Mission Erfolg - Meine Vision mein Plan mein Weg
wir in keinem Spiel eine Chance gehabt. Im WM-Viertelfinale 2006 hieß es 65:85. Bei der WM 2002 87:104 und bei Olympia 1992 in Barcelona sogar 68:111. Wenige Tage zuvor hatten die USA Weltmeister Spanien mit einer 35-Punkte-Packung aus dem Wukesong-Stadion gefegt.
Nun waren wir dran. Für den ersten Punkt ließen sich die US-Jungs gerade mal zwei Sekunden Zeit. Als sie mit uns fertig waren, hieß es 106:57 für die Startruppe. Sie führte uns ganz böse vor. Das tat schon sehr weh. Wir hätten uns besser verkaufen, mehr dagegenhalten müssen. Aber wir agierten wie in Schockstarre. Die Amerikaner hatten es tatsächlich geschafft, den Teamgeist über das Ego zu stellen. Die Superstars hatten ihre Nasen nicht mehr in der Luft, die Zeit der One-Man-Shows war vorbei. So wurden sie auch Olympiasieger – und wir erlebten gegen das neu formierte Dreamteam unseren Albtraum.
Aber auch wenn Olympia in sportlicher Hinsicht für das deutsche Basketballteam eher enttäuschend war, so war es eine Erfahrung, die ich niemals missen möchte. Wir alle sind daran gewachsen. Wir alle haben Gespräche geführt und Begegnungen gehabt, an die wir uns ein Leben lang erinnern werden. Wann immer man sich quält, nach nur wenigen Stunden Schlaf die nächste Spielvorbereitung vornimmt – immer dann, wenn es einmal vielleicht ein bisschen schwerer fällt, sich zu motivieren, denke ich auch an diesen Höhepunkt zurück. Für solche unglaublichen Momente ist man Profi. Dafür arbeitet man härter, intensiver und engagierter als viele andere Menschen. Olympia war also, wie wir es uns vorher ausgemalt hatten – schlechtes Essen, unbeschreibliche Momente und viel Gänsehaut. Und es war auch der vorerst letzte Auftritt von Dirk Nowitzki und Chris Kaman im Nationalmannschaftsoutfit. Sie spielten weder bei der Europameisterschaft 2009 in Polen noch bei der Weltmeisterschaft ein Jahr später in der Türkei. Keiner konnte sich mehr hinter unserem 2,13-Meter-Mann verstecken. Jeder musste beweisen, ob er der Herausforderung gewachsen war. Neben Dirk und Chris traten auch die Schlachtrösser Sven Schultze und Patrick Femerling nur noch bei der Europameisterschaft 2009 an. Die Oldies waren fortan Demond Greene (31), Steffen Hamann und Jan Jagla (beide 29). Ansonsten war der Kern des Teams nicht älter als 22 Jahre.
So reisten wir 2010 mit der jüngsten Nationalmannschaft aller Zeiten zur WM in die Türkei. Ein unerfahrener, aber auch unberechenbarer Haufen, von dem man nicht zu viel erwarten konnte, der aber ein unglaubliches Herz und eine große Leidenschaft hatte. Nur die ersten vier der vier Sechsergruppen rückten in die K.-o.-Runde vor. Allein der Einzug ins Achtelfinale wäre schon ein Erfolg.
Doch gleich zum Auftakt musste unsere unerfahrene Mannschaft gegen die Argentinier eine 74:78-Niederlage hinnehmen. Wir spielten lange unbekümmert mit und boten den mit drei NBA-Profis angetretenen Südamerikanern lange Paroli. Wir hatten Argentinien sogar zehn Sekunden vor dem Ende am Rande einer Niederlage. Doch beim Stand von 74:75 leisteten wir uns einen unnötigen Ballverlust, der Argentinien letztlich den Sieg bescherte. Ein tolles Spiel, in dem wir uns selbst um den Lohn gebracht hatten. Aber immerhin hatte das Selbstvertrauen der Jungs darunter nicht gelitten. »Mit einer solchen Leistung brauchen wir uns vor keinem Gegner der Welt zu verstecken«, meinte Steffen Hamann, unser Kapitän. Und Jan Jagla fügte hinzu: »Wir können mit breiter Brust in die restlichen Gruppenspiele gehen.« Selbst Argentiniens NBA-Star Luis Scola zeigte sich nach dem Spiel beeindruckt: »Die Deutschen haben ein starkes Team. Mit ihnen wird hier zu rechnen sein.«
Mit dem Selbstvertrauen gingen wir auch ins zweite Spiel. Ausgerechnet gegen den Vize-Europameister Serbien. Und dieses Mal konnten wir – anders als im Argentinien-Spiel – unser Niveau über das gesamte Spiel halten. Selbst eine Augenverletzung von Steffen Hamann brachte uns nicht aus dem Rhythmus. Bis 22 Sekunden vor dem Ende führten wir. Dann erzielte Aleksandar Rasic mit einem Dreier den Ausgleich. Verlängerung. 73:73, nur noch wenige Sekunden.
Steffen zieht zum Korb, wird klar gefoult. Aber der Schiedsrichter verweigert einen Freiwurf. Fehlentscheidung. Trotzdem spielen wir weiter stark. Eine dramatische Begegnung. Unser erkämpfter Vorsprung schmilzt wieder. Noch 63 Sekunden. Jan Jagla bekommt den Ball, muss werfen, weil unsere Angriffszeit abgelaufen ist. Bedrängt von zwei Serben, steht er an der
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