Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
nicht zu viel verlangt.« Eifrig erklärend berichtete der Fallensteller von einem kleinen Nager, den er aus der Schlinge lösen wollte und den das Leben noch nicht ganz verlassen hatte. Der harmlos wirkende Biss hatte sich jedoch entzündet und bereitete nun erhebliche Schmerzen.
Nun war Wenduul zwar müde, seine Kenntnisse der Heilkunst, die noch aus seiner Zeit im elfischen Lichtmark stammten, mehr als dürftig, aber der flehende Blick des Fallenstellers stimmte ihn weich. So kam es, dass der Erzmagier von Thule an jenem Abend, um eine Mahlzeit und ein Nachtlager, einen eitrigen Zeh versorgte und als er schließlich das dumme, glückliche Gesicht dieses einfachen Mannes betrachtete, befand er, dass das nicht seine schlechteste Tat gewesen sei. Noch geraume Zeit ergoss sich ein unaufhörlicher Redeschwall, durchsetzt mit der einen oder anderen Frage über ihn, aber er hatte Geduld und Nachsicht mit der Einsamkeit des Fallenstellers und schließlich, nachdem sie gegessen hatten, begaben sie sich zur Ruhe. So sorgten die anstrengende Art des Barthelmes und die Strapazen der Reise dafür, dass Wenduul der Schatten, der da über der Behausung lag und der sonst nicht seiner Aufmerksamkeit verborgen geblieben wäre, entging.
In den frühen Morgenstunden aber weckte ihn das Stöhnen Barthelmes. Unheimlich klang das in der ansonsten stillen Nacht und amüsiert stellte Wenduul fest, dass es ihn schauderte. Sofort hatte er eine böse Ahnung und verwünschte seinen alten Körper, der längst nicht so schnell beweglich und bereit wie sein Geist war. Rasch ließ er ein Licht aufflammen und ging mit steifen Schritten, nach dem Fallensteller zu sehen. Bleich glänzend, fast wächsern wirkte die Haut und spannte sich über die Wangenknochen. Die Augen waren eingesunken und ein Fieber schüttelte den ganzen Körper im Schlaf, dass die Zähne klackten. Vorsichtig entfernte er den Verband und besah sich den Zeh, der, auf mehr als das Doppelte angeschwollen, einer blutig-roten Kartoffel glich. Der arge Geruch, der Wenduul in die Nase stieg, weckte eine Erinnerung. Blutgift, so hatten die Elfen es genannt und erklärt, dass die bösen Säfte sich ausbreiten könnten bis zum Herzen, um schließlich zum Tode zu führen.
»Gratuliere, Erzmagier. Großartige Leistung! Der Mann hatte einen schlimmen Zeh und dank deiner Behandlung wird er deswegen daran sterben.«
»Ich hatte dir die Rede verboten, also halte dich daran.« Scharf sah Wenduul in die Ecke, in der sein Stab lehnte.
»Er kann mich nicht hören und vermutlich wird er es auch nie mehr können.«
»Du bist auch keine Hilfe.«
»Ich bin ein Baum! Ich mime hier nicht den Bader!«
»Rechthaberischer Besserwisser!«
»Alter Hochstapler!«
Wenduul schnaubte, beschloss, seinen aufsässigen Begleiter zu ignorieren und widmete sich wieder seinem drängenden Problem. Seit er aufgebrochen war, versagte er sich die Nutzung seiner Kräfte, um möglichen Verfolgern keine Fährte zu legen. Denn – dass es welche gab, dessen war er sich sicher. Das Erscheinen des Mädchens im Gewebe konnte nicht unbemerkt geblieben sein. So wie er, suchten möglicherweise auch andere Kräfte nach dem Kind; und es war nicht undenkbar, dass jene auch über die Fähigkeit verfügten, Magie zu spüren. Keine Zauberei also! Fast ein wenig böse auf den armen Barthelmes, betrachtete Wenduul dessen glänzendes Gesicht. Dicke Schweißtropfen perlten daran herab und schufen einen dunklen Fleck auf dem Leinen, auf dem der Kopf des Fallenstellers ruhte. Die Augäpfel zuckten unter den geschlossenen Lidern und der Magier war sich bewusst, dass der Mann träumte. Vermutlich nichts Erbauliches, dachte Wenduul und konnte nicht verhindern, dass sich erneut Mitleid in ihm regte, denn der alte Erzmagier Thules war ein einzelgängerischer und spröder Mann, aber nicht von erbarmungsloser Natur. Doch hier ging es um so viel und Barthelmes war doch nur ein Fallenst eller ... Araas, hilf!
Was würden ihm die Elfen wohl geraten haben? Sicher hätten sie gesagt, wer er denn sei, dass er entscheide, welches Leben wert und unwert ist, denn im Schaffen von Dilemmata waren sie von unübertroffener Meisterschaft. Zu allem Überfluss begann der unruhig Schlafende nun, zu wimmern, und vertiefte den Gewissenskonflikt Wenduuls noch. Mit einer Verwünschung, schlimme Zehen im Allgemeinen und diesen hier im Besonderen betreffend, beugte er sich über den Quell des Übels und begann, sich zu konzentrieren. Die Krankheit, wo immer sie
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