Mission Spyflight
hatten, konnte Aaro seine Neugier nicht mehr im Zaum halten, denn ihn beschlichen böse Vorahnungen. Niko, der eingequetscht zwischen den zwei Muskelprotzen auf der Rückbank saß, konnte nicht mal mehr auf die einfachsten Fragen antworten.
»Warum fahren wir nicht direkt zum Polizeirevier in |255| Imatra?«, fragte Aaro. Kommissar Maula knurrte etwas Unverständliches.
Als Aaro seine Frage wiederholte, sagte der Mann unfreundlich: »Für solche Dinge ist die örtliche Polizei nicht zuständig. Und ich muss dir gegenüber keine Rechenschaft ablegen. Aber trotzdem danke, dass du den Flugapparat wieder nach Finnland gebracht hast. Dafür kriegst du am Unabhängigkeitstag garantiert einen Orden. Oder vielleicht sogar eine Gedenktafel …«
Die breitschultrigen Männer auf der Rückbank fingen an zu lachen. Plötzlich wurde Aaro ganz kalt. Um dieses Fluggerät kreisten in einem fort die dubiosesten Gestalten. Und konnte er wirklich sicher sein, dass diese drei Männer in dem verbeulten Van tatsächlich Polizisten der Einheit ›Luchs‹ waren? Was war das überhaupt für eine Truppe? Aaro konnte sich nicht erinnern, jemals davon gehört zu haben. Die Sondereinheit ›Bär‹ kannte er aus der Zeitung, die wurde immer in besonders heiklen Fällen eingesetzt, bei Geiselnahmen und so weiter.
»Die Herren hier haben dir sicher ihre Polizeiausweise gezeigt?«, wandte sich Aaro mit scherzhaftem Unterton an Niko. »Mir haben sie nämlich vergessen, ihre Dokumente zu präsentieren.«
Aaros Worte lösten erneut Gelächter auf der Rückbank aus. Niko, der zwischen den Männern eingeklemmt war, wirkte unglücklich und sehr müde. Er schüttelte den Kopf und rollte die Augen.
Aaro musterte die Männer und ihm kam prompt das |256| Klischee der Schränke auf zwei Beinen in den Sinn, das einem in Gangsterfilmen regelmäßig begegnete.
Im Konferenzraum des Hotels Kämp im Zentrum von Helsinki brodelte es. Anwesend waren die Hermes-Testgruppe und Beamte der Sicherheitspolizei und der Zentralen Kriminalpolizei.
Auch Xavier Pillars Team war vom Hauptquartier der EADS aus mit einem Geschäftsflugzeug unterwegs nach Helsinki, denn Percy Johnson, der ehemalige Verbindungsmann des Unternehmens zu den finnischen Behörden, war bereits seit mehreren Stunden verschwunden.
Alle im Raum sprachen über ihn. Einige besaßen »sichere Informationen«, andere wiederum gaben zu, nur Gerüchte gehört zu haben. Alle waren sich darin einig, dass der Fall Johnson ein Skandal für das Unternehmen war, nicht zuletzt wegen der Unachtsamkeit bei Johnsons Einstellung.
Abseits von den anderen saß eine ernste, blasse, sehr nervös wirkende Frau vor ihrem Laptop. Jacqueline Delby schien nicht daran interessiert, in der Gerüchteküche zum Fall Johnson mitzukochen.
Der graue Militärhubschrauber landete sanft auf dem schlammigen Gelände. Major Andrej Sabalin stieg mit müden, aber festen Schritten aus. Er ging zu der Baracke, in der er seinen Computer gelassen hatte. Dabei sah er sich nicht um, registrierte aber, wie die Sonne ihre letzten |257| Lichtstreifen über die nasse Landschaft legte, wie um ihn zu verhöhnen.
Eine gute Stunde lang waren sie über dem Waldgebiet gekreist, auch in Grenznähe waren sie gewesen, hatten es aber nicht riskiert, die Grenze mit einem Fluggerät des Militärs zu überschreiten. Das Gleichgewicht des guten Willens, das zwischen Finnland und Russland herrschte, war durch den bisherigen Vorfall schon genug ins Wanken geraten.
Der Wald versteckte den Jungen, ganz gleich, ob ihm die Flucht gelungen war oder ob er nun hilfsbedürftig irgendwo zwischen den Nadelbäumen lag.
Sabalin erlebte das schwerste Scheitern seiner gesamten Laufbahn. Sie hatten zwar Daten und Bilder von dem Fluggerät, aber den Prototyp zu verlieren, war ein gewaltiger Rückschlag. Für Russland, aber vor allem für ihn selbst. Er hatte seinem Vaterland eine Enttäuschung bereitet. Am nächsten Tag würde er deshalb General Aristow in Moskau die Kündigung auf den Tisch legen. Vorher würde er sich selbst geißeln, indem er seinen Bericht zu Ende schrieb.
Sabalin ließ sich vor dem Computer auf den Stuhl fallen. Es klopfte an der Tür. »Herein«, rief er gedämpft.
Ein hochgewachsener junger Mann in der dunklen Uniform eines Militärkuriers trat ein. »Guten Abend, Herr Major«, grüßte er mit frischem Eifer. »Ich bringe Ihnen die Psychochemikalien, die Sie aus Sankt Petersburg bestellt haben.«
|258| Sabalin sah den Mann mit
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