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Mission Eureka

Titel: Mission Eureka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: McGill Gordon
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Manier eines Touristenführers
eine weitschweifende Geste mit dem rechten Arm. »Vor hundert Jahren
wäre dies mein Zuhause gewesen. Meine Frau war eine Foscari. Die
Familie verkaufte das Haus 1952 als Bürogebäude. Jetzt arbeite ich hier
als Angestellter. Eine Ironie des Schicksals, finden Sie nicht auch?«
    Sie
hatten den untersten Treppenabsatz erreicht, und Altenburg sah ihn mit
gereiztem, ungeduldigem Blick an. »Wovon reden Sie überhaupt?«
    Â»Man muß das Leben so nehmen, wie es ist«, sagte Petrinelli. »Oder man geht unter. Verstehen Sie?«
    Â»Ist das eine Drohung?«
    Petrinelli lachte. »O nein. Das ist keine Drohung, mein lieber Freund. Das ist eine Tatsache.«
    Altenburg
erwiderte nichts. Er drehte sich einfach um und ging hinaus. Petrinelli
sah ihm nach. Das Problem mit wissenschaftlichen Genies, dachte er,
war, daß sie, wie Priester, über den Dingen dieser Welt schwebten; dann
wandte er sich um und ging zurück zur Treppe. Es war nicht allzu
schwierig gewesen. Jetzt konnte er Thomas Altenburg getrost vergessen,
denn er würde nie wieder etwas von ihm sehen oder hören.
    Als
Thomas Altenburg Giovanna beim Einschenken des Weins zuschaute,
beneidete er die Menschen, die von Augenblick zu Augenblick lebten. Es
gab Leute, die konnten ihre Sorgen vergessen, wann immer sie wollten;
sie gaben sich eine Art seelische Betäubungsspritze, die sie in die
Lage versetzte, mitten im größten Kummer und Schmerz wenigstens
zeitweilig locker und fröhlich zu sein. Solche Menschen existierten. Er
hatte zumindest von ihnen gehört, wenn er auch selbst noch keinen
kennengelernt hatte, und jetzt, in diesem Moment, beneidete er sie.
    Die
Abendluft war warm; Giovanna hatte auf der Terrasse gedeckt: Kalbsleber
mit Spinat, dazu eine Flasche Barolo. Giovanna sah im Kerzenschein
hinreißend aus â€“ er dagegen fühlte sich elend. Sie hatten wenig
miteinander gesprochen, sich lediglich umarmt und ein paar belanglose
Nettigkeiten beim Sherry ausgetauscht. Giovanna hatte während des
Essens geschwiegen. Sie hatte seine Stimmung gespürt und abgewartet,
ihm Zeit gelassen, bis er von selbst anfangen würde. Und als er
schließlich redete, langsam zuerst, stockend, dann schneller und mit
einem Unterton von Bitterkeit, hörte sie ihm still zu. Als sie ihn beim
Reden beobachtete, mußte sie wieder an Sex denken. Alles an Thomas
assoziierte sie irgendwie mit Sex; hatte sie bei seiner Konfrontation
mit ihrem Mann ständig das Bild eines brünstigen Hirsches vor Augen
gehabt, so war es jetzt die Art, wie er sprach: erst langsam, fast
schleppend, dann zunehmend schneller, erregter, sich immer stärker
hineinsteigernd in seinen Schmerz und seinen Zorn, bis hin zum fast
leidenschaftlichen Wutausbruch. Und jetzt saß er müde und erschöpft da,
die Ellbogen auf die Tischplatte gestützt, und nippte mit leerem Blick
an seinem Weinglas. Sie ließ ihm ein bißchen Zeit, sich zu beruhigen,
dann flüsterte sie: »Daran ist doch nichts Schlimmes.«
    Â»Warum dann noch Zeit schinden?« Seine Wut war noch immer nicht ganz verraucht. »Warum um Himmels willen nicht gleich?«
    Â»Hat Riccardo es dir nicht erklärt?«
    Â»Nein â€¦ was sollte er mir erklären?«
    Â»Nun,
er braucht möglicherweise erst einmal ein wenig Zeit, um Gespräche mit
den beteiligten Regierungen zu führen. Bevor man es offiziell weiß.«
    Â»Warum sagt er mir das nicht?«
    Sein
unschuldiger, verdutzter Gesichtsausdruck rührte sie. Es war dieses
völlige Fehlen jeglicher Falschheit, jeglicher Verschlagenheit, das sie
so anziehend fand; er war so ganz anders als ihr Mann. »Liebling, du
bist nun mal ein großes Kind«, sagte sie. »Dir steht alles im Gesicht
geschrieben, du kannst nichts für dich behalten.«
    Er
nickte. »Ich fände es wichtig, daß die ganze Sache mit einer
gewissen â€¦Â« Er suchte nach dem passenden Wort. »… einem
gewissen Anstand behandelt wird. Und nicht einfach vertuscht.«
    Sie
schaute ihn einen Moment lang an, bevor sie etwas erwiderte, und fragte
sich, ob seine Ehrlichkeit, seine verführerische Integrität, sich am
Ende nicht vielleicht noch gegen sie kehren würde, ob sie sich nicht
eines Tages noch daran stören würde, sie, die sie so ziemlich das
Gegenteil war, die an den Umgang mit zynischen Menschen gewohnt war,
sie mitunter sogar interessant und amüsant fand.

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