Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
wie bei einem Frosch, ihre Arme eng um meinen Hals geschlungen. Ihr Kopf fühlte sich unter meiner Wange heiß an. Annie streckte die Hand aus und streichelte ihren Rücken.
    Das Licht in den Bäumen entlang dem Bayou war rosa, als ich den Anlegesteg und den Laden früh am nächsten Morgen fürs Geschäft öffnete. Es war sehr still, das Wasser lag dunkel und ruhig unter den überhängenden Zypressen, und die Brassen schwärmten auf Futtersuche und zogen Kreise durch Regentropfen um den Rand der Seerosenblätter. Ich beobachtete, wie das Licht am blauen Himmel höher kletterte, das Grün der Baumlinie streifte und Nebelschwaden auflöste, die um die mächtigen Zypressenwurzeln wallten. Es würde ein klarer, milder Tag werden, gut für die Jagd auf Mondfisch, Barsch und Sonnenfisch, bis das Wasser am Vormittag warm würde und die Schattenteiche unter den Bäumen sich in Spiegel für das braungelbe Licht verwandelten. Doch kurz vor drei Uhr nachmittag dann würde das Barometer fallen, der Himmel sich jäh mit grauen Wolken beziehen, die metallisch stumpf schimmerten wie Dampf, und kurz bevor die ersten Regentropfen aufs Wasser auftrafen, würden die Mondfische mit einemmal auf Futterjagd gehen, mit ihren Mäulern Ploppgeräusche auf der Wasseroberfläche machen, die noch den Regen übertönten.
    Ich kratzte die Barbecue-Wanne auf der seitlichen Veranda am Fischködergeschäft aus, leerte die Asche in eine Papiertüte, warf die Tüte in eine Mülltonne, verteilte neue Holzkohle und grüne Hickoryzweige auf dem Boden der Wanne und entfachte mein Lunchfeuer, übergab dann den Laden der Obhut von Batist, einem der Schwarzen, die für mich arbeiteten, ging zurück zum Haus und bereitete zum Frühstück ein Omelette und cush-cush für uns vor. Wir aßen an unserem Picknicktisch aus Rotholz unter dem Mimosenbaum im Hof hinter dem Haus, während Eichelhäher und Spottdrosseln zwischen Sonne und Schatten hin und her jagten.
    Dann nahm ich Alafair im Kleinlaster mit zum Lebensmittelladen am Highway, kaufte Eis fürs Geschäft und frische Flußkrebse, weil ich zum Abendessen  étouffée bereiten wollte. Für Alafair erstand ich einen großen Papierdrachen, und als wir nach Hause zurückkamen, gingen sie und ich nach hinten zum Ententeich am Ende des Grundstücks, das an ein Zuckerrohrfeld grenzte, und sie ließ den Drachen plötzlich in die Luft aufsteigen, höher und höher hinauf in den von wattigen Wolken getupften blauen Himmel. Ihr Gesicht wurde kreisrund vor ungläubiger Überraschung und Entzücken, als die Schnur an ihren Fingern zerrte und der Drachen flatternd im Wind tanzte.
    Dann sah ich Annie aus dem gesprenkelten Schatten des Hinterhofs ins grelle Sonnenlicht treten und auf uns zukommen. Sie trug ein Paar gebleichte Jeans und ein dunkelblaues Hemd, und auf ihrem Haar spielten goldene Lichter. Ich schaute auf ihr Gesicht. Sie bemühte sich um eine sorglose Miene, doch ich konnte die kleine Furche zwischen ihren Augen sehen, eine Kerbe wie vom ausgerutschten Meißel eines Bildhauers hinterlassen.
    »Was nicht in Ordnung?« fragte ich.
    »Ich schätze, es ist nichts.«
    »Komm schon, Annie. Du kannst dich nicht gut verstellen.« Ich strich ihr mit den Fingern über die sonnengebräunte Stirn.
    »Ein Stück abseits der Straße unter den Bäumen parkt ein Auto. Zwei Männer sitzen drin«, sagt sie. »Ich hab’ sie schon vor ungefähr einer halben Stunde gesehen, aber ich hab’ nicht groß auf sie geachtet.«
    »Was für ein Autotyp?«
    »Ich weiß nicht. Irgendein weißer Sportwagen. Ich bin nach draußen auf die Veranda gegangen, und der Fahrer hat sich eine Zeitung vors Gesicht gehalten, als würde er drin lesen.«
    »Wahrscheinlich nur ein paar Ölleute, die bei ihrem Job Zeit abbummeln. Aber sehen wir sie uns mal an.«
    Ich knotete die Schnur des Drachens um einen Weidenstock, trieb ihn tief in die weiche Erde am Rand des Teichs, und zu dritt schlenderten wir zurück zum Haus, während der Drachen hinter uns im Wind knatterte.
    Ich ließ beide in der Küche und schaute durch die vordere Fliegendrahttür, ohne sie aufzuziehen. Ein kurzes Stück vom Anlegesteg entfernt parkte auf dem Sandweg schräg unter den Bäumen eine weiße Corvette. Der Beifahrer hatte den Sitz zurückgekippt und schlief, den Strohhut über das Gesicht gelegt. Der Mann am Steuer rauchte eine Zigarette und blies den Rauch aus dem Seitenfenster. Ich nahm meinen japanischen Feldstecher aus dem Zweiten Weltkrieg vom Lederriemen an der Wand,

Weitere Kostenlose Bücher