Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
ohne jede unnötige Bewegung, ohne Energie zu verschwenden, und außerdem schnell, beängstigend schnell.
Erneut überprüfte Bradford die Koordinaten und suchte den Horizont ab. Dann sah er es. Es war kaum zu erkennen, nicht mehr als ein schwarzer Fleck vor dem blauen Himmel. Noch einmal schaute er zu Munroe und dann auf Francisco und das wenige, was von seinem Schädel und dem Genius dieses Menschen übrig geblieben war. So eine Verschwendung. So eine gottverdammte Verschwendung.
Die Weite des Ozeans ließ ihn schwindelig werden. Mit der Zeit erschien das Schiff immer größer am Horizont, bis sie es schließlich erreicht hatten und Bradford längsseits gehen konnte. Ein Kran schwang von Deck über die Reling. Seile und Schlingen senkten sich. Munroe saß regungslos da, und nichts deutete darauf hin, dass sie sich darüber im Klaren war, wo sie war. Bradford kniete sich neben sie und berührte ihre Hand. Ihr Blick war so leer, dass es ihm den Atem raubte. Doch dann lichtete sich der Nebel in ihren Augen, und sie blickte erst den Kutter an und dann wieder ihn, streckte den Zeigefinger aus und sagte: »Die Haken gehören da hin.«
Sie beugte sich über Francisco und küsste ihn auf die Stirn. »Wenn die Übeltäter an mich wollen, um mich zu verschlingen, meine Widersacher und Feinde, sollen sie selber straucheln und fallen. Wenn sich auch ein Heer wider mich lagert, so fürchtet sich dennoch mein Herz nicht …« Ihre Stimme wurde immer leiser und verstummte schließlich ganz. Sie stand auf und kletterte die Leiter an der Schiffsseite empor.
Bradford schluckte den dicken Kloß hinunter, der sich in seiner Kehle gebildet hatte, machte hastig die Schlingen fest, griff nach einer AKM und folgte ihr. Sekunden, nachdem sie über die Reling geklettert war, setzte er den Fuß auf die erste Sprosse. Ein Elektromotor begann zu surren, und der Kran hob das Boot aus dem Wasser. Als es ungefähr zweieinhalb Meter hoch in der Luft schwebte, hörte das Surren auf. Er ging schneller, erreichte das Deck und wurde sofort von einer Welle der Panik erfasst.
Kapitel 22
Fünf Meter von ihm entfernt stand Munroe einem großen Mann gegenüber. Bradford konnte sein Gesicht nicht erkennen. Ihr Mund bewegte sich zwar, doch ihre Worte waren nicht zu verstehen. Ihre Augen hatten immer noch denselben leeren Blick, der sich in dem Moment eingestellt hatte, als Francisco tot zu Boden gesackt war. Bradford sah, wie ihre Muskeln sich spannten. Wenn sie mit dem Hünen einen Streit anfangen wollte, dann, das war ihm klar, würde es noch einen Toten geben, vielleicht auch zwei. Er rief ihren Namen, und sie drehte langsam den Kopf, bis sie ihm direkt in die Augen starrte. Bradford hielt ihrem Blick stand, bis die Anspannung verflogen war. Dann wandte er sich dem Mann zu, und im selben Moment durchzuckte ihn der Schock der Erkenntnis. Dem anderen ging es offensichtlich genauso.
Bradford nickte. »George.«
Wheal sagte: »Miles.«
Und Munroe sagte: »Scheiße.«
Dann sprach sie weiter. Ihre deutlichen Worte bildeten einen starken Kontrast zu ihrem Verhalten während der vergangenen Stunden. »Wir fahren nach Douala«, sagte sie zu Wheal. »Danach gehört das Schiff dir.« Und an Bradford gewandt: »Ich gehe auf die Brücke. Du sorgst dafür, dass Wheal das Boot einholt und dass er mir nicht in die Quere kommt. Bei der kleinsten falschen Bewegung erschießt du ihn.« Dann stapfte sie davon.
Zwischen den beiden Männern lagen anderthalb Meter Stille. Bradfords Gewehr war immer noch auf das Deck gerichtet. Keiner rührte sich. Wheal starrte auf ihn herab, als wüsste er nicht genau, ob Bradford auf ihn schießen würde oder wie tief er tatsächlich in der Scheiße steckte, bis er irgendwann das Schweigen durchbrach. »Kannst du mir vielleicht verraten, was zum Teufel hier eigentlich los ist?«
Bradford seufzte und ließ die Schultern hängen. Dann nickte er zu dem Boot hinüber, das immer noch über dem Meer schwebte. »Sieh’s dir selber an. Danach erkläre ich dir alles«, sagte er.
Noch bevor Wheal wieder an den Schalthebeln für den Deckkran stand, sprangen die Schiffsmotoren an, und sie nahmen Fahrt auf. Bradford warf einen Blick in Richtung Cockpit und sagte: »Weiß sie eigentlich, was sie da macht?« Wheal nickte, holte das kleine Boot über die Reling und senkte es wie einen Sarg in den Frachtraum hinab.
Die beiden Männer standen neben dem Boot. Wheal starrte schweigend hinein. Nach einer Weile drehte er sich seufzend um und griff
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