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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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meiner Versenkung auf und ging zur Baustelle, um Metelmann zu suchen. Ich drückte ihm seine fünf Rubel in die Hand. «Nimm», sagte ich. «Die kannst du behalten. Da, wo ich hinkomme, kann ich sowieso nichts mehr damit anfangen.»
    Metelmann steckte den Schein hastig ein, damit keine der Wachen was mitbekam, und versuchte, sich seine Erleichterung angesichts meiner vermeintlichen Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. «Kein Glück gehabt, was?»
    «Mich hat das Glück schon vor langer Zeit verlassen», sagte ich. «Es war schneller weg als eine untreue Ehefrau.»
    «Tja, vielleicht hat der NKWD -Major ja nur geblufft», sagte er.
    «Das bezweifle ich. Meiner Erfahrung nach setzen Menschen mit Macht sie automatisch ein, selbst wenn sie vorher behaupten, es nicht zu tun.» Ich wandte mich zum Gehen.
    «Viel Glück», sagte Metelmann.
    Als ich Major Sawostin im Wachhaus aufsuchte, spielte er Schach. Mit sich selbst. Oberst Mrugowski stand neben ihm. Sie warteten auf meinen Bericht.
    «Hier kann sonst niemand Schach», sagte der Major. «Vielleicht sollten wir beide mal eine Partie spielen, Sie und ich, Hauptmann.»
    «Sie sind sicher viel besser als ich, Herr Major. Ist immerhin so was wie euer Nationalsport.»
    «Was meinen Sie, warum die Russen es so gut beherrschen? Man sollte doch meinen, ein logisches Spiel wie Schach müsste auch dem deutschen Charakter entgegenkommen.»
    «Weil es schwarz und weiß ist?», schlug ich vor. «In der Sowjetunion ist alles schwarz und weiß. Und vielleicht, weil es zum Spiel gehört, kleinere, weniger wichtige Figuren zu opfern. Außerdem müsste ich mich bei Ihnen fragen, ob ich überhaupt gewinnen könnte, ohne zu verlieren.» Ich nahm meine Mütze ab. «Ehrlich gesagt, Herr Major, habe ich mir genau darüber die letzten drei Tage Gedanken gemacht. Ich meine, wie ich diesen Fall lösen soll, ohne Ihren Ärger auf mich zu ziehen. Und ich kenne die Antwort auf diese Frage noch immer nicht.»
    «Aber Sie wissen, wer Gebhardt getötet hat, ja?»
    «Jawohl, Herr Major.»
    «Dann begreife ich Ihr Problem nicht.»
    Ich überlegte, ob ich ihn falsch eingeschätzt hatte: Vielleicht war er gar nicht so intelligent, wie ich gedacht hatte. Andererseits bedeutet es für jemanden, der hungert, und jemanden, der satt ist, eine gewaltige Kraftanstrengung, einander zu verstehen. Dennoch sah ich keine Möglichkeit, Metelmanns Namen zu nennen, ohne meinen Kopf in den Rachen des Löwen zu stecken.
    «Ich meine, ich gehe davon aus, dass Sie nicht behaupten wollen, es wäre ein Russe gewesen», sagte er und spielte mit seiner Königin.
    «Aber nein, Herr Major. Ein Russe hätte niemals einen Deutschen ermordet und sich anschließend nicht dazu bekannt. Außerdem, warum sollte er heimlich einen
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töten, wenn er das genauso gut vor aller Augen tun kann? Selbst wenn der Mann ein antifaschistischer Agent war? Nein, Sie hatten recht, Herr Major. Gebhardt wurde von einem Deutschen ermordet.»
    Ich warf einen Blick auf das Schachbrett, damit mir die Anordnung der Figuren etwas über Sawostin verriet, aber ich sah nur, dass die richtigen Figuren auf den richtigen Feldern standen und dass der Major so dringend eine Maniküre brauchte wie ich ein heißes Bad. Wahrscheinlich legte man im sowjetischen Arbeiterparadies keinen Wert auf gepflegte Hände. Auf heiße Bäder jedenfalls ganz sicher nicht. Ich konnte es nur vermuten, aber ich hatte so den Eindruck, dass der Major fast ebenso schlecht roch wie ich.
    «Es war kein vorsätzlicher Mord», begann ich. «Er geschah im Affekt. Wenn eine Tat keinen sexuellen Hintergrund hat und ein Täter so oft zusticht, handelt es sich meist um ein Affektdelikt. Natürlich erschwert es die Beweisführung, wenn man an einem Tatort nicht mal ein Thermometer hat, um die Körpertemperatur des Opfers zu messen. Und es wäre sicherlich möglich gewesen, an der Mordwaffe und dem Messingtürgriff Fingerabdrücke zu finden. Hingegen kann ich mit großer Gewissheit sagen, dass der Mörder Linkshänder war. Und zwar aufgrund des Stichwundenmusters. Daraufhin habe ich in der Kantine die Männer des Lagers beobachtet und mir eine Liste aller linkshändigen
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gemacht. Somit hatte ich einen ersten Kreis von Verdächtigen, und einen von ihnen habe ich als den Mörder identifiziert. Ich werde seinen Namen nicht aussprechen. Als deutscher Offizier wäre das nicht richtig. Aber es ist auch gar nicht nötig, da sein Name in Gebhardts Notizbuch steht.»
    Ich reichte dem Major das rote

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