Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
ich nehme nicht an, dass das jemals anders war. Pikeniere müssen anstürmender Reiterei trotzen und man nimmt robuste Naturen dafür. Ihr habt höchstens für die fünfte Reihe getaugt und das wird Euch auch so geschont haben.«
»Ihr wisst viel über das Kriegshandwerk, Mutter Tattwinger«, sagte er überrascht, sowohl über ihre Kenntnis als auch über ihre Keckheit.
»Mein Vater war Soldat sein Lebtag lang und mein Bruder ist es. Worüber meint Ihr, wird bei uns zu Tisch gesprochen? Natürlich kenne ich mich aus im liebsten Spiel der Männer. Zweimal war ich im Heerestross des Herzogs, wenn die hohen Herren sich stritten und habe Verwundete versorgt, unter anderem auch meinen Bruder.«
Das klang nun nicht sehr begeistert und Wenduul wusste um die Entbehrungen der Soldatenfamilien. Viel zu viele kehrten nicht heim aus dem vermeintlichen Abenteuer, und nicht wenige, die heimkehrten, waren nicht mehr dieselben wie zuvor.
»Das erklärt Eure geschickten Hände«, lobte er sie, denn er empfand ihre Berührungen überraschend angenehm.
»Diese Hände,«, sprach Malwina, hob sie dabei an und drehte sie in der Luft, »wissen auch mit Pike und Schwert umzugehen, solltet Ihr der plötzlichen Meinung sein, mit Eurem männlichen Rüstzeug noch mehr anfangen zu können, als Wasser zu lassen!«
»Also da hört sich doch alles auf! Ihr missversteht mich gehörig, Hausmutter!«, krächzte Wenduul empört, stemmte sich halb im Bett hoch und sah der plötzlich grinsenden Malwina ins Gesicht.
»Es war ein Scherz! Seid Ihr wirklich sicher, dass Ihr Soldat wart? Vom Humor der Krieger habt Ihr keine Ahnung.«
Ächzend ließ sich Wenduul wieder zurücksinken.
»Ach, ja. Ja. Gut. Wirklich gut«, lachte er verlegen und war dankbar, als sich die resolute Frau kurz danach verabschiedete, um das Essen für Bero und ihn zu richten. Erschöpft von dem kurzen Geplänkel mit Malwina, schloss er die Augen. Ruhe aber stellte sich nicht ein, denn ein Gedanke jagte den nächsten. Drei Tage nun schon und er hatte keine Wahrnehmung von dem Kind. Wie lange sollte er noch die Rolle des Veteranen spielen? Wie lange konnte er es noch?
Unten im Flur hörte er die Haustüre gehen und den schweren Tritt eines gerüsteten Mannes. Der Feldwebel erschien kurz danach schon bei ihm, saubere Kleidung über dem Arm tragend, um sich nach seinem Zustand zu erkundigen, wirkte aber zerstreut und trug eine grimmig-nachdenkliche Miene zur Schau.
Wenduul hatte etwas übrig für den geradlinigen Soldaten und so erkundigte er sich höflich: »Dich bedrückt etwas. Hast du Ärger im Dienst?«
»Du hast genug eigene Probleme«, winkte Bero barsch ab, aber Wenduul ließ nicht locker. »Du tust mir damit einen Gefallen. Mein Gehirn rostet schon langsam ein und ein wenig Abwechslung wäre willkommen.«
Scharf sah der Feldwebel herüber, nickte dann aber.
»Der Provost von Bacholder hat mich um Hilfe gebeten. Das geschieht gelegentlich, denn seine Mittel sind beschränkt und ich war früher selbst Konstabler im Tross des Herzogs«, begann Bero zu erzählen, hielt dann aber inne, so, als ob ihm etwas einfiele und sagte knapp: »Aber wir sollten erst zu Tisch, denn meine Schwester ist ungehalten über zu spätes Erscheinen und das ist noch wohlwollend ausgedrückt. Ich werde dir später davon erzählen. Es ist nicht das rechte Tischgespräch. Es gibt Fleischkuchen, dunkle Specksoße und eingelegte Zwiebeln; und Malwinas Mundwerk wird nur von ihren Kochkünsten übertroffen. Meinst du, du kommst aus dem Bett? Sie hat ein paar Sachen für dich von meinem Vater geholt.«
Es ging, wenn auch sehr langsam. Während Bero beim Anziehen half, unterhielt Wenduul ihn mit einem Bericht über seine Begegnung mit dessen Schwester, und brachte den Feldwebel, seiner schlechten Laune zum Trotz, so zum Lachen, dass der seine Bemühungen unterbrechen musste und Wenduul, mit dem Nachthemd über dem Kopf, auf dem Bettrand sitzen ließ, während er sich die Schenkel klopfte. Schließlich trat Bero zurück und besah sich den vermeintlichen Wendel. »Passen ja ganz gut, die Sachen. Lange Gräten hast du halt, aber vielleicht kann meine Schwester irgendwas mit den Beinkleidern machen. Bist du bereit?«
Tapfer nickte der Magier, obwohl ihn das Anziehen schon erhebliche Kräfte gekostet hatte. Die Schmerzen hielt er unter Kontrolle, so gut es ging, aber die Treppe würde eine Herausforderung werden. Bero schob sich unter seinen linken Arm und stützte ihn, der gebrochenen Rippe wegen, an der
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