Mission Eureka
Thomas war eine ganz
neue Erfahrung für sie. Das Problem war nur, daà alles Neue sich allzu
rasch abnutzte. Aber für den Moment war es erst einmal wichtig, daà er
verstand. »Es wird nichts vertuscht. Und auch in Zukunft wird es nicht
geschehen.«
»Nein«, sagte er und fügte leise hinzu:
»Tut mir leid.« Sie hatte alle Vorbereitungen zu einem perfekten Abend
für sie beide getroffen, und er war auf dem besten Wege, ihn zu
verderben.
»Nicht doch, Thomas, es soll dir nichts leid tun; genieÃe einfach den Abend. Bist du nicht glücklich?«
Aha,
dachte er, sie war also eine von diesen Leuten, die einen eingebauten
Abschaltmechanismus hatten â bar jeglichen SchuldbewuÃtseins.
»Wo ist eigentlich Leo?«
»In Salzburg«, antwortete sie. »Müssen wir über ihn sprechen?«
Natürlich
nicht, sagte er zu sich selbst; was ist eigentlich los mit mir? Wenn es
nicht der Job ist, dann ist es ihr Mann â ständig und überall
Schuldgefühle â¦
»WeiÃt du, ich hatte bis jetzt
noch nie so eine Affäre; wahrscheinlich ist das der Grund, warum ich
mich ein wenig ungeschickt anstelle.«
Sie lächelte und
legte ihre Hand auf die seine. »Du weiÃt schon, wie man eine Frau
wehrlos macht, nicht wahr?« schnurrte sie. Er wuÃte nicht, ob sie sich
über ihn lustig machen wollte oder nicht, aber das spielte jetzt auch
keine Rolle. Das Essen war vergessen; ihr Bett war genau fünf Schritte
entfernt â oder vier, wenn er groÃe Schritte machte â¦
Sie
erwachte langsam, streckte tastend die Hand nach ihm aus, aber er war
nicht da. Sie schlug die Augen auf und sah ihn auf der Terrasse stehen,
barfuÃ, mit T-Shirt und Hose bekleidet. Es war immer noch dunkel, und
sie spürte sofort wieder Verlangen nach ihm. Sie rief seinen Namen. Er
drehte sich um und lächelte sie an.
»Was machst du da?« fragte sie.
»Kannst du dir das ernsthaft vorstellen, ich ohne meine Arbeit? Was sollte ich den ganzen Tag anstellen?«
Die Antwort darauf fiel ihr nicht schwer. »Mich lieben, zum Beispiel â¦Â«
»Was, die ganzen Jahre?«
Sie
lachte und strich mit langen, schlanken Fingern über die Stelle, an der
er gelegen hatte. »Du bist so romantisch. Komm her und setz dich zu
mir.«
»Nein, komm du her und sieh dir das an. Bitte.«
Sie
war nackt. Was es da mitten in der Nacht wohl zu sehen gab? Aber wenn
es ihm gefiel, den Gebieter zu spielen ⦠Sie angelte nach ihrem
Schlafmantel und schlüpfte hinein. Er lehnte an der Wand der Terrasse,
als sie zu ihm trat, und starrte hinunter auf die Dächer.
»WeiÃt
du, daà mein Vater Bäcker war?« sagte er. »Er hätte hier gestanden und
dir gesagt, wie viele Bäcker heute nacht in Rom arbeiten.«
»Woran hätte er das erkennen können?«
»Am
Kaminrauch.« Er schaute sie an, sah das überraschte Blinzeln in ihren
Augen. »Um vier Uhr früh. Sauberer, feiner Rauch.« Sie lachte und
schlang die Arme um ihn.
»Was du alles für Sachen weiÃt.«
Er
fühlte sich ihr nahe; zuerst war es nicht mehr als Lust und der Reiz
des Neuen gewesen. Jetzt begann es langsam gefährlich zu werden. Ein
Gefühl der Zuneigung war dazugekommen, beinahe unmerklich.
»Ich habe auch über uns nachgedacht«, sagte er, und sofort spürte er, wie sie sich zurückzog.
»Nein, nicht«, sagte sie. »Sprich nicht darüber.«
»Warum nicht?«
»Es ist so â¦Â« Sie schüttelte den Kopf. »⦠so zerbrechlich.«
Sie
hatte recht. Sie hatten ein Verhältnis. Nichts von Dauer. Was er
dachte, war gefährlich. Er zwang sich, das Thema zu wechseln. Der
Augenblick war vorüber.
»Das einzig Gute, was bei der
ganzen Sache herauskommen kann, wenn sie mich feuern, ist, daà mein
alter Freund Olaf Hurler den Job kriegt. Er hat es wirklich verdient.«
Sie zuckte ganz leicht in seinem Arm zusammen und wandte den Kopf ab.
»Was ist denn?«
»Er wird ihn nicht bekommen.«
»Was?«
»Leo
hat das mit Riccardo abgesprochen. Olaf wird den Posten nicht
bekommen.« Noch während sie das sagte, verfluchte sie ihre
Unbedachtsamkeit. Sie hatte gegen eine Regel verstoÃen, gegen das
ungeschriebene Gesetz, daà alles, was Leo ihr sagte, streng vertraulich
war. Zum Teufel mit Leo! Zum Teufel mit Thomas, mit seiner verdammten
Fragerei! Zum Teufel mit beiden. Dieses verdammte
Weitere Kostenlose Bücher