Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
durch Munroes Kopf, mächtige Klauen rissen ihren Schädel von innen auf. Schlagartig war der Sauerstoff aus der Luft gewichen. Sie konnte nicht mehr atmen und sah mit den Augen eines anderen zu, wie Francisco in Zeitlupe auf die Knie sackte und mit dem Gesicht im Staub landete.
Und dann färbte die Welt sich schwarz.
Jeder Muskel, jede Faser ihres Körpers befahl ihr kreischend, zu ihm zu laufen. Sie sprang los. Starke Arme hielten sie zurück. Eine Hand legte sich über ihren Mund. Irgendjemand stieß ein furchtbares Gebrüll aus, das qualvolle Heulen eines Menschen, der bei lebendigem Leib verbrennt, surreal und grauenhaft, Schreie, alles in ihrem Kopf. Und dann kehrte Stille ein, gefolgt von Worten, gefassten Worten, beruhigenden Worten, aus ihrem eigenen Mund. Eine Hand, ihre Hand, befreite sie aus Bradfords Griff, während die andere nach dem schallgedämpften Gewehr griff und Bradford den Kolben mitten ins Gesicht und ihn zu Boden schlug.
Hinter dem Lastwagen bückte sich ein Soldat zu Franciscos Leiche hinab. Durch das Zielfernrohr visierte Munroe die Stirn des Mannes an, drückte ab und war schon nicht mehr an ihrem Platz, als der leblose Körper über Francisco zusammenbrach.
Wer ihn anfasst, der wird sterben.
Jetzt herrschte Verwirrung. Befehle. Kommandos. Die anderen ließen sich zu Boden fallen, suchten Deckung, versuchten herauszufinden, aus welcher Richtung der Schuss gekommen war. Während die Sekunden im Chaos verstrichen, zog Munroe sich in den Busch zurück, lautlos, unsichtbar, schnell. Die Gejagte war zur Jägerin geworden. Zwei weitere Feinde näherten sich Franciscos Leichnam. Sie feuerte zwei Schüsse ab, Kugeln, die jede Schutzweste durchschlugen, und zur Sicherheit noch einmal zwei hinterher, jeder Schuss genau gezielt.
Wer ihn anfasst, der wird sterben.
Das hatten sie jetzt auch begriffen, und aus ihrer Verwirrung wurde Strategie. Sie suchte in den Gesichtern und Uniformen nach dem Kommandeur. Sie würde ihn finden und ihm das Leben nehmen, genauso, wie er Francisco das Leben genommen hatte. Das war das Einzige, was zählte.
Jetzt regte sich etwas am Rand der Lichtung. Schatten krochen zu der Stelle, wo sie Bradford zurückgelassen hatte. Der Pfad. Das Boot. Munroe verharrte. Verlagerte ihre Konzentration vom Kommandeur auf den Fußweg und wieder zurück, bis sie sich dazu gezwungen hatte, den Weg frei zu halten. Jeder Schuss fand fauchend sein Ziel, schallgedämpft, aber trotzdem hörbar in der Stille. Gewehrschüsse jagten in ihre Richtung, Erde spritzte auf, nur wenige Zentimeter von ihr entfernt. Sie setzte sich erneut in Bewegung, schlug einen Bogen, gelangte hinter dem Lastwagen bis zum Rand der Lichtung und begann abermals mit ihrer Suche nach dem Kommandeur. Dort, nur wenige Meter entfernt, sah Franciscos lebloser Körper sie aus blinden Augen an, winkte sie zu sich, und die Welt wurde stumm.
Munroe kroch auf ihn zu, nahm nichts mehr wahr, nur noch das Lächeln auf seinem Gesicht und die Macht seines Rufes. Vom Ufer her war das Stakkato von Gewehrfeuer zu vernehmen. Ein Kugelhagel jagte über ihren Kopf hinweg und schickte zwei Männer in ihrem Rücken zu Boden. Sie warf ihnen nur einen kurzen Blick zu, dann kroch sie erneut wild und katzengleich auf Francisco zu. Sie streckte die Hand nach ihm aus, konnte ihn beinahe berühren, und plötzlich sah sie dort im Busch, in der Verlängerung ihrer ausgestreckten Hand auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung, eine schemenhafte Bewegung. Sie erstarrte. Einer dieser Schatten war der Kommandeur, und er musste sterben.
Sie wandte sich von Francisco ab und schnitt dem Kommandeur zunächst den Fluchtweg ab, indem sie genüsslich und geduldig jedem schwarzen Wagen in die Reifen schoss. Anschließend, als sie keine Munition mehr hatte, nahm sie das Messer von Franciscos Gürtel, legte das Gewehr neben seiner Leiche ab und zog sich wieder in die Büsche am Rand der Lichtung zurück. Dort wartete sie ab.
Es war still. Das Adrenalin füllte ihre Blutbahnen, und mit jeder verstreichenden Minute stieg ihre Mordlust. In dem Blätterwerk jenseits der Lichtung verschmolzen Schatten mit Schatten, bis sich langsam ein Bild herausformte: vier Feinde. Einer war der Entscheidende, auf ihn hatte sie es abgesehen, und ihn würde sie sich holen.
Sie setzte sich wieder in Bewegung, verfolgte sie durch den Busch, machte die Augen zu und lauschte auf die flüsternden Laute in ihrer Umgebung. Verstand und verzog den Mund zu einem Lächeln. Sie
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