Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
wollten einen Bogen schlagen, wollten ihr in den Rücken fallen. Sie würde Katz und Maus mit ihnen spielen, würde zuerst die drei anderen eliminieren und ihn dann ganz allein zur Strecke bringen.
Von Versteck zu Versteck zu huschen, auf dem feuchten, düsteren Boden des Regenwaldes auf die Jagd zu gehen, das war ihr vertraut, etwas ganz Natürliches. Der scharfe Geruch wilder Tiere durchdrang die Luft, mischte sich mit ihrer angestauten Wut und steigerte den unbedingten Drang in ihr zuzuschlagen, zu töten. Das Messer lag warm in ihrer Hand, ein zusätzlicher Körperteil. Sie schlich sich geduldig an, sorgte immer wieder für Ablenkung, um Schüsse zu provozieren und Munitionsschächte zu leeren, so lange, bis ihre Waffen nutzlos geworden waren. Und dann kam sie wie ein Geist aus dem Schatten gehuscht, nur kurz, um zu töten, bevor sie sich wieder unsichtbar machte.
So lange, bis nur noch er übrig war.
Er war da, wartete auf sie. Sie spürte seine Augen und bildete sich ein, dass sein Atem ihre Wirbelsäule entlangstrich. Sie benahm sich laut, sorglos, führte ihn in Versuchung, während sie durch den Busch streifte, und dann sprang er sie von hinten an. Sie drehte sich um die eigene Achse, wich seiner Klinge aus und zog ihm mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung Franciscos Messer durch die Kehle. Sie drückte den Kommandeur zu Boden, krallte sich in seinen Haaren fest, hielt seinen Kopf, nahm ihm das Messer aus der Hand und rammte es ihm in den Hals. Sie schnitt und riss und zwang die Klinge durch Sehnen und Adern, und als sie das Knirschen der Wirbelsäule in der Hand spürte, schoss eine Welle der Euphorie durch sie hindurch. Sie hörte nicht auf, bis sie den Kopf vom Rumpf getrennt hatte, reckte ihn hoch in die Luft, eine Geste des Triumphs und der tiefen Befriedigung, stand auf und trug ihn, eine Spur aus Blut und anderen Flüssigkeiten hinter sich her ziehend, aus dem Wald.
Einen stillen Augenblick lang stand Munroe über Francisco. Tropfen befleckten den Boden zu ihren Füßen, dann ging sie auf die Leichen los, die auf ihm und neben ihm lagen, trat in wilder Wut nach ihnen, so lange, bis sie ihn durch ihre Berührung nicht mehr beschmutzen konnten. Sie kniete sich über ihn, ließ eine Mischung aus Schweiß und Blut auf seinen leblosen Körper tropfen und legte ihm, in einem bildhaften Akt der Opferung, den Kopf des Kommandeurs vor die geöffneten Augen, die leblos ins Nichts starrten. Mit zitternden Fingern streckte sie die Hand aus, bis sie seine Stirn berührte, zog ihn an sich, umfing seine Schultern und schloss seine Augen. Sie legte den Kopf in den Nacken und stieß einen Schrei aus.
Es war ein Urschrei, voller Schmerz und Wut und Hass und noch mehr Schmerz. Ihr Körper bebte, während Tränen, die sich fast eine Dekade lang angestaut hatten, unerbittlich nach draußen drangen. Sie barg ihren Kopf an Franciscos Brust.
Nur langsam bohrte das Licht sich durch den Nebel, der ihren Geist gefangen hielt. Zunächst drang der Klang von Bradfords Stiefeln in ihr Bewusstsein, dann lag seine Hand auf ihrer Schulter, und er kniete sich neben sie. Munroe hob den Kopf und blickte ihn an, bemerkte das Blutbad ringsumher, registrierte den Kopf des Kommandeurs auf dem Erdboden. Erst in diesem Augenblick wurde ihr zum ersten Mal klar, was sie getan hatte.
»Wir müssen gehen«, sagte Bradford.
Munroe umfing Francisco mit den Armen und sagte: »Ich lasse ihn nicht allein.«
»Zu zweit können wir ihn tragen.«
Bradford hatte die Hand am Ruder und starrte auf den Ozean hinaus. Dann warf er einen raschen Blick auf die Koordinatenangaben des Transponders. Vor drei Stunden hatten sie abgelegt. Der Treibstoff wurde langsam knapp und immer noch war kilometerweit nichts anderes als Meer zu sehen.
Er sah hinüber zu Munroe. Sie saß im Schneidersitz zwischen den Bänken, hatte Francisco im Arm und nichts als Leere im Blick. Seitdem sie abgelegt hatten, hatte sich nichts verändert. Sie hob kurz den Kopf, sah ihm in die Augen und wandte sich wieder Francisco zu, während Bradford auf das Wasser hinausschaute und den erdrückenden Schmerz verdrängte, den er bei ihrem Anblick empfand.
Nichts, was er über sie gelesen hatte, keines der Gespräche, die er im Verlauf seiner Recherchen über Munroes Vergangenheit geführt hatte, hatten ihn auf das vorbereitet, was sie getan hatte. Jetzt erst begriff er die Angst aus den Erzählungen der anderen. Sie war unglaublich brutal und effizient vorgegangen, absolut präzise,
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