Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mission Erfolg - Meine Vision mein Plan mein Weg

Mission Erfolg - Meine Vision mein Plan mein Weg

Titel: Mission Erfolg - Meine Vision mein Plan mein Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Bauermann
Vom Netzwerk:
die Griechen vorne (64:48), schier aussichtslos. Am Ende hieß es 78:62 für Griechenland.
    Natürlich war die Enttäuschung zunächst groß. Wenn man in einem Finale steht, will man es auch gewinnen. Aber nach zehn Minuten wurde uns allen klar, was wir Außergewöhnliches geleistet hatten. Wir hatten Silber gewonnen, nicht Gold verloren. Als wir die Medaillen überreicht bekamen, platzten die Jungs fast vor Stolz. Sie genossen ihre Trophäe. Ich habe auch schon Mannschaften gesehen, die so enttäuscht waren, dass sie sich weigerten, Silber überhaupt anzunehmen. Sie empfanden es als Zeichen der Demütigung und wollten die Medaillen auf keinen Fall um den Hals hängen haben. Aber wir freuten uns. Eine Mannschaft, der kaum einer das Überstehen der Vorrunde zugetraut hatte, war aus der Hölle bis fast in den Basketballhimmel aufgestiegen. Nur die griechischen Götter waren am Ende eine Nummer zu mächtig.
    Unsere Risikotaktik, in Manier eines Sebastian Vettel auf die Kurve zuzurasen, obwohl dahinter der Abgrund wartet, war aufgegangen. Wir waren nicht aus der Kurve geflogen. Der Teufel im Geschwindigkeitsrausch war beinahe Ideallinie gefahren. Als wir mit dem Bus aus der Halle zu unserem Hotel fuhren, kochte die Stimmung über. Alkohol floss, Zigarren wurden geraucht, die Spieler sangen und jubelten. Als die Lieder zu schmuddelig wurden, griff ich mir das Busmikrofon und stimmte die Nationalhymne an. Krumm und schief grölte ich – egal, wer Silber bei einer Europameisterschaft holt, darf so singen.
    Als Trainer geht es darum, immer Lösungen parat zu haben. Es geht darum, einer Mannschaft den richtigen Weg aufzuzeigen. Hätte ich nach der Niederlage gegen Italien nicht diesen Pflock geschlagen und ihr deutlich die Rollenverteilung zu verstehen gegeben, wären wir sehr wahrscheinlich als chaotischer, unstrukturierter Hühnerhaufen durchs Turnier geschaukelt. Hätten wir zugelassen, dass im »elimination game« die Türken noch weiter in unsere Köpfe eingedrungen wären, wären wir als Verlierer abgereist.
    Meine Führungsaufgabe beinhaltet auch, mein Team nicht in der Frustration verharren zu lassen. Selbst wenn die Frustration am größten ist, muss ich den Silberstreif am Horizont sehen und nicht die große Dunkelheit. So wie nach der Europameisterschaft 2007. Viele Leute glaubten damals, dass wir, weil wir 2005 die Silbermedaille geholt hatten, zwangsläufig und automatisch nun Gold holen müssten. Dass der zweite Platz bei der vorangegangenen EM so überraschend war, wie wenn Hannover 96 im Fußball Zweiter in der Bundesliga wird, interessierte niemanden. Unsere wahre Leistungsfähigkeit wurde ignoriert. Zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit lagen Welten. Und das sage ich nicht, um unser Abschneiden zu beschönigen.
    Zehn Tage bereiteten wir uns auf Mallorca vor, testeten gegen Österreich, die Slowakei und China. Dirk Nowitzki hatte in Dallas eine herausragende Saison gespielt und war zum wertvollsten Spieler der Saison gewählt worden. Allerdings waren die Mavericks in der ersten Runde der Play-offs ausgeschieden. Zwei Monate basketballfreie Zeit – so viel wie noch nie in Dirks NBA-Karriere. Fünf Wochen hatte er davon in Australien verbracht, hatte mit seinem Privattrainer Holger Geschwindner abgespannt.
    Die Generalprobe vor der EM verpatzten wir mit 56:72 gegen Spanien. Die Stimmung war gereizt. Kleinigkeiten reichten aus, um sie ganz in den Keller rauschen zu lassen. Zur Auflockerung beendete ich eine Trainingseinheit mit einem Wettschießen aus über zehn Metern. 100 Euro von mir, 100 Euro von Wolfgang Brenscheidt, unserem Sportdirektor, und weitere 100 Euro von Ingo-Rolf Weiß, unserem Präsidenten. Johlend stellten sich die Jungs auf. Kein Treffer im ersten Durchgang. Dann war Mithat Demirel erneut an der Reihe. Der Ball tippte auf, zweimal, dann warf er und traf. Ausgerechnet Mithat, der zu dieser Zeit gerade ohne Verein war. »Gib aber nicht alles auf einmal aus«, riefen die einen. »Jetzt kannst du dir ja doch noch ein Abendessen kaufen«, die anderen. Die Stimmung war gerettet. Es konnte losgehen – auch wenn uns allen klar war, dass die Wahrscheinlichkeit, einen der ersten drei Plätze zu belegen und sich somit direkt für die Olympischen Spiele zu qualifizieren, sehr gering war. Mathematisch gesprochen, lag sie nicht mal bei fünf Prozent. Das aber sagte ich so deutlich natürlich niemandem. Denn: Ohne große Ziele kann man nichts Großes erreichen. Davon bin ich überzeugt. Aber ebenso war

Weitere Kostenlose Bücher