Mission Erfolg - Meine Vision mein Plan mein Weg
Außenlinie, hüpft irgendwie mit links ab und wirft in hohem Bogen Richtung Korb. Haltung: eigentlich schlecht. Wurfbahn: eher ungewöhnlich. Mein Glaube, dass der Ball reingeht: gering. Doch Jaglas Ding passt. Drei Punkte für uns. Ein Knock-out für die Serben, ein Treffer mit niederschmetternder Wirkung, ein heroischer Sieg. Vor allem auch deshalb, weil die Spieler nun wussten, dass sie auch ohne Dirk Nowitzki gegen die Großen gewinnen können.
Beflügelt von diesem Sieg, wollten wir auch die Australier schlagen, den nächsten Schritt in unserem Reifeprozess tun. Doch nach dem glanzvollen Sieg vom Sonntag erlebten wir einen schwarzen Montag. 43:78 – nach der Galavorstellung vom Vortag überkam uns das Grauen. Immer wieder rief ich, dass sie aufwachen sollen. »Ihr müsst nur so spielen wie die letzten beiden Tage.« Aber ich konnte machen, was ich wollte. Der Tank war leer, die Köpfe blockiert. Diszipliniert hatten wir die Serben kontrolliert, aber in den letzten Spielen zu viel Energie gelassen. Unsere Würfe gingen überallhin, doch nur selten in den Korb. Sieben Punkte im ersten Viertel, 13 im zweiten. Unsere Trefferquote pendelte zwischen 19 und 27 Prozent. Indiskutabel. Das Unglaubliche des Vortags war in den Köpfen dieser jungen Spieler auch offenkundig noch nicht verarbeitet. So etwas passiert jedem Menschen in einem Reifeprozess. Das ist bitter, aber es passiert.
Nach zwei sehr guten Spielen und einem schwachen mussten wir anschließend den zehnfachen Afrikameister aus Angola schlagen. Zur Pause führten die Afrikaner mit fünf Punkten, nach dem Seitenwechsel schnell mit zehn. Unser Rhythmus passte überhaupt nicht zum Spiel. Wir probierten Würfe, die wir nicht hätten nehmen dürfen. Wir verloren Bälle, die wir nie hätten verlieren dürfen. Und unsere Verteidigung war keine. Kurz, wir waren dem nervlichen Druck dieses Entscheidungsspiels nicht gewachsen. Doch egal, wie groß das Nervenflattern auch war, wir hörten nicht auf zu kämpfen. Wir blieben geduldig. Und schafften kurz vor dem Ende sogar die zwischenzeitliche Führung. Doch abermals ließen uns unsere Nerven im Stich und wir verloren nach Verlängerung. Zweimal war damit bei dieser WM der Sieg zum Greifen nahe gewesen, aber wir waren raus aus dem Turnier. Durch eigene Fehler, Unerfahrenheit, aber auch großes Pech. Angola hatte Körbe erzielt, die nie hätten welche werden dürfen. Da waren Würfe dabei, die genauso unwahrscheinlich sind wie die Vorstellung, dass Arjen Robben, ohne Zweifel mit einem brillanten linken Fuß gesegnet, plötzlich mit rechts aus 40 Metern Entfernung trifft.
Als ich nach dem Spiel in die Kabine trat, herrschte Totenstille. Gesenkte Köpfe. Erschöpfte, in sich zusammengesunkene Menschen. Ihre Gesichter versteckten sie unter Handtüchern. Nach dem verlorenen EM-Finale 2005 hatte ich niemanden mehr weinen gesehen. Nach diesem Scheitern liefen bei fast allen die Tränen. Eigentlich ist es, wie gesagt, als Trainer meine wichtigste Aufgabe, meinen Spielern immer Lösungen zu präsentieren. Ich muss meiner Mannschaft den richtigen Weg aufzeigen. Aber in diesem Moment wusste ich selbst nicht, was ich hätte sagen sollen. Natürlich darf ich mein Team nicht in Frustration versinken lassen. Selbst dann, wenn die Enttäuschung riesig ist, muss ich den Silberstreif am Horizont sehen und nicht die große Dunkelheit. Aber es gibt Situationen, in denen es nichts zu sagen gibt. Wo keiner die Geschichte vom Silberstreif hören will, weil man sie einfach nicht ertragen kann. In solchen Momenten muss man das Team mit seiner Wut und Trauer alleine lassen. Wäre ich sofort in die Kabine geplatzt und hätte zu reden angefangen, wäre die Gefahr, Dinge zu sagen, die ich später bereut hätte, groß gewesen. Ich hätte mir allenfalls meinen Frust von der Seele geredet, meine Wut und Enttäuschung verarbeitet, mich auf Kosten der anderen selbst therapiert. So etwas kann verheerend enden. Auch das muss ein Trainer wissen: Manchmal gibt es nichts zu sagen.
Ich ließ also die Jungs in Ruhe, musste mich ohnehin der Presse stellen. Aber selbst als ich nach einer halben Stunde wiederkam, saßen sie noch immer zusammengekauert auf ihren Plätzen und schluchzten in ihre Handtücher. Da begriff ich erst richtig, wie wertvoll diese Jungs noch sein würden. Ihre Trauer zeigte mir, wie sehr sie unter der Schmach der Niederlage litten. Das war ein wunderbares Zeichen, denn es sagte mir, dass sie verstanden hatten, worum es ging. Also sagte
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