfe aus der Hocke. Er machte Übungen, die in keinem Lehrbuch stehen. Verantwortlich dafür war und ist Holger Geschwindner. 1972 hatte er die deutsche Olympiamannschaft als Kapitän angeführt, später Mathematik studiert. Dirk nennt ihn »nutty professor«, verrückten Professor. Für mich ist er Dirks »guter Geist«, der ihn väterlich betreut, ihn aufbaut, der aber auch mal böse sein kann, der fordert, der kritisiert. Mir gefällt es, wie die beiden stetig an Dirks Entwicklung arbeiten, wie sie immer mehr trainieren als die anderen, nie satt sind. Dirk und Holger sind ebenfalls 24/7. Alles für den Erfolg, alles für Olympia – so lautete Dirks Motto. Das spürte man, wenn man mit ihm sprach, ihn beobachtete. »Ich will einen Schokoriegel in der Mensa des olympischen Dorfs essen« – sein Vorsatz verbot der Mannschaft regelrecht, die Qualifikation zu vermasseln. Ich selbst sah mich in Gedanken schon mit dem Strohhut bei der Eröffnungsfeier ins Olympiastadion von Peking einlaufen. Wir brauchten diesmal keinen Motivationsfilm. Wir waren heiß, jeder wusste, worum es ging. Der Zusatzschuss in den Arm war nicht nötig.
Mit zwölf Mann wollten wir nach Athen reisen. Das bedeutete, dass ein Spieler nach dem letzten Test gegen Kanada in Mannheim seinen Platz für den NBA-Star Chris Kaman räumen musste – Chris’ Urgroßeltern waren im Ersten Weltkrieg nach Amerika ausgewandert, sodass wir den Center der Los Angeles Clippers dank dieser Wurzeln für die deutsche Nationalmannschaft gewinnen konnten. Doch einen Spieler so knapp vor dem Turnier aus der Mannschaft zu schmeißen wäre unfair gewesen. Ich suchte daher das Gespräch mit Gordon Geib, der für Chris das Feld
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