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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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zutraten.
    «Falls Sie Ihren Freund suchen», sagte einer von ihnen, «der musste sich ein wenig ausruhen. Ihm war plötzlich sehr unwohl.»
    Ich blickte mich noch immer suchend nach Grottsch um, als würde ich mir ernsthaft Sorgen um ihn machen, und bemerkte hinter mir zwei weitere Männer.
    «Er sitzt in der Kirche und schläft.» Der Mann, der das sagte, sprach gut Deutsch, aber es war nicht seine Muttersprache. Er trug eine Brille mit einem dicken Gestell und rauchte eine Pfeife mit Metallstiel. Er paffte, und sein Gesicht verschwand kurz hinter einer Wolke aus Tabakrauch.
    «Schläft?»
    «Von der Spritze, die er bekommen hat. Kein Grund zur Beunruhigung. Weder seinetwegen noch Ihretwegen, Gunther. Also entspannen Sie sich. Wir sind Ihre Freunde. Um die Ecke wartet ein Wagen. Wir werden eine kleine Spritztour machen.»
    «Und wenn ich keine Lust auf Ihre kleine Spritztour habe?»
    «Ich würde Ihnen äußerst ungern so eine Spritze verpassen wie Ihrem Freund Grottsch. Thiopental kann noch etliche Tage nach der Injektion unangenehme Nachwirkungen haben.» Er hatte jetzt einen Arm von mir gepackt und sein Kollege den anderen, und wir bogen bereits um die Ecke in die Weender Straße. «Ein neues Leben wartet auf Sie, mein Freund. Geld und eine neue Identität, ein neuer Pass. Alles, was Sie wollen.»
    Die Tür einer großen schwarzen Limousine schwang vor mir auf. Ein Mann in Lederjacke und mit einer passenden Mütze auf dem Kopf stand hinter dem Wagen. Ein anderer, der ein paar Schritte vor mir ging, blieb an der Autotür stehen und drehte sich zu mir um. Das war eine professionelle Entführung, und diese Leute schienen auf Zack zu sein.
    «Wer seid ihr?», fragte ich.
    «Sie haben uns doch sicher schon erwartet», sagte der Mann neben mir. «Nach Ihrem Brief.» Er grinste. «Sie können sich gar nicht vorstellen, was Ihre Informationen für eine Aufregung verursacht haben. Nicht bloß hier in Deutschland, sondern auch in der Zentrale.»
    Als ich mich nach vorn beugte, um in den Wagen zu steigen, spürte ich eine Hand auf dem Kopf, nur für den Fall, dass ich es mir im letzten Moment anders überlegen sollte. So fürsorglich waren Polizisten und Spione überall auf der Welt. Zwei Männer, die vor dem Wagen Wache standen, blickten sich nervös um, bis jeder, der im Auto sein sollte, auch im Auto saß. Dann wurden die Türen geschlossen, und wir fuhren los, so unauffällig, als wären wir gerade unterwegs zu einer spontanen Einkaufstour in die nächste Ortschaft.
    Nach einigen Minuten war mir klar, dass es Richtung Westen ging, und ich atmete auf. Jetzt wusste ich wenigstens, wer mich entführte und warum.
    «Entspannen Sie sich einfach und genießen Sie die Fahrt, mein Freund. Von jetzt an sind Sie mein Ehrengast. So lauten meine Anweisungen, Gunther, alter Kumpel. Ich soll Sie wie einen Star behandeln.»
    «Das wird ja dann eine nette Abwechslung zum letzten Mal, als ich bei euch Amerikanern zu Gast war», sagte ich. «Offen gestanden hat mir da nämlich eine Sache überhaupt nicht gefallen.»
    «Und die wäre?»
    «Meine Zelle.»

[zur Inhaltsübersicht]
Kapitel 36 DEUTSCHLAND 1954
    Zweieinhalb Stunden später waren wir in Frankfurt und überquerten den Main Richtung Westend. Unser Ziel war ein gigantisches konkaves Bürogebäude mit einer honigfarbenen Travertin-Fassade aus Marmor und sechs rechteckigen Querflügeln, die dem Bau ein nahezu militärisches Aussehen verliehen, als könnten die Beschäftigten darin jeden Augenblick von ihren Schreibtischen aufspringen, um Flakgeschütze auf dem Flachdach zu bemannen. Ich war noch nie hier gewesen, erkannte das Gebäude aber aus alten Wochenschauen und Illustrierten wieder. Die I. G. Farben hatte es nach den Entwürfen von Hans Poelzig für ihre Zentralverwaltung bauen lassen, und es galt nach seiner Fertigstellung im Jahre 1931 als größtes Bürogebäude Europas. Früher ein Symbol für deutsches Unternehmertum und Modernität, war es während des Krieges zum Zentrum nationalsozialistischer Forschungsprojekte geworden, bei denen es nicht nur um die Produktion von synthetischem Öl und Gummi ging, sondern auch von Zyklon B, dem tödlichen Gas, das in den Konzentrationslagern eingesetzt wurde. Danach diente das Haus drei Jahre als amerikanisches Hauptquartier und schließlich ab 1952 als Hauptquartier des V. US -Korps. Inzwischen war hier anscheinend auch die CIA untergekommen.
    Der Wagen passierte zwei Militärkontrollen, ehe wir ihn parken konnten. Dann betraten

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