Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
verstaute alles in der Kommode. Annie spülte in der Küche Geschirr. Ich stellte mich neben sie, berührte sie aber nicht.
»Ich sag’s nur einmal, und ich kann verstehen, wenn du es nicht so ohne weiteres akzeptieren kannst«, sagte ich. »Aber du bedeutest mir viel, und es tut mir leid, wie ich vorhin mit dir geredet habe. Ich habe nicht gewußt, wer diese Kerle sind; aber ich wollte es nicht zu ihren Bedingungen herausfinden. Annie, wenn du jemanden innig liebst, dann setzt du dir zu dessen Schutz keine Grenzen. So ist das.«
Die Hände im Spülbecken bewegten sich nicht, und sie schaute unverwandt durchs Fenster auf den Hinterhof.
»Wer waren die?« fragte sie.
»Ich weiß nicht«, sagte ich, ging nach vorn ins Wohnzimmer und versuchte mich auf die Zeitung zu konzentrieren.
Ein paar Minuten später stand sie hinter meinem Sessel und legte mir die Hände auf die Schultern. Sie waren noch feucht und warm vom Abwaschwasser. Dann spürte ich, wie sie sich herunterbeugte und mich aufs Haar küßte.
Nach dem Lunch bekam ich unten am Dock einen Anruf von der Drug Enforcement Administration in Lafayette. Der Beamte sagte, sein Name sei Minos P. Dautrieve. Er erklärte mir, er sei der Standortagent vom Dienst. Außerdem sagte er, daß er mich zu sprechen wünsche.
»Na, dann tun Sie’s doch«, sagte ich.
»Nein. In meinem Büro. Können Sie herkommen?«
»Ich muß arbeiten, Mr. Dautrieve.«
»Also schön, wir können es auf zweierlei oder dreierlei Weise tun«, sagte er. »Ich kann zu Ihnen rüberfahren, wozu ich keine Zeit habe. Außerdem führen wir unsere Gespräche gewöhnlich nicht in Fischköderläden. Oder Sie fahren, ganz wie es Ihnen paßt, hier vorbei, denn gerade dafür ist heute ein wunderschöner Tag. Dann bliebe da noch als drittes, daß wir Sie holen kommen.«
Ich blieb eine Weile stumm und schaute über den Bayou zu den Negern, die im flachen Wasser angelten.
»Ich bin in ungefähr einer Stunde da«, sagte ich.
»He, das ist ja großartig. Ich freu’ mich schon richtig drauf.«
»Sind Ihre Leute heute morgen in der Nähe meines Hauses gewesen?«
»Nee. Haben Sie jemand entdeckt, der wie einer von uns aussieht?«
»Nein, es sei denn, Ihre Leute fahren jetzt Corvette.«
»Kommen Sie her, und wir reden drüber. Also, Sie sind mir vielleicht ’ne Nummer!«
»Was soll der Stuß, Mr. Dautrieve?«
Der Mann am anderen Ende hatte aufgelegt.
Ich ging zu dem Anlegesteg, wo Batist Katzenwelse von seiner Fangleine ausnahm. Jeden Morgen fuhr er, eine ködergespickte Leine hinter sich herziehend, in seinem Einbaum hinaus, brachte den Fisch zur Anlegestelle, nahm ihn dann mit einem doppelschneidigen Messer aus, das er aus einer Feile angefertigt hatte, zog die Haut und die stacheligen Flossen mit einer Kneifzange ab und wusch die Filetstücke in der Schüssel mit rotem Wasser sauber. Er war fünfzig, haarlos wie eine Kanonenkugel, kohlschwarz und sah aus, als sei er aus Winkeleisen zusammengehämmert. Als ich ihn anschaute, wie er mit nacktem Oberkörper arbeitete, der kahle Schädel und die gewaltigen schwarzen Schultern schweißüberströmt, mit Flecken von Blut und Schleim auf den Armen, dem Messer, das durch Wirbel schnitt und die Katzenwelsköpfe wie Holzspäne absäbelte, mußte ich mich fragen, wie es den Weißen im Süden gelungen war, seinesgleichen in Sklaverei und Abhängigkeit zu halten. Unser einziges Problem mit Batist war, daß Annie seinen aus französischen und englischen Brocken zusammengesetzten Dialekt oft nicht verstand.
»Ich muß für zwei Stunden rüber nach Lafayette fahren«, sagte ich zu Batist. »Ich möchte, daß du nach ein paar Männern in einer Corvette Ausschau hältst. Falls sie hier auftauchen sollten, ruf den Sheriff an. Dann geh hoch zum Haus und bleib bei Annie.«
» Qui c’est une Corvette, Dave?« fragte er und blinzelte mich gegen die Sonne an.
»Das ist ein Sportwagen. Ein weißer.«
»Was wollen die denn, die?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht gar nichts.«
»Was soll ich mit denen denn machen, ich allein?«
»Du tust ihnen nichts, verstehst du? Du rufst den Sheriff an und bleibst bei Annie.«
» Qui c’est ti vas faire si le sheriff pas vient pour un neg, Dave? Dites Batist fait plus rien? « Er lachte laut über seinen eigenen Witz: »Was willst du tun, falls der Sheriff wegen eines Negers nicht kommt, Dave? Batist sagen, daß er noch mehr nichts machen soll?«
»Es ist mein Ernst. Laß dich nicht mit denen ein.«
Er grinste mir auf einmal zu
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