Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
den Hals, zog sie an sich und küsste sie auf die Stirn. »Hör zu«, flüsterte er. »Du musst verdammt noch mal damit aufhören, mich ständig mit Pistolen zu bedrohen oder mich zu fesseln.«
Sie schenkte ihm ein schiefes Grinsen. »Er hätte dich vorhin sonst umgebracht. Kann sein, dass er das immer noch vorhat.«
Dann wandte sie sich an Bradford: »Ich übernehme die Verantwortung dafür, dass wir Emily zurückgelassen haben. Wenn ich vorhin schon gewusst hätte, was ich jetzt weiß, hätte ich mich anders entschieden … Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um dieser Sache ein Ende zu machen.«
Bradford nickte. »Ich weiß.«
Sie hielten abwechselnd Wache. Ein-, zweimal döste Munroe kurz ein, aber ansonsten hielt sie die Augen offen. Sie war sich der latenten Feindseligkeit zwischen den beiden Männern bewusst und jederzeit bereit einzugreifen. Außerdem hatte sie die Kopfhörer aufgesetzt, in der Hoffnung, dass die stummen Funkscanner vielleicht doch noch etwas Brauchbares von sich gaben.
Kapitel 21
Küstenregion, Río Muni, Äquatorialguinea
Es war Nachmittag, und die tief stehende Sonne fügte dem gelb getönten Horizont ein paar pinkfarbene Streifen hinzu. Die Maschinen, die eine große, kreisförmige Lichtung in den Urwald geschlagen hatten, wuchteten riesige Baumstämme hin und her und türmten dabei die orangerote Erde zu immer neuen Hügeln auf. Breite Reifenspuren zerrissen den Untergrund, wo mächtige Stümpfe das letzte sichtbare Zeugnis der gefällten Giganten bildeten. An den äußeren Rändern des Holzeinschlags wucherte üppiges Grün. Munroe trat mit dem Fuß gegen einen trockenen Lehmklumpen, ließ den Blick über das verödete Areal schweifen und lehnte sich an die Fahrzeugtür, um zu Beyard hinüberzuschauen. Er stand nicht weit entfernt neben einem beladenen Sattelschlepper und diskutierte lebhaft mit dem Fahrer.
Seit Sonnenaufgang waren sie unterwegs gewesen, um es bis hierher zu schaffen, hatten überwucherte und nicht markierte Pfade benutzt, um möglichst schnell voranzukommen, und hatten dem Fahrzeug dabei noch eine weitere Schlammschicht und einige Beulen hinzugefügt.
Als Beyard nach dem Ende der Diskussion wieder neben ihr stand, sagte Munroe: »Die veranstalten hier wirklich eine Riesensauerei.«
Er folgte ihren Blicken. »Ich bin schon so lange im Geschäft, ich sehe das gar nicht mehr.« Schweigend standen sie da und betrachteten die verwüstete Landschaft, dann sagte er: »Es wird noch schlimmer werden. Im Prinzip ist jeder wirtschaftlich nutzbare Quadratmeter Wald in diesem Land an irgendwelche Unternehmen verkauft und zur Abholzung freigegeben. Wenn alles so weiterläuft wie bisher, gibt es hier in fünf, sechs Jahren keinen einzigen Baum mehr. Und die Ölreserven sind auch nicht unendlich. Was will man machen?« Ein Achselzucken. »Verdammte Ausbeuter.« Er setzte sich hinters Lenkrad, Munroe auf den Beifahrersitz. »Wir wollen einen halben Kilometer in diese Richtung«, sagte er mit ausgestrecktem Zeigefinger. »Eigentlich müssten wir auf jeden Fall da sein, bevor es dunkel wird.«
Sie verließen den Einschlagplatz auf einem ausgefurchten Waldweg in Richtung Westen. An einer Kreuzung, die nur durch ein Loch in der dichten Blätterwand erkennbar war, lenkte Beyard das Fahrzeug nach Norden.
Munroe warf einen Blick auf den Rücksitz zu Bradford, der den Arm über den Kopf gelegt hatte und allem Anschein nach schlief. Dann wandte sie sich erneut an Beyard: »Ich nehme mal an, dass du dabei auch einen ordentlichen Schnitt machst, Ausbeuter hin oder her.«
Er warf ihr einen schnellen Blick zu, dann wandte er sich wieder nach vorn. »Ich mache, was ich mache.«
»Warum dann die Drogen, die Waffen, das ganze Risiko, wenn du auch mit legitimen Geschäften gutes Geld verdienen kannst?«
»Weil ich gut darin bin«, erwiderte er. »Und wegen dem Adrenalinschub.« Er lächelte. »Und rede dir bloß nicht ein, dass das hier legitim wäre. Legal, ja, aber wir brauchen uns nichts vorzumachen: Was hier passiert, ist nichts anderes als eine Vergewaltigung des Landes, die nur einen einzigen Zweck hat: die Schatztruhen des Präsidenten zu füllen.«
»Macht dir das etwas aus?«
»Ich bin Realist, Vanessa. Es macht mir nichts aus, aber ich lüge mir auch nicht in die Tasche.«
Der zweite Holzeinschlag sah nicht viel anders aus als der erste, nur dass hier am Rande des Chaos ein Unterstand und eine behelfsmäßige Wellblechhütte errichtet worden waren. Neben der
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