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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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bekam er schweren Durchfall und musste ihn an einer Kordel um den Hals tragen. Aber eine der Wachen hat den Ring entdeckt und Metelmann gezwungen, ihn rauszugeben. Das hab ich sogar selbst gesehen.»
    «Wer war das?»
    «Unteroffizier Degermenkoi. Ich vermute, Gebhardt hat ihm den Ring abgekauft und Metelmann versprochen, ihn zurückzugeben, es aber nie getan. Möglicherweise hat er den Ring als Druckmittel benutzt, um von Metelmann Informationen zu bekommen. Auf jeden Fall bin ich sicher, dass es bei dem Streit um den Ring ging. Und ich bin sicher, der Unteroffizier wird bestätigen, was ich gesagt habe, Herr Major. Dass er Gebhardt den Ring verkauft hat.»
    «Degermenkoi ist ein verlogenes Schwein», sagte Major Sawostin. «Aber ich bezweifle nicht, dass Sie mit Ihren Vermutungen recht haben. Sie haben Ihre Sache sehr gut gemacht, Hauptmann. Ich werde beide Männer zu gegebener Zeit befragen. Vorerst danke ich Ihnen. Auch Ihnen, Oberst, dass Sie mir diesen Mann empfohlen haben. Sie können jetzt wieder an die Arbeit gehen. Wegtreten.»
    Mrugowski und ich verließen das Wachhaus. «Ist die Sache auch wirklich hieb- und stichfest?»
    «Ja.»
    «Und wenn Sawostin Metelmann durchsucht und keinen Fünf-Rubel-Schein findet?»
    «Vor einer halben Stunde hatte er ihn noch», sagte ich. «Das weiß ich deshalb, weil ich ihn ihm selbst gegeben habe. Und da ist nicht nur ein russisch-orthodoxes Kreuz drauf, sondern auch ein blutiger Daumenabdruck. Ein ziemlich guter sogar, obwohl ich behaupten möchte, dass der Iwan gar nicht erst versuchen wird, den abzugleichen.»
    «Ich komm nicht mehr mit», sagte Mrugowski. «Wessen Daumenabdruck?»
    «Gebhardts. Ich hab den Schein an seine tote Hand gedrückt. Und dann hab ich mir vorgestern fünf Rubel von Metelmann geliehen, damit ich ihm einen markierten Schein zurückgeben konnte. Die Kreuze hab ich selber auf die Scheine gemalt. Der Daumenabdruck ist nur ein Zusatzeffekt.»
    «Ich steig noch immer nicht durch.»
    «Ich hab ihn reingelegt. Metelmann. Ihm die Sache in die Schuhe geschoben, damit er sie auch ausbadet.»
    Mrugowski blieb stehen und starrte mich entsetzt an. «Sie meinen, er hat Gebhardt gar nicht getötet?»
    «Oh doch, das hat er. Das bezweifle ich nicht. Aber es ihm nachzuweisen ist schwierig. Besonders hier. Davon abgesehen ist mir ziemlich egal, was aus Metelmann wird. Er war ein Spitzel. Ein dreckiger Informant, und wir können froh sein, wenn wir ihn los sind.»
    «Ihre Methoden gefallen mir nicht, Hauptmann Gunther.»
    «Sie wollten einen Berliner Kommissar, und den haben Sie bekommen. Denken Sie etwa, da wird immer nach den Regeln gespielt? Dienst nach Vorschrift? Dass ich nicht lache. Berliner Bullen haben schon mehr falsche Fährten gelegt als die alten Ägypter. So läuft das nun mal, Herr Oberst. Echte Polizeiarbeit heißt nicht, dass sich irgendwelche feinen Herren mit einem silbernen Stift Notizen auf schneeweißen Manschetten machen. Das war die gute alte Zeit, als das Gras noch grün war und es zu Weihnachten noch schneite. Nicht die Strafe muss zum Verbrechen passen, sondern der Verdächtige, verstehen Sie? Ist immer so. Aber hier erst recht. Dieser Major Sawostin ist nicht der nette Schutzmann von nebenan. Er arbeitet fürs Innenministerium, und ich hoffe bloß, dass Sie mich diesem kaltschnäuzigen Arschgesicht nicht zu sehr angepriesen haben, denn eins sag ich Ihnen: Ich bin weniger um Leutnant Metelmanns Wohlergehen besorgt als um mein eigenes. Ich war Sawostin nützlich, und er ist zufrieden. Aber wenn er das nächste Mal kalte Hände kriegt, lässt er sich aus meinem Pelz vielleicht ein Paar Handschuhe nähen.»
     
    Konrad Metelmann wurde noch am selben Tag von den Blauen abgeführt, und das Leben in Krasno-Armeisk ging weiter seinen grauen, schrecklichen, gnadenlos brutalen Gang. Zumindest hatte es den Anschein, bis mich ein anderer
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darauf aufmerksam machte, dass ich in der Kantine doppelte Rationen bekam. So was fiel den Männern unweigerlich auf. Anfangs schien sich keiner meiner Kameraden daran zu stören, weil inzwischen alle wussten, dass ich einen Spitzel hatte hochgehen lassen und fünfundzwanzig von uns einen Schauprozess in Stalingrad erspart hatte. Aber die Menschen vergessen schnell, besonders in einem sowjetischen Arbeitslager, und als der Winter kam und ich weiter bevorzugt behandelt wurde – ich bekam nicht bloß mehr Essen, sondern auch wärmere Kleidung –, begegneten mir die deutschen Gefangenen zunehmend mit Argwohn.

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