Mission Eureka
Sie wirkte erregend auf jeden heterosexuellen Mann,
der ihr begegnete, aber was Goncourt besonders an ihr interessierte,
war ihr scharfer Verstand. Sie war intelligent, und, was noch wichtiger
war, sie war raffiniert. Als er ihr den Posten einer persönlichen
Assistentin vor einem Jahr angeboten hatte, hatte sie scherzhaft
erwidert: »Ich wette, Sie wollen mich bloà wegen meiner Intelligenz.«
Aber er hatte nicht gelacht, denn sie hatte den Nagel auf den Kopf
getroffen.
»Nun«, sagte er, »was haben wir über ihn?«
Sie klappte ihr Notizbuch auf und las vor: »Jack Gibbs, geboren am 8. Januar 1940 in Wien, MSC ,
Dr. phil. Cambridge. Danach Vernon Centre, Société Européenne de
Propulsion.« Sie schaute auf. »Wir haben Dr. Gibbs vor zwei Jahren
eingestellt, nachdem er bei E UREKA ausgeschieden war.«
»Hat Altenburg ihn wirklich bestohlen?«
Chantal
lächelte. Goncourt kam wie immer sofort zur Sache. Das Problem war, sie
wuÃte es nicht. »Nun ja«, antwortete sie, »Sie wissen doch, wie
abstrakt Forschung auf diesem Niveau ist.«
»Ging es um Raumforschung?«
»Nicht direkt. Eine rein akademische Angelegenheit.«
»Was haben Sie sonst noch über ihn?«
»Es gab da mal ein Alkoholproblem.«
»In Ordnung.« Goncourt nickte. »Holen Sie ihn rein.«
»Dr. Gibbs bitte«, rief sie ins Sprechgerät und ging zur Tür, um ihn zu empfangen.
Gibbs
kam herein. Er war lang und dünn, ein Mann von asketischem ÃuÃeren.
Chantal stellte die beiden einander vor, bat Gibbs, Platz zu nehmen,
und zog sich diskret zurück. Goncourt kannte nur sehr wenige seiner
Mitarbeiter. Er war nicht der Typ von Unternehmer, der geselligen
Umgang mit seinem Personal pflegte. Er betrachtete so etwas als
Zeitverschwendung. Die beiden Männer schüttelten sich die Hand. Chantal
ging in ihr Büro und schaltete den Monitor und das Aufzeichnungsgerät
ein. Gibbs saà Goncourt gegenüber, die Beine übereinandergeschlagen,
die Arme verschränkt, die Stirn in Falten gelegt.
»Sie
müssen meine Situation verstehen, Dr. Gibbs«, sagte Goncourt gerade.
»Ich dachte, jemand, der Altenburg so gut kennt wie Sie, könnte uns
vielleicht dabei helfen, den Schaden in Grenzen zu halten, den er bei
uns anrichtet. Er gibt unserer Elektronik die Schuld für die
Magellan-Katastrophe.«
»Dr. Altenburg? O ja, ich kenne
Herrn Dr. Altenburg.« Er verzog das Gesicht, als hätte er gerade
Hundekot auf seiner Schuhspitze entdeckt. »Er war mein Freund â¦
dachte ich.«
»Was ist geschehen?«
»Er hat mich bestohlen â wissenschaftlich, meine ich.«
»Wie?«
Gibbs zuckte die Achseln. »Ich möchte nicht in Details gehen.«
Nett
ausgedrückt, dachte Chantal; besser, als zu sagen: »Das würden Sie doch
nicht verstehen; Sie brauchten schon ein abgeschlossenes Physikstudium,
allein um die Voraussetzungen zu begreifen.« Gibbs war offensichtlich
Diplomat.
»Ich möchte nur eins sagen: Der Mann ist ein scheinheiliger, selbstgefälliger Heuchler«, fuhr er fort.
Ah, dachte Chantal, doch nicht so sehr Diplomat.
»Es fiel sogar mal das Wort Geheimnisverrat«, fuhr Gibbs fort.
»Spionage?« fragte Goncourt und zog die Augenbrauen hoch.
»Oh,
aus den lautersten Motiven natürlich. Das ist bei Altenburg immer so.«
Gibbs mimte eine professorale Pose. »Der Weltraum gehört allen. Ein
Ungleichgewicht zwischen den Raumfahrtnationen ist gefährlich. Deshalb
sollte jeder Fortschritt, den wir machen, auch der anderen Seite
zugänglich gemacht werden.« Er zuckte die Achseln. »Und so weiter und
so weiter. Sie kennen das ja.«
»Das hat er gesagt?« fragte Goncourt.
»Nein, nein, so direkt natürlich nicht. Nur Andeutungen. Ich gebe lediglich seine Einstellung wieder.«
»Interessant«, sagte Goncourt. Er stand auf und ging zum Wandschrank. »Möchten Sie einen Drink?«
»Nein danke. Ich trinke keinen Alkohol.«
Goncourt
nickte, wandte sich um und streckte die Hand aus. »Danke«, sagte er.
»Vielen Dank, daà Sie gekommen sind. Sie haben uns sehr geholfen.«
»Es war mir ein Vergnügen.«
Goncourt begleitete ihn zur Tür und geleitete ihn hinaus. Sobald er die Tür geschlossen hatte, kam Chantal wieder herein.
»Haben Sie alles mitbekommen?« fragte er sie.
»Ja.«
»Und? Können Sie damit etwas
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