Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
geschnitztem Mahagoni, die Möbel antike Stücke aus Frankreich. Offensichtlich hatte hier ein teurer Innenarchitekt versucht, die kreolische Epoche vor dem Bürgerkrieg neu erstehen zu lassen. Doch noch jemand anderes war am Werk gewesen. Die Scheuerleisten aus Zedernholz und die Deckenbalken waren mit Efeuranken bemalt; kitschige Ölgemälde von dick hingeklecksten Sonnenuntergängen, wie man sie bei Straßenkünstlern an der Pirates Alley von New Orleans kaufen konnte, hingen über der Couch und der Kamineinfassung; ein Aquarium, gefüllt mit Schaufelrädern und Plastikburgen, ja sogar einem Oktopus aus Gummi, der an eine Seitenwand gepappt war, nahm die ganze Breite eines Fensters ein, und aus dem Mund eines Clowns stiegen grüne Luftblasen auf.
Bubba kam auf den Fußballen federnd die Treppe herunter. Er trug lange weiße Hosen und ein kanariengelbes Golferhemd, Sandalen ohne Socken und eine goldene Halskette, eine goldene Armbanduhr mit in das Zifferblatt eingesetzten Diamanten und Rubinen. Sein kurzes Stoppelhaar war an den Spitzen von der Sonne gebleicht, die Haut fast oliv gebräunt. Gebaut war er noch immer wie ein Boxer – die Hüften schmal, der Bauch flach wie ein Bügelbrett, die Schultern breit wie ein Axtgriff, die Arme ungewöhnlich lang, die Handknöchel ausgeprägt wie Kugellager. Aber es waren die weit auseinanderstehenden graublauen Augen und der Mund mit den Zahnlücken, die einem zuerst auffielen. Der Blick war nicht auf einen Punkt gerichtet, aber auch nicht unstet, und er blinzelte nie; er saugte sich am Gesicht des Gegenübers fest und blieb unverwandt darauf ruhen. Sein Lächeln war ungezwungen und unverwandt, doch welche Gefühle sich hinter diesem Gesicht verbergen mochten, konnte man nur erraten.
»Was liegt an, Dave?« sagte er. »Bin froh, daß du mich noch erwischt hast. Ich muß nämlich heute nachmittag nach New Orleans. Komm doch mit raus auf den Patio und nimm einen Drink. Was hältst du von meinem Haus?«
»Es ist beeindruckend.«
»Hier ist mehr Platz, als ich brauche. Ich hab’ noch ein kleines Haus am Lake Pontchartrain und ein Winterhaus in Bimini. Das ist mehr mein Stil. Aber der Frau gefällt’s hier. Und du hast schon recht. Die Leute sind höllisch beeindruckt. Erinnerst du dich noch, als du und ich und dein Bruder auf der Bowlingbahn Kegel aufgestellt und die farbigen Jungs versucht haben, uns zu vertreiben, weil wir ihnen die Jobs weggenommen haben?«
»Mein Bruder und ich sind gefeuert worden. Aber ich glaube, dich hätten sie nicht mal mit ’ner Schrotflinte verscheuchen können, Bubba.«
»Mensch, das waren harte Zeiten, Partner. Komm nach draußen. Ich muß dir was zeigen.«
Er führte mich durch hohe Flügeltüren hinaus auf den Patio mit einem von Steinplatten gesäumten Swimmingpool in der Mitte. Die Sonne schien durch die ausladenden Äste einer Eiche und glitzerte auf dem türkisgrünen Wasser. Am anderen Ende des Pools befand sich ein ummauerter Wendelgang mit spitzem Schindeldach, in der ein Hometrainer, Boxbirnen und ein Sandsack untergebracht waren.
Er grinste, nahm die geduckte Boxerstellung ein und täuschte einen Schlag an.
»Willst du dir die Sechzehn-Unzen-Handschuhe überstreifen und mit mir einen kleinen Gang machen?« fragte er.
»Du hast mir beim letzten Mal fast die Lichter ausgepustet, als ich gegen dich im Ring gestanden habe.«
»Einen Scheiß hab’ ich. Ich hatte dich in der Ecke festgenagelt und hab’ auf dich eingedroschen, daß die Schweißtropfen nur so aus den Haaren gesprüht sind und den Ringrichter naß gemacht haben. Und trotzdem konnte ich dich nicht auf die Matte legen. Willst du ’n Highball? Clarence, bring uns Krebsfleisch und boudin. Setz dich.«
»Ich hab’ ein Problem, bei dem du mir vielleicht helfen kannst.«
»Klar doch. Was willst du trinken?« Er nahm einen Martini-Shaker aus einem kleinen Eisschrank hinter der Getränkebar. »Danke, nichts.«
»Ach, stimmt ja. Ich hab’ gehört, du kämpfst seit einiger Zeit gegen den Schnaps. Hier, ich hab’ auch Tee da. Clarence, bring das verdammte Krebsfleisch.« Er schüttelte den Kopf und goß das Getränk in ein geeistes Martiniglas. »Der ist halb senil. Du wirst es nicht glauben, aber er hat mit meinem Alten zusammen auf dem Austernboot gearbeitet. Du erinnerst dich doch noch an meinen Alten? Er ist vor zwei Jahren auf den Gleisen der South Pacific umgekommen. Das ist kein Witz. Mitten auf den Schienen, mit ’ner Weinflasche auf der Brust, hat er ein
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