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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Catcher. Er zog eine Packung Picayune-Zigaretten aus der Hosentasche und stellte sie aufrecht auf die Bar, während er weiter Erdnüsse aus der Schüssel fischte. Er konnte mich nicht sehen, weil ich weit hinten im Halbdunkel saß und er keine Veranlassung hatte, in meine Richtung zu schauen, doch ich konnte sein Gesicht klar erkennen, und obwohl ich es noch nie gesehen hatte, waren seine Züge für mich so vertraut wie ein vergessener Traum.
    Sein Kopf war mächtig, der Nacken wie ein Baumstumpf, die Augen grün und voll Energie; ein Knorpelstück zuckte hinter seinen Wangenknochen, während seine Backenzähne Erdnüsse zermalmten. Die gebräunte Haut um seinen Mund war so straff, als könne man ein Streichholz daran anreißen. Auch seine Hände waren groß – die Finger wie Würste, die Gelenke von Adern durchzogen. Die Nutte rauchte eine Zigarette und versuchte sich lässig zu geben, während er mit ihr sprach; sie schaute der roten Zickzackspur ihrer Zigarettenglut im Spiegel hinter der Bar nach, doch immer, wenn sie ihm antwortete, schien sich ihre Stimme zu einem Flüstern zu senken.
    Seine Stimme konnte ich allerdings ohne Schwierigkeiten identifizieren. Sie hörte sich an, als sei seine Stirnhöhle verstopft; es war keine Stimme, die etwas sagte, sondern eine, die befahl. In diesem Fall befahl er der Nutte, daß sie ihre Zeche zahlen müßte, zuviel saufe und daß der Jungle Room kein Trog sei, an dem eine Schlampe wie sie sich gratis ihr Stroh nehmen könne.
    Ich habe vorhin gesagt, daß ich keinen Plan hatte. Das stimmte nicht. Ein Säufer hat immer einen Plan. Sein Unterbewußtsein schreibt die Handlung. Er erkennt sie sofort, im geeigneten Augenblick.
    Ich rutschte seitlich aus der Nische. Fast hätte ich vorher von dem vollen Bierglas getrunken. Als praktizierender Alkoholiker hatte ich jahrelang kein ungeleertes Glas oder eine Flasche, in der noch ein Rest war, auf dem Tisch stehenlassen, und immer hatte ich noch einen letzten Kurzen gekippt, bevor ich auf der Straße mein Auto mit Karacho wendete. Alte Gewohnheiten legt man schwer ab.
    Ich nahm mir ein Queue aus dem Wandgestell neben dem Eingang zum Billardzimmer. Es verjüngte sich zur Spitze hin, war aus poliertem Eschenholz gemacht, und der Schaft wog schwer in der Hand. Der Blonde beachtete mich nicht, als ich mich auf ihn zubewegte. Er sprach jetzt mit dem Barmann, knackte Erdnüsse mit seinem dicken Daumen und warf sich den Inhalt in den Mund. Dann wandten sich seine grünen Augen mir zu, stellten sich in dem trüben Licht auf mich ein, sein Blick wurde scharf, so daß sich über seiner Nasenwurzel ein schmaler Strich bildete, dann wischte er sich die Hände ab und schwang sich lässig auf seinem Hocker herum, bis er mir sein Gesicht zuwandte.
    »Du bist in meinem Revier, Arschloch«, sagte er. »Fang hier was an und du gehst baden. Wenn du jetzt durch diese Tür da gehst, garantier’ ich dir ’nen ungehinderten Abgang.«
    Ich ging weiter auf ihn zu, ohne zu antworten. Ich sah, wie der Ausdruck seiner Augen wechselte, so wie grünes Wasser sich plötzlich durch eine Grundströmung eintrüben kann. Er langte über die Bar nach einer Collins-Flasche – das Wechselgeld klimperte in seinen Hosentaschen, ein Stiefel hatte sich unten in der messingnen Haltestange verfangen. Doch er wußte, daß es zu spät war, und er hatte den linken Arm bereits erhoben, und den Kopf zu schützen.
    Die meisten Leute halten Gewalt für etwas Abstraktes. Das ist sie nie. Sie ist immer häßlich, immer erniedrigend und entmenscht. Sie ist immer ein Schock, stets abstoßend, und denen, die dabei sind und Zeugen werden, wird davon übel und zittrig. Alles, was sie auslöst, ist so beabsichtigt.
    Ich hielt das Queue mit beiden Händen am schmalen Ende und schwang es seitlich von unten hoch wie einen Baseballschläger, mit derselben Wucht und Energie und derselben Drehung des Handgelenks, und zerschmetterte das schwere Griffstück an seiner linken Augenbraue und der Nasenwurzel. Ich spürte, wie Holz auf Knochen traf, sah die Haut aufplatzen, sah, wie das grüne Auge fast aus der Höhle sprang, hörte, wie er krachend gegen die Theke fiel, mit zur Nase hochgerissenen Händen die Messingstange entlangglitt und zu Boden ging, sah das Blut zwischen seinen Fingern hervorsprudeln.
    Auf dem Boden, zwischen Zigarettenkippen und Erdnußschalen liegend, zog er die Knie ans Kinn. Er brachte kein Wort heraus und zitterte am ganzen Leib. In der Bar herrschte absolute Stille. Der

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