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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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welche bekommen?»
    «Das ist eine gute Frage, Herr Major. Da müssten Sie ihn fragen.»
    «Sein Bruder ist ein Kriegsverbrecher. Wussten Sie das?»
    «Nein, Herr Major.»
    «Er war Arzt im Konzentrationslager Buchenwald», sagte Major Sawostin. «Hat an russischen Kriegsgefangenen medizinische Versuche durchgeführt. Der Oberst behauptet, nicht mit dieser Person verwandt zu sein, aber mir scheint, dass Mrugowski in Deutschland kein verbreiteter Name ist.»
    Ich zuckte die Achseln. «Die Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen.»
    «Vielleicht sind Sie auch ein Kriegsverbrecher, Gunther.»
    «Nein, Herr Major.»
    «Ach was. Sie waren im SD . Im SD waren alle Kriegsverbrecher.»
    «Hören Sie, Herr Major. Der Oberst hat mich gebeten, den Mord an Wolfgang Gebhardt zu untersuchen. Er hat behauptet, Sie würden rausfinden wollen, wer der Schuldige ist. Und dass Sie, falls Sie es nicht herausfinden, fünfundzwanzig meiner Kameraden auswählen, die für den Mord erschossen werden sollen.»
    «Sie wurden falsch informiert, Hauptmann. In der Sowjetunion gibt es keine Todesstrafe. Genosse Stalin hat sie abgeschafft. Aber sie werden vor Gericht gestellt, ja. Wer weiß, vielleicht werden Sie selbst einer der Ausgewählten sein.»
    «Verstehe.»
    «Wissen Sie, wer es war?»
    «Noch nicht. Aber Sie haben mir gerade nochmal einen überzeugenden Anreiz geliefert, es rauszufinden.»
    «Gut. Wir verstehen uns also. Sie sind für die nächsten drei Tage von der Arbeit freigestellt, damit Sie das Verbrechen aufklären können. Ich sage den Wachen Bescheid. Wie werden Sie vorgehen?»
    «Ich habe mir die Leiche angesehen, und jetzt kommt das Nachdenken. Das mache ich immer so. Das ist nicht sehr spektakulär, aber mit ein bisschen Glück bringt es neue Erkenntnisse. Dann hätte ich gern die Erlaubnis, einige Gefangene und vielleicht auch einige Wachen zu befragen.»
    «Die Gefangenen ja, die Wachen nein. Es wäre nicht richtig, einen anständigen Kommunisten von einem Faschisten ins Kreuzverhör nehmen zu lassen.»
    «Na schön. Aber ich würde gern den anderen Antifa-Agenten befragen, diesen Kittel.»
    «Das muss ich mir überlegen. Also dann. Es wäre unangebracht, wenn Sie die Gefangenen befragen, während sie arbeiten. Sie können die Kantine dafür benutzen. Und zum Nachdenken wäre es wohl am besten, wenn Sie dafür in Gebhardts Hütte gehen. Falls Sie mit der Leiche fertig sind, lasse ich Sie auf der Stelle entfernen.»
    Ich nickte.
    «Gut. Dann kommen Sie mit.»
    Wir gingen zu Gebhardts Hütte. Auf halbem Weg dorthin sah Sawostin einige Wachmänner und bellte ihnen ein paar Befehle in einer Sprache zu, die nicht Russisch war, und als er meine Neugier bemerkte, sagte er, dass es Tatarisch sei.
    «Die meisten von den Hunden, die das Lager bewachen, sind Tataren», erklärte er. «Die sprechen natürlich auch Russisch, aber wenn man will, dass sie schnell spuren, muss man Tatarisch sprechen. Vielleicht sollten Sie versuchen, es zu lernen.»
    Ich gab keine Antwort. Und er erwartete auch keine. Er war in den Anblick der gigantischen Baustelle versunken.
    «Man stelle sich vor», sagte er. «Bis 1950 ist das Ganze ein Kanal. Großartig.»
    Ich war da skeptisch, und Sawostin schien das zu spüren. «Genosse Stalin hat es so befohlen», sagte er, als sei damit jeder Zweifel beseitigt.
    An Gebhardts Hütte angekommen, überwachte der Major den Abtransport der Leiche.
    «Falls Sie irgendwas brauchen», sagte er, «kommen Sie zum Wachhaus.» Er sah sich um. «Wo ist das eigentlich? Ich kenne mich im Lager überhaupt nicht aus.»
    Ich zeigte nach Westen, hinter die Kantine, und kam mir vor wie Vergil, der Dante die Sehenswürdigkeiten der Hölle zeigt. Ich sah ihm einen Moment nach und trat dann in die Hütte.
    Als Erstes drehte ich die Matratze um, nicht weil ich darunter etwas zu finden hoffte, sondern weil ich vorhatte, ein Nickerchen zu machen, und mich nun wirklich nicht auf Gebhardts Blutflecken legen wollte. In K.-A. kriegte keiner genug Schlaf, und müde kann man nicht gut nachdenken. Ich zog seine Jacke aus, legte mich hin und schloss die Augen. Ich war nicht nur vom ständigen Schlafmangel müde, sondern auch vom Wodka. Mein Magen, dieser leere Ballon, war das Zeug nicht mehr gewohnt und meine Leber auch nicht. Ich fragte mich, was die sowjetische Obrigkeit wohl für mich und vierundzwanzig andere in petto hatte – falls die Todesstrafe tatsächlich abgeschafft worden war. Konnte es wirklich

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