Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
will mir jeder an den Arsch, als wär’ ich für jedes Verbrechen in Louisiana verantwortlich. Auf der Straße redet man schon, daß ich mindestens dreißig Jahre weg vom Fenster bin. Die sagen, ich hab’ angeblich ein paar Leute in ’nem Flugzeug umgebracht und daß sie mich der örtlichen Polizei übergeben und mich in Angola grillen lassen wollen. In New Orleans kriegt also jeder zu hören, daß die Bundesjungs mächtig geil auf mich sind und die andern besser die Hände von mir lassen sollten, weil sie sich sonst nämlich die Finger an mir verbrennen. Du hörst mir doch zu?«
»Ja.«
»Also hab’ ich denen gesagt, ich mach’ das Geschäft. Die wollen die großen Scheißer und ich krieg’ ’ne Verschnaufpause. Ich sag’ denen, drei Jahre und ich rück’ an. Nicht mehr als drei. Punkt und Schluß. Aber was hör’ ich? Dieser Robicheaux ist ein ganz Harter, und der spielt nicht mit. Du fickst mich also ins Knie, Mann.«
Ich konnte mein Herz pochen spüren, spürte das Blut hinten im Nacken und höher in meine Schläfen steigen.
»Wollen wir uns irgendwo treffen und reden?« fragte ich.
»Du mußt deinen gottverdammten Verstand verloren haben.«
Dann hörte ich wieder das Rumpeln, gefolgt von dem Zischen.
»Ich will, daß du mit den Arschgeigen von der DEA redest«, sagte er. »Ich will, daß du denen sagst, keine Anzeige, bloß weil du glaubst, daß jemand auf dich geschossen hat. Ich will dich verdammt nicht mehr im Nacken haben. Krieg’ ich diese Nachricht vom richtigen Typ, dann liefer’ ich dir vielleicht was, das du willst.«
»Ich glaube nicht, daß du irgendwas hast, womit du handeln kannst, Romero. Ich glaube, du bist ein billiger kleiner Gauner, den jeder satt hat. Warum schreibst du den ganzen Dreck nicht auf eine Postkarte, und ich les’ sie dann, wenn ich nichts Besseres zu tun habe.«
»Ja?«
Ich gab keine Antwort. Er war einen Moment still, dann sprach er wieder.
»Willst du wissen, wer den Hit bei deiner Frau erledigt hat?« Ich atmete jetzt ganz tief, und in meiner Brust zitterte es wie Draht. Ich schluckte und ließ meine Stimme so ausdruckslos wie möglich klingen.
»Alles, was ich von dir zu hören kriege, ist heiße Luft. Wenn du was zu verkaufen hast, dann spuck’s aus. Ansonsten hör’ auf, mir auf die Nerven zu gehen«, sagte ich.
»Du glaubst also, ich red’ nur heiße Luft, wie? Dann versuch’s mal damit, Scheißkerl: In deinem Schlafzimmerfenster war ein Ventilator, du hattest ein Telefon auf dem Flur, bloß daß es jemand aus der Wand gerissen hat. Und während die deine Alte erledigt haben, hast du dich draußen im Dunkeln versteckt.«
Ich spürte, wie meine Hände an den gespannten Schenkeln auf und ab glitten. Ich mußte mir die Lippen befeuchten, bevor ich wieder sprechen konnte. Ich hätte still bleiben, gar nichts sagen dürfen, doch ich hatte jede Selbstbeherrschung verloren.
»Ich finde dich«, sagte ich rauh.
»Find mich ruhig, und du hast gar nix davon. Ich hab’ das alles von ’nem Kumpel. Wenn du den Rest der Geschichte willst, dann mach den Deal klar, damit ich aus dem Dreck komme. Du hast ein schlechtes Gewissen, Mann. Und deinetwegen will ich nicht sitzen.«
»Hör zu –«
»Nein. Ich rede. Du hörst mir zu. Du setzt dich mit dieser Bande von Bumsköppen im Federal Building zusammen, und ihr entscheidet dann, was ihr machen wollt. Du kommst rüber mit den richtigen Zahlen – und ich rede hiervon drei Jahren Höchststrafe, unterste Sicherheitsstufe –, dann laßt ihr ’ne Annonce in der Times Picayune laufen, in der steht: Victor, deine Sache ist geregelt. Ich seh’ dann die Anzeige, und vielleicht ruft da noch ein Anwalt die DEA an und macht ’n Treffen aus.«
»Eddie Keats hat versucht, dich umzulegen. Die werden dich abservieren wie diesen Haitianer. Du findest bald kein Rattenloch mehr, wo du dich verkriechen kannst.«
»Leck mich. Achtunddreißig Tage lang hab’ ich mal Käfer und Eidechsen gefressen und bin mit elf Ohren von Charlie an ’nem Stock zurückgekommen. Sonntag morgen kauf ich die Zeitung. Danach kannst du alles vergessen. Dann räum deine Scheiße selber weg.«
Bevor er auflegte, war mir so, als hätte ich das Gebimmel einer Straßenbahn gehört.
Den Rest des Nachmittags verbrachte ich mit dem Versuch, mir seine Stimme ins Gedächtnis zu rufen. Hatte ich sie schon einmal gehört, auf meiner Veranda, im Donnergrollen? Ich war nicht sicher. Aber der Gedanke, daß ich mit einem von Annies Mördern über einen
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