Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
starrte der Menschenkönig den Elfen an, der seinen Blick mit nervtötender Ruhe erwiderte. Mit beiden Händen massierte Keleb sein Gesicht, holte Luft und sprach dann zu Luthien wie zu einem Kind, jedes Wort betonend: »Wollt Ihr dann bitte so gütig sein, mir eine Zeichnung anzufertigen? Wisst Ihr, ich habe leider keine Jahrtausende zur Verfügung.«
Etwas aus dem Gleichgewicht gebracht stand der Elf auf und holte Schreibzeug vom Pult des Königs. Sorgfältig begann er, zu zeichnen und es kostete Keleb einige Mühe, dabei nicht sehr unköniglich über seine Schulter zu linsen.
»Wahrscheinlich gehe ich damit weiter als ich sollte, auch wenn die Prinzessin das Zeichen nicht ausdrücklich erwähnt hat«, sagte Luthien, dabei Keleb zögernd das Blatt reichend.
»Das geht schon in Ordnung«, versetzte Keleb knapp, indem er dem Elf robust die Zeichnung abnahm, um sie nach wenigen Augenblicken enttäuscht auf den Tisch zu werfen. »Kein Ritterorden, den ich kenne, hat dieses Zeichen in seinem Wappen und kein Adliger in seinen Farben, und ich glaube, sie alle zu kennen. Gleichwohl werde ich in den Chroniken der Könige nachsehen, ob sich etwas finden lässt«, sprach Keleb schulterzuckend.
»Vielleicht. Auch wenn ich mir damit Euren Unwillen zuziehe, mein König, mehr als Vermutungen sind auch den Elfen nicht möglich. Nicht derzeit.«
»Und Königin Arissa?«
Diesmal war der Ton etwas kühler, als Luthien antwortete: »Es stünde mir schlecht zu Gesicht, die Gedanken meiner Königin zu bewerten und so tue ich es nicht. Ihr kennt Raissa und sie kennt Euch. Sie vertraut Euch und so auch ich. Solltet Ihr die Befürchtung eines Zerwürfnisses zwischen den Geschwistern haben, so vermag ich Euch jedoch zu beruhigen. Königin Arissa ist die Herrscherin, gewiss, aber Raissa Klingensturm ist Prinzessin und Legatin der Elfen, und beide sind sie Zwillingsschwestern. Das elfische Doppelgestirn wird sich nie entzweien. Niemals.« »Gut«, stellte Keleb fest. »Dann wäre das geklärt und ich danke Euch für Eure offenen, wenn auch wenig erhellenden Worte, Fürst. Vor Eurem Auftauchen hatte ich nur ein Problem, zu dem sich, dank Eurer Bemühungen, nun noch ein paar Handvoll zugesellt haben. Noch Wein?«
In sanfter Abwehr hob Luthien die Hände. »Ich werde noch zur Stunde aufbrechen, um meinen Auftrag zu erfüllen. Es war der Wunsch Raissas, Euch zu unterrichten. Das ist geschehen und ich verlasse Euch besser, denn Ihr habt ein ebenso bemerkenswertes, wie beunruhigendes Geschick, mich zum Sprechen zu bringen, wo ich schweigen sollte.«
»Bevor Ihr mich verlasst, sagt mir noch, wohin geht Ihr und was wird vom thulischen Thron erwartet?«
Aber der Elfenfürst stand bereits und gürtete sich. Mit mitfühlendem Gesichtsausdruck sah er Keleb an; und um sein Gefühl zu unterstreichen, ließ er seine Augen violett leuchten. »Beide Fragen kann ich Euch nicht beantworten, mein König, und ich bedaure es aufrichtig. Es ist mir untersagt, Euch in Eurem Handeln zu beeinflussen, was die zweite Frage ausschließt. Die Antwort auf die erste Frage aber würde Euch mit Sicherheit zu etwas veranlassen, dass ich mit zu verantworten hätte und so verbietet auch sie sich.« »Worte, die aus dem Mund meines Erzmagiers stammen könnten«, knurrte Keleb. »Dann«, sagte der Elf, indem er sich verneigte, »hätte sich die Weisheit des Geistgreifers erneut bewiesen. Ihr seid zu einem solchen Ratgeber zu beglückwünschen, Majestät. Bis auf ein Wiedersehen!«
Keleb wusste, dass es ihm nicht gelingen würde, dem Elf zu entlocken, was jener nicht freiwillig preisgeben wollte. So erhob auch er sich und reichte dem Fürsten freundschaftlich die Hand. »Ihr seht es mir nach, dass ich es versuchte, Fürst.«
Der Elf fasste zu und sein Handdruck war, für seine grazile Gestalt, von unerhörter Festigkeit. »Ihr wäret nicht der, der Ihr seid, hättet Ihr es nicht versucht«, lächelte er. Schnellen Schrittes begab er sich zur Tür, und indem er sie öffnete, wandte er sich noch einmal um. Aufrichtig und freundlich klangen seine Worte, als er nach einem Moment der Stille sprach. »Letzten Endes werdet Ihr richtig entscheiden, denn Ihr seid der König Eures Volkes und die Kraft Eures Herzens hält sich die Waage mit dem Willen Eures Verstandes.«
»Wenn Ihr es sagt, Fürst Luthien! Wenn Ihr es sagt«, rief Keleb gleichmütig, stemmte sich aus dem Sessel und hob die Hand zum Gruß. »Eine gute und schnelle Reise. Ich hoffe, Ihr habt warme Kleidung mit Euch,
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