Mission Eureka
»Mehr Zeit kann ich ihnen nicht
geben.«
»Fünf Minuten?« sagte Ferrara und zog die
Augenbrauen hoch. »Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, daà ich den
weiten Weg hierher ausschlieÃlich aus dem Grund zurückgelegt habe, Sie
zu einem reichen Mann zu machen.«
Das reichte
Petrinelli. Er war mit seiner Geduld am Ende. Mit ein paar Schritten
war er bei der Tür, rià sie auf und schnarrte »Raus!«
Ferrara machte keine Anstalten, der Aufforderung nachzukommen.
»Ich sagte âºRausâ¹!« wiederholte Petrinelli, im Ton noch eine Spur schärfer.
»Pssst!«
sagte Ferrara und schüttelte tadelnd den Kopf. »Wir wollen doch Ihre
Frau Mutter nicht beunruhigen!« Und er wuÃte sofort, daà Padolini recht
gehabt und daà der Bluff funktioniert hatte, als Petrinelli automatisch
den Blick nach oben wandte. »Was hat meine Mutter damit zu tun?« fragte
er stirnrunzelnd.
»Nicht das geringste.« Ferraras Lächeln wurde noch eine Spur öliger. »Das heiÃt, noch nicht â¦Â«
»Erpressung also â¦Â«
»Aber
wo denken Sie hin!« rief Ferrara in einem Tön tiefster Entrüstung. »Ich
möchte mich lediglich mit Ihnen über Concourt und sein neues Projekt
unterhalten. Wir wissen beide, was es ist.«
»Ich weiÃ, was es ist. Sie haben nicht den leisesten Schimmer. Und jetzt raus mit Ihnen, bevor ich Sie vor die Tür setze!«
Ferrara
lieà sich mit aufreizender Lässigkeit in einem der Sessel nieder. »Ich
befürchte, wir werden wohl doch auf Ihre Mutter zurückkommen müssen.«
Petrinelli
ging langsam auf ihn zu, sah ihn an und sagte mit mühsam beherrschter
Stimme: »Was reden Sie da dauernd von meiner Mutter?«
»Eine
reizende Frau«, sagte Ferrara mit einem höhnischen Grinsen. »Hat immer
eine gute Figur in der feinen Gesellschaft gemacht. Zu schade, daà sie
eine Giftmörderin ist.«
Petrinellis Blick glitt zur
Wand. Ãber dem Kamin hingen zwei Säbel. Die gekreuzten Klingen
schimmerten in der Morgensonne. Ferrara folgte seinem Blick; sein
Lächeln verschwand schlagartig. »Natürlich«, sagte er. »Früher, in den
guten alten Zeiten, hätte ein Mann von Welt ein Problem wie mich auf
diese Weise gelöst.« Er deutete mit dem Kinn auf die Säbel. »Aber die
guten alten Zeiten sind vorbei. Jetzt herrschen neue Zeiten, ich will
wissen, was Concourt vorhat. Und ich glaube nicht, daà die
Ãffentlichkeit sehr erbaut wäre, wenn sie erführe, daà der
Generalsekretär einer europäischen Institution seine für tot erklärte
Mutter versteckt hält, eingesperrt hinter Gittern, eine Frau, die einen
Giftmord begangen hat.«
Er stand auf und ging zur Tür.
»Seien Sie versichert, mein lieber Petrinelli, nichts liegt mir ferner,
als Sie in Schwierigkeiten zu bringen. Das einzige, was ich will, ist,
mit Concourt ins Geschäft zu kommen. Und dazu brauche ich ihre Hilfe.«
Er
öffnete die Tür und ging, ein selbstzufriedenes Lächeln im Gesicht,
quer durch das Entrée zur Haustür. Er war so berauscht von dem Gedanken
an seine neuen, rosigen Zukunftsperspektiven, die sich mit diesem Coup
eröffnen würden, daà er die alte Frau, die hinter der Salontür kauerte
und mit ihren knochigen, weiÃen Fingern an ihren Haaren riÃ, überhaupt
nicht bemerkte.
22
Meike
und Inge hatten schnell festgestellt, daà es keine gute Idee war,
unangemeldet bei Swann hereinzuplatzen. Entweder knurrte er sie
mürrisch an oder, wenn er gerade in seine Arbeit vertieft war,
ignorierte sie schlicht, so als wären sie Luft. Deshalb hatten sie sich
angewöhnt, immer zuerst anzurufen und sich bei Mädler nach seiner Laune
zu erkundigen.
An diesem Morgen standen die
Vorzeichen gut. Sie brachten Kuchen mit. Die Schweiz sei berühmt für
ihre Kuchen, erklärte Inge; ob er das nicht wisse.
»Nein«, grunzte Swann.
Dafür
hatte er ihnen ausnahmsweise einmal etwas zu zeigen. Es war ein kleiner
Spielzeugroboter, der in der Ecke des Wohnzimmers stand, ein ganz
gewöhnlicher Roboter mit einem topfförmigen Kopf und groÃen, blinkenden
Augen, wie man ihn in jedem Spielzeugladen bekommt.
»Komm her, Tony«, sagte Swann zu dem Roboter.
Gehorsam
setzte dieser sich mit leisem Surren in Bewegung und kam mit eckigen
Bewegungen auf Swann zumarschiert. Als Swann »Stop« rief, blieb er
stehen. Swann warf einen
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