Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
nach einer Plane. »Ich hatte von Anfang an kein gutes Gefühl dabei«, sagte er, entfaltete die Plastikdecke und breitete sie über Francisco aus. Verschiedenste Gefühle spiegelten sich auf seiner Miene wider, dann wurden seine Züge hart, ausdruckslos. Er wandte sich an Bradford: »Wenn sie mir nicht eine wirklich gute Erklärung liefern kann, bringe ich sie um.«
Bradford erzählte ihm, was sich abgespielt hatte, schilderte die Ereignisse bis zu Beyards Tod und dann auch das blutige Nachspiel. Als er geendet hatte, war im Frachtraum nichts anderes zu hören als der Atem der beiden Männer. Wheal sagte: »Ich kümmere mich um alles, erledige das, was noch zu erledigen ist, so, wie er es gewollt hätte.« Er ging zur Treppe. »Und ich werde euch nicht daran hindern, nach Douala zu fahren – das ist der einfachste Weg, wie ich euch wieder loswerden kann. Aber ich finde nach wie vor, dass sie schuld daran ist.«
Bradford fuhr sich mit seinen schmutzigen Fingern durch die Haare und sagte: »George, was immer du gerade denkst, fang keinen Streit mit ihr an. Sonst seid ihr danach wahrscheinlich beide tot.« Wheal hatte sich bereits abgewandt und schickte eine Geste hinterher, die als gestreckter Mittelfinger interpretiert werden konnte. Sobald er aus seinem Blickfeld verschwunden war, ging Bradford auf die Treppe zu. Er musste Munroe sprechen, musste ihr helfen, wieder klar im Kopf zu werden, musste herausfinden, was zum Teufel mit ihr los war. Aber vor allem musste er dafür sorgen, dass Wheal ihr nicht über den Weg lief. Was für ein gottverdammter Alptraum.
Er machte sich auf den Weg zur Brücke, aber als er eintrat, war ausschließlich Wheal zu sehen. Von Munroe keine Spur. »Wo ist sie?«, fragte Bradford.
»Keine Ahnung. Ist mir auch scheißegal. Mit ein bisschen Glück ist sie über Bord gesprungen.«
Bradford verließ das Cockpit und stürmte fast im Laufschritt die Treppe hinunter, vergewisserte sich kurz, dass Munroe nicht irgendwo an Deck war, und entdeckte die Tür, die ins Innere des Bootes führte. Er machte sie auf, rief ihren Namen, erhielt aber keine Antwort. Also tastete er sich den dunklen, engen Flur entlang, öffnete Türen, knipste Lichter an, eine Kabine nach der anderen, bis er den Schalter für die Flurbeleuchtung entdeckt hatte. Er hieb mit der Faust darauf und erstarrte vor Schreck.
Sie lag am Ende des Flurs auf dem Boden, quer über der Schwelle einer Kabinentür. Mit zusammengeschnürter Kehle stürzte er vorwärts, als würde er durch tiefes Wasser waten. Er kniete sich neben sie, kontrollierte ihre Atmung, ihren Puls. Dann hob er den Kopf, ließ den Blick durch die Kabine gleiten und flüsterte: »Ach, du Scheiße.« Francisco Beyard war allgegenwärtig. Überall war er zu spüren, alle Gegenstände atmeten seine Gegenwart, und was immer sie dazu getrieben haben mochte, diesen Raum zu betreten, es hatte ihr nicht dabei geholfen, das alles zu verkraften. Allem Anschein nach hatte sie sich übergeben, bevor sie ohnmächtig geworden war.
Er starrte auf das Blut und den Dreck und jetzt auch noch die Magensäfte, die ihre Haut und ihre Kleidung bedeckten, seufzte tief, stand auf und durchsuchte die anderen Kabinen nach passenden Sachen, nach irgendetwas, das nicht Francisco gehörte. Dann hob er sie auf, trug sie in das schmale Badezimmer im Flur und fing an, sie abzuwaschen, ganz zärtlich und behutsam.
Eine Kabine auf dem Kutter.
Das erkannte Munroe an dem vertrauten Schaukeln des Schiffes in ruhigem Wasser und an der holzig feuchten Luft. Ihre Augenlider waren schwer, und es gelang ihr nur mit Mühe sie aufzuschlagen, aber nachdem sie nichts erkennen konnte, ließ sie sie erschöpft wieder zufallen. Sie lag flach auf dem Rücken, die Arme seitlich am Körper angelegt, den Kopf ein wenig erhöht. Ihr Mund war trocken. Grelle Blitze zuckten durch ihre geistige Umnachtung: der makabre Anblick ihres Spiegelbildes in den Fenstern des Cockpits. Der Weg hinunter in Franciscos Kabine, um sich unter die Dusche zu stellen. Das Schachbrett, das zerwühlte Bett, der Duft seiner Gegenwart, Übelkeit und anschließend Dunkelheit.
Zeit war vergangen. Eine Stunde vielleicht. Ein Tag. Oder eine Woche. Mühsam hob sie eine Hand an die Wand, stützte die andere auf die Bettkante, wollte sich aufsetzen. Doch sie hatte keine Kraft, ließ los und glitt zurück ins Nichts.
Als sie das nächste Mal die Augen aufschlug, war es hell. Das Licht stammte aus der schwachen Glühbirne einer Nachttischlampe,
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