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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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als der Himmel dunkler wurde, und irgendwer spielte »La Jolie Blonde« auf der Jukebox. Robins dunkles Haar bewegte sich leicht in der Brise, ihre Augen strahlten vor Glück, und im Mundwinkel hatte sie einen Fleck sauce picante. Trotz ihres wüsten Lebens war sie ein anständiges Mädchen geblieben, und ich empfand eine merkwürdige Zuneigung zu ihr. Ich vermute, man verliebt sich aus den unterschiedlichsten Gründen in Frauen. Manchmal sind sie einfach schön, und man hat sein Verlangen nach ihnen ebensowenig unter Kontrolle wie seine nächtlichen Träume. Dann sind da andere, an die man mit der Zeit die Seele verliert, die freundlich, treu und liebevoll sind, so wie die eigene Mutter war, oder wie sie hätte sein sollen. Und dann gibt es jene seltsame Frau, die plötzlich und unerwartet ins Leben spaziert kommt und ganz anders ist als alles, mit dem man sich so lange schon in seiner Phantasie die Augenblicke vor dem Einschlafen versüßt hat. Statt dessen trägt sie die falsche Kleidung, der Lippenstift paßt nicht, die Tasche hält sie umklammert wie einen Schild, und ihre weit aufgerissenen Augen funkeln, als brüllten sämtliche Furien Griechenlands aus der Kulisse auf sie ein.
    Robin und ich schlossen eine Vereinbarung. Ich würde die Babysitterin entlassen, und sie wollte mir bei der Erziehung von Alafair helfen und im Köderladen arbeiten. Sie versicherte mir, sie sei weg von Stoff und Alkohol, und ich glaubte ihr, obwohl ich nicht wußte, wie lange ihre Standhaftigkeit dauern würde. Ich verstehe nichts von Alkoholismus und kann nicht mit Sicherheit sagen, was ein Alkoholiker ist. Ich habe Menschen gekannt, die von alleine aufhörten und sich innerlich total verkrampften, die in ihrem metabolischen und psychischen Elend schmorten, bis sie eines Tages die Türen auftraten und auf Knien zu den Anonymen Alkoholikern gerutscht kamen. Ich habe andere gekannt, die eines Tages einfach aufhörten zu trinken und fortan wie in einer neutralen Grauzone lebten, Menschen, die sämtliche Kanten von ihrer Persönlichkeit abgeschliffen hatten, bis sie nur mehr mit der geistigen Energie von Motten zu existieren schienen. Das einzige, was ich jemals mit absoluter Sicherheit über Alkoholiker wußte, ist, daß ich selber einer war. Was immer andere mit Schnaps anstellten, es ging mich nichts an, so lange sie ihn nicht Dave Robicheaux aufdrängten, der ein nur allzu williges Opfer war.
    Wir fuhren zurück durch die langen Korridore toter Zypressen, zwischen denen Leuchtkäfer strahlten, und mieteten uns im Videoladen in New Iberia einen Recorder und einen Walt-Disney-Film. Später kam Batist mit frischem boudin zu uns ins Haus, und wir wärmten es im Backofen, machten uns Limonade mit zerstoßenem Eis und Minzeblättern und sahen uns den Film an. Als ich aufstand, um den Limonadenkrug nachzufüllen, sah ich das fahle Licht vom Bildschirm auf Robins, Alafairs und Batists Gesicht flackern und verspürte ein seltsames Gefühl von Familienzusammengehörigkeit, wie ich es seit Annies Tod nicht mehr empfunden hatte.
    Am folgenden Tag fuhr ich zum Mittagessen nach Hause, und ich vertilgte gerade am Küchentisch ein Sandwich mit Schinken und Zwiebeln, als das Telefon klingelte. Es war ein schöner, sonniger Tag, der Himmel über den Bäumen strahlend blau, und durch das hintere Fenster konnte ich Alafair mit einer meiner Kalikokatzen auf dem Hof spielen sehen. Sie trug ihre rosa Tennisschuhe mit dem Aufdruck »links« und »rechts« eine robuste Baumwollhose und das gelbe Donald-Duck-T-Shirt, das Annie ihr gekauft hatte, und schwenkte ein Stück Drachenschnur vor den nagelspitzen Krallen des Kätzchens hin und her. Ich kaute Brot und den Schinken, während ich mir den Telefonhörer lässig ans Ohr drückte. Ich hörte das monotone Knistern eines Ferngesprächs, wie Wind, der in eine Muschelschale bläst.
    »Ist da Robicheaux?«
    »Ja. Wer ist dran?«
    »Der Cop, richtig?« Seine Stimme klang, als schleife sie durch nassen Sand.
    »Stimmt. Wollen Sie mir jetzt sagen, wer dran ist?«
    »Victor Romero hier. Mit meinem Fall haben ’ne Menge Leute zu tun, und ich krieg’ ’ne Menge Zeug zu hören, das ich gar nicht gern höre. Meistens taucht dabei dein Name auf.«
    Das Sandwich in meiner Backe fühlte sich steif und tot an. Ich schob den Teller beiseite und ertappte mich dabei, daß ich kerzengerade auf dem Stuhl saß.
    »Bist du noch da?« sagte er. Ich hörte ein seltsames Rumpeln, dann ein Zischen im Hintergrund.
    »Ja.«
    »Hier

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