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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Atchafalaya-Becken umfaßt Hunderte von Quadratmeilen Bayous, weidenbestandene Inseln, Sandbänke, grüne Uferdeiche, die bedeckt sind mit Butterblumen, breite, mit toten Zypressen und Ölbohrtürmen angefüllte Buchten und überschwemmte Wälder voller Mokassinschlangen, Alligatoren und schwarzen Moskitoschwärmen. Als ich noch ein Junge war, hatten mein Vater und ich im gesamten Atchafalaya-Gebiet gejagt und gefischt. Sogar an einem böigen Frühlingstag wie diesem hatten wir Bullbrassen und glubschäugige Flußbarsche aus dem Wasser geholt, wenn niemand sonst etwas fing. Am Spätnachmittag hatten wir dann mit dem Einbaum auf der Leeseite einer Weideninsel geankert, wenn die Moskitos aus den Laubdächern der Bäume schwärmten, hatten unsere Schwimmer wieder in das ruhige Wasser geworfen, genau an der Grenze der wuchernden Seerosen, und gewartet, daß Brassen und Kaulbarsche nach den Insekten schnappten. Binnen einer Stunde war unser Eiskasten voller Fische gewesen.
    Doch meine Träumereien über Jugenderlebnisse mit meinem Vater vermochten die Worte nicht zu bannen, die Annie zu mir gesagt hatte. Sie hatte mir einen frischen roten Striemen über dem Herzen zufügen wollen, und das war ihr glänzend gelungen. Doch am meisten quälte mich die Tatsache, daß ich wußte, sie hatte mich nur deswegen verletzt, weil in ihr ein Schmerz nagte, von dem sie sich nicht befreien konnte. Daß sie sich auf eine Äußerung meiner ersten Frau bezogen hatte, sollte mir wohl sagen, daß ich ein von Grund auf gespaltener Mensch war, jemand mit einem tiefsitzenden Charakterdefekt, den weder Annie noch meine Ex-Gattin noch jede andere gesunde Frau akzeptieren könnte. Ich war nicht einfach ein Säufer; ich fühlte mich hingezogen zu einer gewalttätigen, von jeglicher Ordnung verlassenen Welt, wie ein Vampir, der einen dunklen Spalt in der Erde sucht.
    Der Name meiner ersten Frau war Nicole, und sie war ein dunkelhaariges Mädchen aus Martinique, die Pferderennen fast genauso liebte wie ich. Unglücklicherweise liebte sie Geld und die Rennclubgesellschaft noch mehr. Fast hätte ich ihr sogar die Treulosigkeit verzeihen können, bis wir gemeinsam feststellten, daß ihre Liebesaffären nicht von der Lust auf andere Männer kamen, sondern von ihrem Abscheu vor mir und den dunklen alkoholischen Energien, die mein Leben beherrschten.
    Wir waren auf einer Gartenparty draußen am Lake Pontchartrain gewesen, und ich hatte schon den ganzen Nachmittag auf den Jefferson Downs getrunken und inzwischen einen gewissen Punkt erreicht, von dem an ich mir nicht einmal mehr die Mühe machte, die kleine Bar unter den Mimosenbäumen auf der Rasenparty zu verlassen und Interesse an den Gesprächen um mich vorzutäuschen. Der Wind war lau und raschelte in den trockenen Palmblättern am Seeufer, und ich beobachtete die rote Sonne, die am Horizont unterging und sich auf der grünen Wasserfläche mit den weißen Schaumkämmen brach. In der Ferne pflügten weiße Segelboote auf den Southern Yacht Club zu. Ich konnte den Whiskey spüren, das Gefühl allseitiger Kontrolle, das mir Alkohol stets bescherte, die strahlende Flamme metaphysischer Einsicht, die hinter meinen Augen brannte.
    Doch der Ärmel meiner Seersucker-Jacke war naß von der Bar, und meine Worte waren schleppend und schwer und losgelöst von mir, als ich nach einem Black Jack mit Wasser verlangte.
    Dann stand mit einemmal Nicole mit ihrem derzeitigen Liebhaber, einem Geologen aus Houston, neben mir. Er machte im Sommer Klettertouren in den Bergen, er hatte ein kantiges, hübsches Profil und einen Brustkorb, der solide wie ein Faß wirkte. Wie all die anderen Männer hier war auch er in den weichen Tropenfarben der Saison gekleidet – pastellfarbenes Hemd, weißer Leinenanzug, eine purpurne, betont achtlos gebundene Krawatte, die er gelockert hatte. Er bestellte Manhattan für beide, und während er wartete, daß der schwarze Barmann die Drinks zurechtmachte, strich er über den sanften Flaum an Nicoles Oberarm, als wäre ich gar nicht da.
    Später war ich nicht mehr imstande, die Abfolge von Gefühlen oder Ereignissen von diesem Moment an zu beschreiben. Ich spürte, wie etwas gleich nassem Zeitungspapier in meinem Hinterkopf zerriß; ich sah sein verblüfftes Gesicht plötzlich auf mich zukommen; ich sah, wie es sich verzerrte und zuckte, als meine Faust seinen Mund traf; ich spürte, wie seine Hände meine Jacke zu packen versuchten, als er zu Boden ging; ich sah in seinen Augen echte Furcht,

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