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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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«Das liegt an Leuten wie Ihnen.»
    Eine Weile schwiegen wir drei. Dann sagte Silverman: «Es soll einen Gunther gegeben haben, in der Nähe der Stadt, die Sie erwähnt haben. Baranawitschy. Ein SS -Sturmbannführer, der zu einer der kleinen Mordeinheiten von Arthur Nebes Einsatzgruppe B gehörte. Ein Sonderkommando. Er hat eine der ersten Vergasungen organisiert. Alle Insassen einer Anstalt für geistig Behinderte wurden getötet. Das waren nicht zufällig Sie?»
    «Nein», sagte ich. Aber da ich sah, dass sie sich mit einer einfachen Verneinung nicht zufriedengeben würden, legte ich einen Finger an die Schläfe, versuchte, mich zu erinnern. Und dann fiel es mir ein. «Ich glaube, es gab da einen SS -Sturmbannführer namens Günther Rausch. Der war im Sommer 1941 bei der Einsatzgruppe B. Das muss der sein, den Sie meinen. Ich habe nie jemanden vergast. Nicht mal die Flöhe in meinem Bett.»
    «Aber Sie waren es, der Arthur Nebe vorschlug, Sprengstoff für Massentötungen einzusetzen, nicht wahr? Das haben Sie selbst zugegeben.»
    «Das war ein Witz.»
    «Kein sehr lustiger.»
    «Wenn es darum geht, Menschen in die Luft zu jagen, macht Amerika ja wohl so schnell keiner was nach», sagte ich. «Wie viele habt ihr in Hiroshima ins Jenseits befördert? Und in Nagasaki? Ein paar hunderttausend und mehr. Hab ich jedenfalls gelesen. Deutschland mag ja mit mechanisierten Massentötungen angefangen haben, aber ihr habt das Verfahren perfektioniert.»
    «Waren Sie je im Kriminaltechnischen Institut in Berlin?»
    «Ja», sagte ich. «Da war ich oft zu Kripo-Zeiten. Um die Ergebnisse forensischer Untersuchungen abzuholen.»
    «Hatten Sie da auch mal mit einem Chemiker namens Albert Wildmann zu tun?»
    «Ja. Mehrfach.»
    «Und Hans Schmidt? Vom selben Institut?»
    «Ich glaube ja. Worauf wollen Sie hinaus?»
    «Ist es zutreffend, dass Sie auf Anweisung von Arthur Nebe von Minsk aus nach Berlin zurückkehrten, um zusammen mit Wildmann und Schmidt Ihre Sprengstoffidee auszubauen – und nicht, um in der Wehrmacht-Untersuchungsstelle für Verletzungen des Völkerrechts zu arbeiten, wie Sie behauptet haben?»
    Ich schüttelte den Kopf, aber Silverman überging das einfach. Seine Verhörkünste waren nicht übel, das musste man ihm lassen.
    «Und trifft es zu, dass Sie, nachdem Sie diese Idee ausführlich erörtert hatten, im September 1941 zusammen mit Wildmann und Schmidt nach Smolensk reisten?»
    «Nein. Das stimmt nicht. Wie schon gesagt, Sie verwechseln mich mit Günther Rausch.»
    «Stimmt es, dass Sie eine große Menge Sprengstoff mit sich führten? Und dass Sie einen russischen Bunker mit Dynamit verdrahteten? Und dass Sie anschließend fast hundert Menschen aus einer Irrenanstalt in Minsk dort hineintrieben? Und das Dynamit dann zur Explosion brachten? War es nicht so?»
    «Nein. Das stimmt nicht. Damit hatte ich nichts zu tun.»
    «In den Berichten stand, dass die Köpfe und Gliedmaßen der Toten im Umkreis von einer Viertelmeile verstreut lagen. SS -Männer waren drei Tage lang damit beschäftigt, die Leichenteile einzusammeln.»
    Ich schüttelte den Kopf. «Meine Bemerkung Nebe gegenüber, dass er Juden auf einem Feld in die Luft sprengen soll – ich hätte nicht im Traum daran gedacht, dass er so was tatsächlich ausprobieren würde. Das war sarkastisch gemeint. Doch nicht als ernst gemeinter Vorschlag.» Ich zuckte die Achseln. «Andererseits sollte es mich nicht überraschen, bei allem, was noch so passiert ist.»
    «Wir haben immer gedacht, die Gaswagen seien Nebes Idee gewesen», sagte Silverman. «Aber vielleicht war das ja auch wieder so ein Witz von Ihnen. Sagen Sie, waren Sie je in der Tiergartenstraße vier in Berlin?»
    «Ich war Bulle. Ich bin viel rumgekommen, da kann ich mich nicht an jede Adresse erinnern.»
    «Aber das war eine ganz besondere Adresse.»
    «Die Berliner Gaswerke lagen woanders, falls Sie darauf hinauswollen.»
    «In der Tiergartenstraße vier befand sich eine konfiszierte jüdische Villa, die als Bürozentrale genutzt wurde», sagte Silverman. «Von dort aus plante und verwaltete Deutschland sein Euthanasieprogramm für Behinderte.»
    «Dann bin ich sicher, dass ich nie dort war.»
    «Vielleicht ist Ihnen zu Ohren gekommen, was dort vor sich ging, und Sie haben Nebe beiläufig davon erzählt. Als kleines Dankeschön dafür, dass er Sie aus Minsk rausgebracht hatte.»
    «Falls Sie es vergessen haben», sagte ich. «Nebe war Chef der Kripo und davor ein hohes Tier bei der Gestapo.

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