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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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«Was bedeutet die Abkürzung genau, Phil?»
    «Service de Documentation Extérieure et de Contre-Espionage», sagte Scheuer.
    Der Chief nickte. «Fahren Sie fort, Herr Gunther.»
    «Also, ich habe mich bereit erklärt, für den SDECE zu arbeiten, falls sie mir erlauben, eine alte Freundin von mir in Berlin zu besuchen. Vielleicht die einzige, die mir von meinen alten Freunden geblieben ist.»
    «Hat diese Freundin auch einen Namen?»
    «Elisabeth», sagte ich.
    «Nachname? Adresse?»
    «Ich möchte sie nicht in die Sache reinziehen.»
    «Soll heißen, Sie wollen es mir nicht verraten.»
    «Richtig.»
    «Woher kennen Sie sie und seit wann?»
    «Seit 1931. Sie war Näherin. Noch dazu eine gute. Sie hat in derselben Schneiderei gearbeitet wie Erich Mielkes Schwester und auch schon seine Mutter Lydia, die 1911 starb. Es war für Erichs Vater schwer, vier Kinder allein großzuziehen. Seine älteste Tochter ging arbeiten und kochte für alle, und als Freundin der Familie half Elisabeth manchmal aus. Es gab sogar Zeiten, da war Elisabeth für Erich wie eine Schwester.»
    «Wo haben sie gewohnt? Können Sie sich an die Adresse erinnern?»
    «Stettiner Straße. Ein graues Mietshaus in Gesundbrunnen, im Nordwesten von Berlin. Nummer fünfundzwanzig. Ich habe Elisabeth über Erich kennengelernt. Nachdem ich ihm das Leben gerettet hatte.»
    «Erzählen Sie.»
    Ich tat es.
    «Und irgendwann haben Sie Mielkes Vater kennengelernt.»
    «Ja. Ich bin zu Mielke nach Hause, um ihn festzunehmen, und sein alter Herr hat mir eine reingehauen, und ich musste
ihn
festnehmen. Die Adresse hatte ich von Elisabeth, auch wenn sie nicht sehr froh darüber war, dass ich sie darum gebeten hatte. Das war praktisch das Ende unserer Beziehung. Erst sehr viel später, das muss im Herbst 1940 gewesen sein, sind wir uns erneut über den Weg gelaufen, und im Jahr darauf wurde unser Kontakt wieder intensiver.»
    «Davon haben Sie kein Wort gesagt, als Sie in Landsberg verhört wurden», sagte der Chief. «Wieso nicht?»
    Ich zuckte die Achseln. «Ich hab es da nicht für wichtig gehalten. Ich hatte fast vergessen, dass Elisabeth Erich überhaupt kannte. Nicht zuletzt, weil sie ihm unsere Freundschaft die ganze Zeit verschwiegen hatte. Gelinde gesagt konnte Erich Bullen nicht besonders leiden. Im Winter 1946 hab ich sie wiedergetroffen, nach meiner Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft. Ich habe für kurze Zeit mit Elisabeth zusammengelebt, bis es mir gelang, meine Frau wiederzufinden, in Berlin. Aber auch danach habe ich sie immer sehr gemocht und sie mich auch. Und kürzlich, während ich in Paris war, da musste ich wieder an sie denken und habe mich gefragt, ob es ihr gutgeht. Mit ein bisschen Herzklopfen vielleicht sogar. Wie gesagt, ich kenne sonst niemanden mehr in Berlin. Daher war ich entschlossen, sie so bald wie möglich zu besuchen und zu sehen, ob wir es nicht noch einmal miteinander versuchen könnten.»
    «Und wie ist es gelaufen?»
    «Gut. Sie ist nicht verheiratet. Sie hatte was mit einem amerikanischen Soldaten. Mehr als einem, glaube ich. Jedenfalls, die Männer waren verheiratet und sind zurück zu ihren Frauen in die Staaten. Sie ist wieder allein, eine Frau im mittleren Alter, die Angst vor der Einsamkeit hat.»
    Ich goss mir einen Schnaps ein und nahm einen kleinen Schluck, während der Chief mich mit Argusaugen beobachtete, als würde er meine Worte abwägen und darüber nachdenken, wie viel oder wie wenig er mir davon glauben konnte.
    «Hatte sie noch dieselbe Adresse wie 1946?»
    «Ja.»
    «Wir können jederzeit die Franzosen fragen. Nach ihrer Adresse.»
    «Nur zu.»
    «Die Franzosen könnten durchaus annehmen, dass sie mit Ihnen unter einer Decke steckt und Sie jetzt gerade bei ihr sind», sagte er. «Vielleicht rücken sie ihr schon auf die Pelle. Haben Sie daran gedacht? Wir könnten sie beschützen. Die Franzosen sind nämlich gar nicht so galant, wie sie oft dargestellt werden.»
    «Elisabeth hat die Schlacht um Berlin überlebt», sagte ich. «Sie wurde von den Russen vergewaltigt. Dennoch wird ihr kaum einer zutrauen, dass sie es war, die einem Mann am helllichten Tag mitten auf der Straße in Göttingen eine Thiopentalspritze verpasst hat. Wenn Grottsch seine Geschichte erzählt, werden die Franzosen wahrscheinlich glauben, die Russen hätten mich verschleppt, meinen Sie nicht auch? Das war ja schließlich Ihre Absicht, nicht wahr? Dass sie das glauben, meine ich. Es würde mich nicht wundern, wenn Ihre Männer

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