Mission Erfolg - Meine Vision mein Plan mein Weg
der Weltmeisterschaft in Kroatien gerade noch so gelungen. Wenige Sekunden vor dem Ende lagen die Deutschen 24:25 gegen Norwegen zurück – es ging um den vorzeitigen Einzug ins Halbfinale. Foul, der Ball rollte ins Aus. So sah es jedenfalls für mich aus. Christian Schöne warf den Ball sofort nach vorne. Die letzte Chance für einen Angriff und den Ausgleich. Doch die slowenischen Schiedsrichter pfiffen ihn zurück. Angeblich hatte er falsch gestanden. Die Uhr lief weiter. Sekunde um Sekunde verstrich. Schöne warf den Ball erneut nach vorne. Wieder pfiff der Schiedsrichter ihn zurück, diesmal zeigte er an, es handele sich nicht um einen Freiwurf, sondern um einen Einwurf. Gnadenlos verstrichen weitere Sekunden. Schöne musste den Ball also ein drittes Mal werfen. Da waren noch zwei Sekunden zu spielen, es war zu spät, die Schlusssirene ertönte. Dreisteste Schiebung. Das war selbst für einen abgebrühten Menschen wie Heiner Brand, der gelernt hatte, mit den Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern zu leben, zu viel. »Er gestikulierte wie ein Gebärdendolmetscher auf Speed«, hieß es in den Darstellungen der Medien. »Er wirkte wie eine Mischung aus Waldschrat und Straßenkämpfer«, schrieb die Presse. Oder: »Die Halsschlagader stand kurz vor dem Platzen, die Augen waren weit aufgerissen. Dieser Heiner Brand sah nun nicht mehr aus wie Heiner Brand. Danach schlich er hinter den Unparteiischen her wie ein Panther auf Beutezug.« Von den 9,8 Millionen Menschen, die dieses Ende in Deutschland am Fernseher verfolgten, werden wohl alle gedacht haben: Jetzt brät der Brand den Idioten-Schiedsrichtern eine über.
Er hat es nicht. Und erklärte hinterher: »Das war ein Ausdruck meiner Ohnmacht über die Entscheidung, die ich nicht nachvollziehen kann, weil der Ball nie im Aus war. Ich habe aber noch nie jemanden geschlagen. Ich war nur zornig, wollte mich abreagieren. Ich verabscheue Gewalt. Außerdem ist in meinem Alter die Kraft der rechten Geraden nicht mehr so stark, dass sie Wirkung erzielen würde. Als ich mir die Bilder angeschaut habe, war ich richtig erschrocken.«
Der gleichen Worte bediente sich auch BVB-Trainer Jürgen Klopp. Er sei schockiert gewesen, als er seinen Auftritt am nächsten Tag gesehen habe. Nachdem Schiedsrichter Deniz Aytekin in der Meistersaison 2010/2011 von Dortmund ein Foul des Hamburgers Zé Roberto an Mario Götze ungeahndet ließ, war Klopp ausgerastet, auf den vierten Offiziellen Stefan Trautmann zugerannt und hatte ihm den Schirm seiner BVB-Kappe ins Gesicht gedrückt. Cholerisch, das Drumherum vergessend, mit einer beängstigenden Wut in den Augen. Er sei »ein Idiot« gewesen, gestand Klopp hinterher.
Grundsätzlich kann ich alle drei verstehen. Ausraster von Führungspersönlichkeiten kommen immer wieder vor. Wenn man die Nummer eins sein will, braucht man mehr Feuer als alle anderen. Man fordert mehr, man verlangt mehr von sich. Wie gesagt: Ich bin 24/7 – mein Arbeitgeber kann sich immer darauf verlassen, dass er harte Arbeit von mir bekommt. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Ich gehe über meine Grenzen, verlasse meine Komfortzone. Und diesen Anspruch habe ich auch an mein Umfeld. Doch ebendieser unbedingte Wille, nie die Nummer zwei sein zu wollen, kann sich manchmal gegen einen selbst wenden. Dann kommt die Ohnmacht. Dann reicht es schon aus, ungerecht vom Schiedsrichter behandelt zu werden, und man verbrennt sich am eigenen Feuer. Jeder hat eine dunkle Seite. Und bei Menschen, die einen unbedingten Willen haben, kann es eben auch besonders heftig in die andere Richtung umschlagen. Denn jede Medaille hat zwei Seiten. Und ohne die dunkle Seite gäbe es auch keine gute, keine helle Seite. Deshalb darf man diese Überreaktionen von Jürgen Klopp, Roger Federer oder Heiner Brand auch nie in den falschen Hals bekommen. Natürlich sind wir Personen der Öffentlichkeit, die eine Vorbildfunktion haben. Natürlich dürfen uns solche Fauxpas eigentlich nicht passieren. Aber man muss sie uns auch verzeihen. Sie sind vielmehr auch ein Beweis dafür, wie ernst wir unseren Job nehmen und mit wie viel Leidenschaft und Energie wir uns engagieren. Sie sind Ausdruck unseres Willens, die Nummer eins zu sein.
Im normalen Leben kann ich gut verlieren. Im Basketball nicht. Früher, noch zu Leverkusener Zeiten, reagierte ich noch viel extremer. Da habe ich regelrecht gewütet. Böse gewütet. Da flogen Trinkflaschen durch die Kabine. Einmal habe ich sogar in der Halle meinen Trainerstuhl
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